Zum Dienst an Ausgegrenzten berufen
Neue LWB-Mitgliedskirche in Indien: Lutherische Kirche Christi
Chennai (Indien)/Genf (LWI) – Menschen, die mit ihrer Armut ringen. Suchtkranke. Arbeitslose. Menschen, die unverschuldet an den Rand gedrängt wurden oder in Not geraten sind.
Eines der neuen Mitglieder des Lutherischen Weltbundes erkennt das Potenzial, das in diesen Menschen schlummert, und kämpft mit pragmatischen Lösungen gegen Diskriminierung und Armut.
Gegründet wurde die erste Gemeinde der Lutherischen Kirche Christi (LKC) 1995 von Pfarrer Dr. Stanley Jose in der der Metropole Chennai zugehörigen Stadt Mannivakkam (Indien). Mittlerweile gehören zu der Kirche mit heute insgesamt 2.700 Mitgliedern 54 Gemeinden und sozialdiakonische Zentren in sechs indischen Bundesstaaten.
Die LKC wurde vom LWB-Rat bei seiner Tagung im Juni dieses Jahres als neues Mitglied in die Kirchengemeinschaft aufgenommen.
Kirchenpräsident Jose freut sich über die Aufnahme in die Weltorganisation, denn sie bringe der LKC Verbindungen in die 99 Länder, in denen die Mitgliedskirchen des LWB präsent seien. „Es ist wichtig, dass wir Menschen in unterschiedlichen Ländern bekannt sind und Glied des Leibes Christi sind. So fühlen wir uns nicht isoliert, sondern sind als Gemeinschaft in den LWB eingebunden.“ Die Gewalt gegen Christinnen und Christen habe in Indien in den vergangenen Jahren stark zugenommen. „Wenn uns etwas geschieht, dann ermutigt und stärkt uns die Gemeinschaft in dem Wissen, dass es eine Gruppe Menschen in aller Welt gibt, die uns unterstützt.“
Angesprochen hat die Kirche das Engagement des LWB gegen Ungleichheit und für die verstärkte Einbindung von Frauen in kirchliche Ämter. Jose möchte im Rahmen des LWB-Stipendienprogramms junge Menschen in seiner Kirche zum Theologiestudium ermutigen. Außerdem sollen transsexuelle Menschen motiviert werden, sich weiterzubilden.
Wirtschaftliche und soziale Entwicklung
Die LKC-Gemeindeglieder sind mehrheitlich Adivasi bzw. stammen aus entlegenen Regionen, wo die Landwirtschaft wichtigster Wirtschaftsfaktor ist. Ihre Alphabetisierungsrate wie auch der Bildungsstand insgesamt liegen auf sehr niedrigem Niveau. Die Kirche bietet diesen Menschen Bildungsmöglichkeiten, die sie nach der Rückkehr in ihre Heimatorte nutzbar machen können. „Wenn sich im Leben eines Menschen erst einmal eine geistliche Wende vollzieht, dann geht sie einher mit wirtschaftlicher oder sozialer Entwicklung.“
So konnte etwa, nachdem die Kirche ihm Zugang zu Bildung verschafft und ihn begleitet hatte, ein suchtkranker Mann in ein angemessener ausgestattetes Haus umziehen und seinen Kindern den Besuch weiterführender Schulen und sogar das Studium ermöglichen.
Die LKC bietet berufsbildende Maßnahmen in vielfältigen Bereichen an: von der Computertechnik über den Gesundheitssektor bis zu Kosmetik, Fahrschule, der Reparatur von Mobiltelefonen und der Schneiderei. So ermöglicht die Kirche beispielsweise im Labor zweier Kirchenglieder den Erwerb von Sanitäts- und Krankenpflegeausbildungen. „Es handelt sich um ein Ehepaar mit professioneller Qualifizierung und amtlicher Zulassung, das sein eigenes Labor betreibt und ein Programm anbietet, von dem das gesamte Gemeinwesen, unabhängig von der Religionszugehörigkeit, profitieren wird. Die dort Ausgebildeten erwerben staatlich anerkannte Qualifikationen.“
Die Kirche wendet sich besonders auch Transsexuellen zu, die vielfach ausgegrenzt und isoliert werden – sowohl von der eigenen Familie als später auch von der Gesellschaft insgesamt. „Ihnen wird der Zugang zu Wohnraum und Schulbildung verweigert, so dass die Kirche sich ihrer Bedürfnisse annehmen muss. Wo dies geschieht, kann das ihr Leben verändern.“ Die Kirche finanziert u. a. College-Ausbildungen und fördert die Qualifikation im IT-Bereich. Transsexuelle, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, setzen sich ihrerseits dafür ein, negative Sichtweisen in ihrem Umfeld zu verändern.
„Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben“
Der Kirchenpräsident berichtet, im Alter von 13 Jahren sei der Ruf Gottes an ihn ergangen, sich den Armen zuzuwenden. Er selbst stamme aus einer armen Familie und sei in einem Kinderheim groß geworden. Nach Abschluss seines Studiums kehrte er nach Indien zurück und gründete die LKC.
„Der Herr hat mir ins Herz gegeben, den Menschen bei uns eine berufliche Bildung zu vermitteln und zunächst den geistlichen, aber auch den sozio-ökonomischen Bedürfnissen der Bevölkerung zu begegnen. Dass ich selbst in Armut aufgewachsen bin, hat mich motiviert, mich von der Nächstenliebe leiten zu lassen und mich für andere zu engagieren. Gott hat mich in eine Position gebracht, aus der heraus ich jetzt selbst die Hand ausstrecken und anderen Segen sein kann.“
Jose erklärt, in den Versen 34 bis 40 im 25. Kapitel des Matthäusevangeliums sei sein Verständnis zusammengefasst: „Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen… Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“
Die LKC gehört den Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Indien an, der Organisation, in der die indischen LWB-Mitgliedskirchen landesweit zusammengenschlossen sind.