Tiefe Besorgnis über Situation in Myanmar

LWB-Gruppendiskussion mit 11 bis 17-Jährigen in einem Flüchtlingslager für Binnenvertriebene in Sittwe im Rakhine State. Foto: LWB/Myanmar

Sicherheit und Schutz von 140.000 Binnenvertriebenen gefährdet

(LWI) – Nach einem Gewaltausbruch gegen humanitäre Organisationen in Myanmar ist der Lutherische Weltbund (LWB) zutiefst besorgt um die Sicherheit seiner Mitarbeitenden und der Gemeinschaften, in denen er tätig ist. Nach Übergriffen gegen humanitäre Organisationen im Westen Myanmars war der LWB gezwungen, seine Arbeit mit Binnenvertriebenen im Rakhine State zu unterbrechen.

Gewaltbereite Menschenmengen hatten am 26. und 27. März die Niederlassungen von 14 internationalen Organisationen in Sittwe, der Hauptstadt des Rakhine State, angegriffen. Dabei verwüsteten sie Büros, Lager und Wohnungen und zerstörten Ausstattung, Möbel und Dokumente.

Nach diesen Ereignissen evakuierte das LWB-Programm in Myanmar sowohl die nationalen als auch die internationalen Mitarbeitenden aus Sittwe nach Rangun. Alle Mitarbeitenden sind in Sicherheit. Die vorübergehende Unterbrechung der humanitären Hilfe in und um Sittwe hat jedoch negative Auswirkungen auf das Leben der besonders schutzbedürftigen Menschen.

„Die Gewalt dieser Meute steht im Zusammenhang mit seit langer Zeit bestehenden, tief verankerten und komplizierten Spannungen in der Gemeinschaft. Wir sind daher weiterhin in tiefer Sorge um die Sicherheit unserer Mitarbeitenden, und um den Zugang der Binnenvertriebenen zu humanitärer Hilfe“, sagte David Mueller, ein LWB-Vertreter in Myanmar.

Mueller sagte weiter, der LWB sei entschlossen, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Der LWB ist in den Bereichen Koordination und Management der Camps, Bildung, Feuerschutz und psychosoziale Betreuung tätig. Davon profitierten rund 18.000 Binnenvertriebene in vier muslimischen Flüchtlingslagern und weitere 4.000, die in zwei Flüchtlingslagern der Rakhine-Bevölkerung in Sittwe versorgt werden. „Wir werden zurückkehren, sobald die Sicherheit der Entwicklungshelferinnen und -helfer wiederhergestellt ist“, fügte Mueller hinzu. Die Regierung im Stadtgebiet habe bereits eine Ausgangssperre von 18 Uhr bis 6 Uhr morgens verhängt und eine Untersuchungskommission eingesetzt. Folgende Arbeitsbereiche sind von der zeitweiligen Unterbrechung der LWB-Hilfe betroffen:

Bildung

Betroffen von der Evakuierung ist auch die Ausbildung von 7.200 Kindern. Das Programm für die frühkindliche Entwicklung für Drei- bis Fünfjährige wird sich verzögern. 3.000 GrundschülerInnen im Alter von sechs bis zehn Jahren werden wichtige Eintrittsprüfungen für das allgemeine Schulsystem versäumen. Weitere 2.000 werden nicht mit der Grundschule beginnen können.

Die nicht-formale Ausbildung von 700 SchülerInnen im Alter von 11 bis 17 Jahren, die nie zuvor eine Schule besucht oder diese abgebrochen hatten, wird sich ebenfalls verzögern. Ausserdem ruht der Bau zusätzlicher Lehreinrichtungen, der im April beginnen sollte.

Psychosoziale Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen

Gravierende Auswirkungen hat die Situation auf den Schutz und die psychosoziale Unterstützung von 1.900 Menschen. Dieser bereits unterentwickelte Sektor umfasst marginalisierte Gruppen unter den Binnenvertriebenen in den Flüchtlingslagern: Frauen und Mädchen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende, elternlose Haushalte und unbegleitete Kinder.

Ausbildung einer freiwilligen Feuerwehr

154 Freiwillige (148 Männer und 6 Frauen) wurden im vergangenen Jahr für den Feuerschutz ausgebildet. Um eine realistische Vorsorge und die notwendigen Reaktionskapazitäten während der aktuellen windigen Trockenzeit sicherzustellen, sind jedoch doppelt so viele notwendig. Durch die Evakuierung der Mitarbeitenden ruhen momentan sowohl das Training als auch die regelmässig stattfindenden Bewusstseins- und Orientierungsprogramme in den Flüchtlingslagern in der Stadt und auf dem Land in der gesamten Gemeinde Sittwe.

Koordination und Management der Flüchtlingslager

Auch die Überwachung der Dienste zur Grundversorgung wurde unterbrochen. Das bedeutet, dass die Versorgung mit Wasser, die Entsorgung von Abwasser und die Bereitstellung von Hygiene- (WASH) und anderen Dienstleistungen durch den Mangel an Information in Mitleidenschaft gezogen wurden. Inzwischen ist auch die Nahrungsmittelversorgung gefährdet, da die zuletzt verteilten Lebensmittel nur bis zur dritten Aprilwoche reichen.

Mueller betont, dass der LWB „alle Sektoren in den Flüchtlingslagern im Blick behalten und sein Bestes versuchen wird, im engen Kontakt mit den Gruppen- und Sektorenleitenden und ihren Mitgliedern die Dienste so schnell wie möglich wieder regelmässig anbieten zu können“.

Die LWB-Abteilung für Weltdienst arbeitet seit 2008 in Myanmar und ist seit 2012 im Rakhine State tätig. Das Länderprogramm arbeitet in einem rechtebasierten Ansatz mit der Regierung zusammen. Durch Initiativen des LWB werden besonders schutzbedürftige Menschen befähigt, ein eigenes Einkommen zu generieren sowie Nahrungssicherheit, hygienische Bedingungen und Katastrophenvorsorge zu verbessern.

Lesen Sie mehr zu den Aktivitäten des LWB in Rakhine State (in englischer Sprache)