Stärkung von Gendergerechtigkeit und Frauen in Führungspositionen
Vollversammlung in Krakau und Jahrestag des Grundsatzpapiers zur Gendergerechtigkeit Themen der Sitzung von Frauen im Vorfeld der Ratstagung
GENF, Schweiz (LWI) – Als Vertreterinnen aller Regionen des Lutherischen Weltbunds (LWB) trafen sich am 8. Juni in Genf Frauen in leitenden Positionen zu einer Sitzung im Vorfeld der Ratstagung, auf der sie über Möglichkeiten sprachen, um die Arbeit zur Förderung von Frauen und geschlechtlicher Gleichstellung voranzutreiben. Sie blickten voraus auf den 10. Jahrestag der Verabschiedung des Grundsatzpapiers zur Gendergerechtigkeit durch den LWB im kommenden Jahr. Zum Abschluss tauschten sie sich über Herausforderungen und Hoffnungen im Vorfeld der bevorstehenden dreizehnten Vollversammlung aus.
Katariina Kiilunen, LWB Programmreferentin für Kapazitätsaufbau und Führungsentwicklung, zeigte die Fortschritte des LWB-Stipendienprogramms, deren Schwerpunkt bei der Vergabe von Bildungsmaßnahmen sowohl in der Theologie als auch in der Diakonia stark auf Gendergerechtigkeit ausgerichtet ist. Die neue, 2021 gegründete Hélène-Ralivao-Stiftung bietet ebenfalls Stipendien und kürzere Kurse zu Theologie, Gendergerechtigkeit und Führungsrollen für Frauen und Männer im afrikanischen Raum. „Wie können wir die Anzahl der Bewerbungen erhöhen und unsere Studierenden weiterhin unterstützen und begleiten, vor allem in solchen Kirchen, in denen Frauen noch immer nicht ins Pfarramt ordiniert werden?“, fragte sie.
Die LWB-Referentin für Gendergerechtigkeit, Sikhonzile Ndlovu, betonte die vom LWB eingegangene Verpflichtung, Mitgliedskirchen und Länderprogramme in ihrer Arbeit zur Verhinderung und Behandlung von geschlechtsspezifischer Gewalt in Kirche und Gesellschaft zu unterstützen. Zu diesen Verpflichtungen gehören die verstärkte Beschaffung von Mitteln und die finanzielle Unterstützung von Überlebenden sowie die Aufforderung an Kirchen, mehr Männer und Jungen in die Unterstützung von Geschlechtergerechtigkeit einzubinden.
„Wir reden oft über die gesellschaftlichen Normen und kulturellen Bräuche, die den Frauen schaden,“ sagte sie. „Doch es ist auch wichtig, Männer und Jungen für die schädlichen, gewalttätigen und einschränkenden Konzepte von Männlichkeit zu sensibilisieren, durch die sie unter Druck gesetzt werden, sich auf eine bestimmte Art und Weise gegenüber Frauen und Mädchen zu verhalten.“ Die Ratsmitglieder stimmten überein, dass für weitere Fortschritte in der Förderung und Einbeziehung von Frauen in die Entscheidungsfindungsstrukturen der Kirchen „eine Ausweitung der Gespräche“ erforderlich ist, damit „Männer und Frauen in einem ganzheitlichen Ansatz in die Gendergerechtigkeitsarbeit eingebunden werden.“
Die Delegierten sprachen über die Auswirkungen des Grundsatzpapiers zur Gendergerechtigkeit, das 2013 vom LWB-Rat verabschiedet und in über zwanzig Sprachen übersetzt wurde. Die Annahme des Papiers stellte einen Meilenstein in der Verpflichtung des LWBs zur Gendergerechtigkeit dar, und seine Richtlinien prägen noch immer in vielen Mitgliedskirchen die Arbeit zur Förderung von Gleichheit und Inklusion.
Kontextualisierung des LWB-Grundsatzpapiers zur Gendergerechtigkeit
Die Ratsmitglieder betonten die Notwendigkeit, die Vision dieses Dokuments in einer kurzen, nutzerfreundlichen Version zusammenzufassen, die zur Verwendung in lokalen Kirchengemeinden und glaubensbasierten Organisationen kontextualisiert und in andere Sprachen übersetzt werden kann. Zusätzlich forderten die Teilnehmerinnen, den Fokus verstärkt auf die theologischen und biblischen Wurzeln zu richten, die die Gendergerechtigkeitsarbeit des LWB untermauern, und weiteres Quellenmaterial zu diesem Thema zu verteilen.
Die Teilnehmerinnen bemerkten außerden, dass in einigen Kirchen „noch immer Angst und Schweigen herrsche, wenn es darum ginge, Geschichten über Diskriminierung oder Ungerechtigkeit zu verbreiten.“
„Vor uns liegt noch ein langer Weg, bis die vollständige Vision, die im Grundsatzpapier zur Gendergerechtigkeit umrissen wird, in unseren Mitgliedskirchen umgesetzt ist,“ sagte Marcia Blasi, LWB-Programmreferentin für Gendergerechtigkeit und Frauenförderung.
In der Vorausschau auf die LWB-Vollversammlung im polnischen Krakau im kommenden Jahr stellten die Teilnehmerinnen fest, dass es nach wie vor schwierig ist, die erforderlichen Quoten zur Beteiligung von Frauen und Jugendlichen in allen Sitzungen auf Führungsebene zu erreichen. 1984 verabschiedete der LWB ein Quotensystem, das die Teilnahme von 40Prozent Frauen und 20 Prozent Jugendlicher erforderlich macht, damit eine sinnvolle Beteiligung aller Menschen aus den Mitgliedskirchen gegeben ist. „Es ist wichtig, dass wir Mittel und Wege finden, um die Kirchen in allen Regionen dazu anzuspornen, dass sie ihrer Verpflichtung nachkommen und diese Quoten erfüllen,“ betonte Blasi.
Der LWB-Rat ist das höchste Entscheidungsgremium des LWB zwischen den Vollversammlungen. Er besteht aus dem Präsidenten, dem Vorsitzenden des Finanzausschusses und 48 Mitgliedern aus LWB-Mitgliedskirchen in sieben Regionen. Das derzeitige Leitungsgremium wurde auf der Zwölften Vollversammlung im Mai 2017 in Windhoek, Namibia, gewählt. Die diesjährige Ratstagung findet vom 9. bis 14. Juni im Ökumenischen Zentrum in Genf statt.
Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk, Redaktion: LWB/A. Weyermüller