Polnischer lutherischer Bischof: „Euer Herz erschrecke nicht!“

Interview mit Bischof Paweł Hause, Bischof der Diözese Masuren

Ketrzyn, Polen/Genf (LWI) – Die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen ist ein Gründungsmitglied des Lutherischen Weltbundes (LWB). Zu ihren sechs Diözesen gehört auch die Diözese Masuren, die sich bis zur Grenze zur russischen Enklave Kaliningrad erstreckt. Im Norden grenzt Masuren an Russland (Königsbergisches Gebiet) und im Osten an Litauen und Weißrussland.

Im November 2018 nahm der masurische Bischof Paweł Hause an der Klausurtagung der neu gewählten Kirchenleitenden (RoNEL) teil, die jährlich vom LWB in Genf und in der Lutherstadt Wittenberg, Deutschland, organisiert wird. Im Interview mit den Lutherischen Welt-Informationen (LWI) berichtet er, wie er in diesem Teil Polens Zeugnis für das Evangelium Jesu Christi ablegt.

Bitte erzählen Sie uns etwas über Ihre Person.

Ich wurde 1964 geboren und wuchs in der Hauptstadt Warschau auf. In der Kirche Dienst zu tun hat in unserer Familie Tradition. Mein Großvater und mein Vater waren Pfarrer. Ich habe 1988 meinen Abschluss an der Christlichen Theologischen Akademie gemacht. Nach meiner Ordination war ich 25 Jahre bis November 2017 als Gemeindepfarrer tätig, dann hat mich die Diözesansynode zum Bischof gewählt. Ich wurde am 17. Februar 2018 in einem vom Leitenden Bischof Jerzy Samiec geleiteten Gottesdienst ins Bischofsamt eingeführt.

Wie würden Sie das Verhältnis Ihrer Diözese zur Gesamtkirche beschreiben?

Die Geschichte der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen ist eng mit der Reformationsbewegung verbunden, die im 16. Jahrhundert in unserem Nachbarland Deutschland ihren Anfang nahm. Vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 war Masuren zu 95 Prozent lutherisch. Heute repräsentieren die 4.000 Lutheranerinnen und Lutheraner in den 15 Gemeinden der Woiwodschaft nur noch rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung der Region. Die Kirche hat 60.000 Mitglieder in Polen, ein Land, das durch den Krieg verwüstet worden war und danach mehr als 40 Jahre unter kommunistischer Herrschaft stand. Heute sind etwa 90 Prozent der Bevölkerung von 38,5 Millionen Menschen katholischen Glaubens.

Woran haben Sie als lutherischer Pfarrer und Bischof Freude?

Mein Motto ist der Vers aus Johannes 14,1: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Er beschreibt eine Situation, in der Jesus seinen Jüngern Mut zuspricht. Ich bin stolz auf die lutherische Tradition. Wir bringen uns ein mit unserer Zuversicht und unserem Vertrauen in Gott und mit unseren Traditionen.

Vor welchen Herausforderungen steht die Gemeindearbeit speziell in Ihrer Region?

In meiner Gemeinde und in meiner Diözese sind es heute fast immer wirtschaftliche Sorgen, die die Menschen bedrücken. Wir haben zurzeit eine hohe Arbeitslosenquote. Weder die Kirche noch die Bevölkerung hier verfügen über nennenswerte finanzielle Mittel. Nach dem Ende des Kommunismus 1989 und der Aufnahme des Landes in die Europäische Union im Jahre 2004 sind die Menschen in die Großstädte gezogen, zum Beispiel nach Warschau, Gdańsk und Poznań, oder in Länder wie Deutschland und das Vereinigte Königreich. Während der Sommersaison suchen sie sich dort Arbeit, einige von ihnen kehren im Winter zurück, andere bleiben dort.

Wie würden Sie ihr Verhältnis zu den Menschen katholischen Glaubens in Ihrer Diözese und im Land insgesamt beschreiben?

Als lutherische Kirche sind wir zwar eine absolute Minderheit, haben aber ein gutes Verhältnis zu den Katholiken. Allerdings wird die katholische Kirche auf allen Ebenen offizieller Beziehungen privilegiert behandelt, beispielsweise wenn es um Unterstützung seitens der Regierung oder der EU geht. Ich beklage mich nicht, das ist einfach eine Tatsache.

Welche Erfahrungen haben Sie während Ihres Besuchs in Genf gemacht?

Die Tage, die ich mit lutherischen Kirchenleitenden aus anderen Teilen der LWB-Familie verbringen durfte, waren eine hervorragende Gelegenheit, um sich über die Ermutigung und die Erfahrungen auszutauschen, die die Zugehörigkeit zu einer weltweiten Kirchengemeinschaft mit sich bringt. Unsere gemeinsamen Betrachtungen von Bibeltexten haben mich sehr bereichert. Solche persönlichen Begegnungen sind ein wichtiger Teil des Aufbaus von Gemeinschaften.

 

Stimmen aus der Kirchengemeinschaft:

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft, deren Mitglieder sich gemeinsam für das Werk und die Liebe Christi in der Welt einsetzen. In dieser Reihe präsentieren wir Kirchenleitende und Mitarbeitende, die über aktuelle Themen sprechen und Ideen entwickeln, wie Frieden und Gerechtigkeit in der Welt geschaffen werden und die Kirchen und die Gemeinschaft in ihrem Glauben und ihrem Engagement wachsen können.