Lutherisch-pentekostaler Dialog fördert gegenseitiges Verständnis und gemeinsames Zeugnis
Erste Gespräche über theologische und spirituelle Traditionen
BAGUIO, Philippinen/GENF (LWI) – Auf fünf Jahre ist der lutherisch-pentekostale Dialog angelegt, dessen Teilnehmende erstmals vom 15. bis 20. September im Asia Pacific Theological Seminary in Baguio (Philippinen) zusammengetroffen sind. Ziel des Dialogs ist ein vertieftes gegenseitiges Verständnis sowie ein wirkungsvolleres gemeinsames Zeugnis auf der lokalen wie auf der internationalen Ebene.
Der Dialog erwachse aus einer Selbstverpflichtung des Lutherischen Weltbundes (LWB) und man hoffe, dass beide Seiten durch den Austausch die jeweils andere theologische und spirituelle Tradition vermehrt schätzen lernen, erläutert dazu das Communiqué des ersten internationalen Dialogtreffens zwischen Lutheranern und Pfingstkirchen.
Delegierte von verschiedenen klassischen Pfingstkirchen und LWB-Mitgliedskirchen nahmen an diesem Dialogtreffen teil. Bezugnehmend auf Lukas 4, 18f war das Thema des Dialogtreffens: „Gesandt durch den Geist – Identität in Christus“..
Referenten waren Pfarrer Dr. William J. Samuel (Evangelisch-Lutherische Kirche in Malaysia) sowie Dr. Jean-Daniel Plüss (Schweizerische Pfingstmission), der auch als Co-Vorsitzender des Dialogs fungiert. Für die lutherische Seite hat Pfarrer Dr. Walter Altmann (Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien) den Vorsitz inne.
Die Impulsreferate wurden in Plenarsitzungen und Kleingruppen von den Dialogteilnehmenden diskutiert. Ziel war ein vertieftes Verständnis für Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Gruppierungen. Abwechselnd gestalteten sie die gemeinsamen Andachten und feierten miteinander Gottesdienste in der Baguio Assembly City Church und der St. Stephen Lutheran Church.
Die Gruppe besuchte zudem das Lutheran Theological Seminary in Baguio und traf dort mit dem Lehrpersonal sowie den Leitungsverantwortlichen der lutherischen Gemeinde und der Pfingstgemeinde vor Ort zusammen, die über ihre jeweilige Arbeit berichteten.
Dialog fördert gegenseitiges Verständnis
Pfarrerin Dr. Cheryl Peterson (Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika) erklärte gegenüber der Lutherischen Welt-Information, es gebe beiderseits Klischeevorstellungen von der anderen Tradition, die diskutiert werden müssten. Der gemeinsame Blick auf Christus biete jedoch ein starkes Fundament für die Auseinandersetzung damit, wie jeweils die frohe Botschaft verkündigt werde.
„Wir haben nicht nur über die theologischen Unterschiede zwischen unseren Positionen gesprochen, sondern auch miteinander gebetet und Gott gebeten, uns dabei zu helfen, dass wir in unserem Zeugnis für Christus und in unserem Dienst an einer Welt in Not enger zusammenwachsen“, führte Peterson aus, die am Trinity Lutheran Seminary in Columbus (Ohio, USA) systematische Theologie lehrt.
Peterson, die auch an lutherisch/römisch-katholischen Dialogen beteiligt war, merkte weiter an, die pfingstlerische Tradition sei eine wesentlich jüngere, erst etwa 100 Jahre alte Bewegung, sie habe aber innerhalb des Christentums das stärkste Wachstum zu verzeichnen, insbesondere in der Süd-Halbkugel.
„Der Dialog kann uns dabei helfen, diese schnell wachsende Ausprägung des Christentums besser zu verstehen, was besonders wichtig ist vor dem Hintergrund unseres historischen Misstrauens gegenüber eher erfahrungsorientierten Formen des Christentums“, so Peterson.
Wenn sich Lutheranerinnen und Lutheraner in der Vergangenheit mit dem charismatischen oder pfingstlerischen Christentum auseinandersetzten, ging es laut Peterson meist um die Kritik an dessen Betonung der unmittelbaren Erfahrung des Heiligen Geistes und der Heilung, des Siegs über die Sünde und unterschiedlicher Ausprägungen eines Wohlstandsevangeliums.
„In meiner Arbeit zu diesem Thema argumentiere ich, dass wir in der lutherischen Tradition nicht nur etwas an die Pfingstkirchen weiterzugeben haben, sondern um der Mission Gottes in der Welt willen auch etwas lernen können von dieser Erweckungs- und Erneuerungsbewegung. Bevor wir aber etwas an diese Tradition weitergeben oder von ihr lernen, müssen wir sie zuerst besser verstehen“, betonte Peterson.
Einheit muss praktisch sichtbar werden
Pfarrer Tham Wan Yee von den pfingstkirchlichen Assemblies of God in Malaysia empfand seinerseits den Dialog als sehr herzlich, auch durch den Austausch über persönliche Erfahrungen als lutherische und pfingstlerische Gläubige in der heutigen Welt.
Yee ist Rektor des Asia Pacific Theological Seminary, das das Dialogtreffen ausrichtete. Er betonte, historisch hätten beide Traditionen eine Spaltung der Kirche nicht gewollt.
„Unsere Herausforderung besteht darin, dass wir an unterschiedlichen Punkten der historischen Entwicklung unserer Bewegungen stehen“, ergänzte Yee.
Im Blick auf die nächste Runde von Gesprächen in einem Jahr stellte Yee fest: „Es besteht [jetzt] ein viel größeres Verständnis und die erste Runde hat dazu beigetragen, dass wir uns freundschaftlich nähergekommen sind und persönliches Vertrauen unter uns gewachsen ist.“
Lutherisch-pentekostale Gespräche dieser Art seien für die Gegenwart von entscheidender Bedeutung, betonte Yee. „In einer globalisierten Welt gewinnt die praktische Sichtbarkeit der Einheit im Leib Christi für das christliche Zeugnis in der Welt noch größere Bedeutung. Außerdem gibt es Vieles in unseren Traditionen, mit dem wir uns gegenseitig bereichern können.“
Gleichermaßen hohe Bedeutung misst Pfarrerin Dr. Kaisamari Hintikka, Assistierende LWB-Generalsekretärin für Ökumenische Beziehungen, dem Dialog bei: „Es ist gut zu wissen, dass dieser Dialog, der für viele unserer Mitgliedskirchen große Bedeutung hat, endlich Realität geworden ist.“
Nächste Tagung in Wittenberg
Die nächste Dialogtagung findet im September 2017 in Wittenberg (Deutschland) statt. Als Thema wurde ein weiterer Versabschnitt von Lukas 4, 18 gewählt: „…gesalbt, zu verkündigen“. 2018 folgt eine Tagung in Lateinamerika mit dem Thema „… frohe Botschaft den Armen“. 2019 schließlich werden die Dialogteilnehmenden in Afrika zusammentreten und das Thema „Freilassung den Gefangenen, den Blinden Augenlicht, Befreiung den Unterdrückten“ behandeln.
Das Kommuniqué kündigt an, dass die Dialogteilnehmenden 2020 ein gemeinsames Dokument vorlegen werden, das sich auf die im Dialog erarbeiteten Ergebnisse zum Thema christliche Identität stützt.
Zum Auftrag des LWB gehört unter anderem das gemeinsame Zeugnis mit anderen christlichen Traditionen. Seine ökumenische Arbeit konzentriert sich vorrangig auf Dialoge, darunter auch ein trilateraler Dialog mit der mennonitischen und der römisch-katholischen Tradition. Aktuell laufen drei weitere bilaterale Dialoge (anglikanisch-lutherisch, lutherisch-orthodox sowie lutherisch/römisch-katholisch).