Lichtblicke im Dunkel der Onlinekommunikation setzen
Gegen Hassreden vorgehen; Inklusion, Gerechtigkeit und Respekt fördern
GENF, Schweiz (LWI) – Die Kirchen stehen in der Verantwortung, die sozialen Medien nicht nur zu nutzen, um Menschen ihre Ideen und Werte nahezubringen, sie anzusprechen und sie zu begleiten, sondern auch, um eine Kultur des Respekts zu fördern und den Hassreden ein Narrativ der Hoffnung entgegenzusetzen. Das war die eigentliche Botschaft einer Podiumsdiskussion bei einem Webinar mit dem Titel „Hoffnung statt Hass – was wir gegen Anfeindungen unternehmen können und wie wir die Spaltung des öffentlichen Raums überwinden können.“ Die Veranstaltung fand am 26. Mai statt und wurde gemeinsam vom Lutherischen Weltbund (LWB), der Weltvereinigung für Christliche Kommunikation (WACC) und der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) organisiert.
Zu Beginn des Gesprächs beschrieb die leitende Direktorin für strategische Kommunikation der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), Jocelyn Fuller, wie der schnelle Zuwachs der Präsenz ihrer Kirche in den sozialen Medien mit einem deutlichen Anstieg von Online-Hassreden einhergeht. Sie stellte fest, dass eine entzweiende und ausgrenzende Sprache ein Abbild einer polarisierten und gespaltenen Gesellschaft in den Vereinigten Staaten in der heutigen Zeit ist.
Das Kommunikationsteam der ELKA setzt alles daran, dieser Sprache etwas durch „die Förderung eines respektvollen Dialogs“ und durch die „Bereitstellung von Räumen der Hoffnung“ entgegenzusetzen. Diese Aufgabe bekam durch den Ausbruch der COVID-19-Pandemie eine unvermittelt hohe Priorität. Die wöchentlichen Botschaften der Leitenden Bischöfin Elizabeth Eaton mit Gebeten, inspirierenden Geschichten und Reflexionen zu aktuellen Ereignissen sind ein wichtiger Teil dieser Strategie und erreichen über die unterschiedlichen sozialen Medienplattformen eine umfassende Anhängerschaft.
Rückkehr zu einer respektvollen Gesprächskultur
WACC-Generalsekretär Philip Lee erläuterte, wie Online-Hassreden als aktuelles Werkzeug von denjenigen genutzt werden, die an der Verbreitung zersetzender politischer Ideologien interessiert sind. Lee nannte in diesem Kontext und als frühes Beispiel den regierungseigenen Sender in Ruanda, dessen Programm den Boden für den Genozid von 1994 bereitet hatte, und das Buch mit dem Titel „Reel Bad Arabs“, das die Auswirkungen von Hollywoodfilmen beschreibt, in denen Araber und Araberinnen über ein Jahrhundert lang als Schurkenvolk dargestellt wurden. Die Lösung, so fuhr er fort, liege in dem Versuch eines „Rückkehr zu einer Gesprächskultur“ auf allen sozialen Medienplattformen und „in der Förderung von Diversität und Respekt“ in diesen Medien.
Als Linguistin äußerte sich Klára Balicza, Koordinatorin in der Abteilung für ökumenische und ausländische Beziehungen der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Ungarn, zu den Absichten derjenigen, die sich dieser Hassreden bedienen, und zu den Wirkungen, die diese Reden auf diejenigen haben, die sie hören oder lesen. Dahinter stehe unter Umständen die unbewusste Manifestation von Ängsten und Frustrationen, sagte sie, oder es handele sich um „den absichtlichen Versuch, andere Menschen zu bedrohen und zum Schweigen zu bringen.“
Die Kirche könne keine „narrensicheren Lösungen“ anbieten, so Balicza weiter, aber sie könne Gottes Wort als ein „lebendiges und aktives Wort“ vermitteln, dazu gemacht, um „zu erschaffen, zu heilen, Sünden zu vergeben, ins Leben zurückzuführen, Mauern einzureißen, Ketten zu sprengen und das zu vollenden, was wir für unser Heil brauchen.“ Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an die vor zehn Jahren von den lutherischen, reformierten, griechisch-katholischen und christlich-römischen Kirchen getroffene Entscheidung in Ungarn zum Aufbau eines College-Netzwerks für christliche Roma als praktische Maßnahme, Vorurteile zu bekämpfen und dabei gleichzeitig benachteiligten Roma-Gemeinschaften mit Bildungs- und Integrationsangeboten zu helfen.
Medienbildung ist wichtig
Renato Valenga, Journalist und Jugendleiter bei der IECLB, berichtete darüber, wie die sozialen Medien während der letzten Wahlen in seinem Land manipuliert wurden, um „Kandidaten und Kandidatinnen und ihr politisches Programm anzugreifen und zu diskreditieren.“ Die Aufgabe, gegen Hassreden und Falschinformationen online vorzugehen, ist eine „komplexe und schwierige Angelegenheit“, erklärte Valenga. Dennoch sei dies „ein Aufruf zum Handeln an uns alle“ ungeachtet unseres Alters, unserer Religion oder unserer politischen Überzeugung.
Valenga wies darauf hin, dass sich Hassreden meistens gegen Schwarze, indigene Bevölkerungsgruppen, Frauen und Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft richteten, und dass deshalb eine deutlich konsequentere Ausbildung in Medienkompetenz erforderlich sei. Seiner Meinung nach sei es dringend geboten, über die Auswirkungen von Hassreden auf einzelne Menschen und Gemeinschaften aufzuklären, den Unterschied zwischen Tatsachen und Meinungen und deren Relativierung zu verstehen und Menschen nahezulegen, nicht überstürzt auf Posts in den sozialen Medien zu reagieren.
In seinem Abschlusskommentar sprach Pfr. Arni Danielsson, Leiter der LWB-Kommunikationsabteilung, von der Aufgabe, Online-Diskussionen zu „normalisieren“ und wieder auf Kernwerte zurückzuführen, die für eine „gerechte Gesellschaft, einen inklusiven öffentlichen Raum, eine Verpflichtung zur Wahrheit und zu Gewaltverzicht in unserem Umgang miteinander“ stehen. Es müsse aufgezeigt werden, wie Hassreden diese Werte unterwandern und „mit Lügen hausieren gehen“. Die Lösung liege dann darin, Menschen in einem „öffentlichen Raum zu versammeln, der offen, einladend und gleichberechtigt ist.“
„Als Kirchen und Menschen im Glauben und Online-Bürger und -Bürgerinnen“, so fügte Danielsson hinzu, sollten wir versuchen, „zu einer anderen Kultur zu kommen und Einfluss auf den Kontext“ von Online-Diskussionen zu nehmen. Hoffnung gegen Hass könne gelingen, so Danielsson abschließend, „indem wir eine Botschaft der Gerechtigkeit, Inklusion und Respekt für Diversität verkünden und wir andere Menschen dazu einladen, sich die Hoffnung zu eigen zu machen und ihre Online-Diskussionen vom Gedanken der Hoffnung leiten zu lassen.“
Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller