Landesbischof July: Einheit fördern, Brücken bauen

Landesbischof Frank Otfried July beim Rückblick auf seine Amtszeit während der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Foto: elk-wue

17 Jahre, geprägt von der Ökumene und weltweiten Kirche 

STUTTGART, Deutschland/GENF (LWI) – „Ich habe meinen Bischofsdienst als Amt und Dienst der Einheit verstanden“, so der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July in seinem Rückblick im Rahmen der Landessynode am 9. Juli. Hierbei sei die Ökumene für ihn „ein zentrales Thema“. 

Nach seiner Rede wurde er mit minutenlangem Applaus bedacht. Nach 17 Amtsjahren wird July am 24. Juli in einem festlichen Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet und sein Nachfolger Ernst-Wilhelm Gohl in sein Amt eingeführt. July führt seine Ämter beim Lutherischen Weltbund (LWB) bis zur Dreizehnten Vollversammlung fort, die im September 2023 in Krakau, Polen, stattfindet. 

LWB und ökumenische Beziehungen prägen die Amtszeit 

Dann schließt sich ein Kreis, denn der Landesbischof bezeichnete die Elfte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB), die im Juli 2010 in Stuttgart stattfand, als „besonderen Moment in diesen 17 Jahren“. Unvergessen sei ihm als ein zentraler Geschehenspunkt der Tagung der Buß-Akt für die Verfolgung der Täufergemeinden durch die lutherischen Obrigkeiten in der Reformationszeit. 

„Die Vertreterinnen und Vertreter der Mennoniten waren anwesend“, erinnert sich July. Nach der Verabschiedung einer Resolution „gingen viele Delegierten in die Knie auf den Boden des Konferenzsaales und sprachen ein Bußgebet“. Später fand dann eine Abendmahlsfeier statt. „Dieser Moment zeigte, wie Worte eines großen Gremiums, einer globalen Institution Wirklichkeit, eine neue Wirklichkeit von Versöhnung schufen, hier wurde die Wirklichkeit der Versöhnung erfahrbar“, so July.  

Der LWB wurde zu „einem neuen Kapitel in meiner Biografie“. July wurde zum Vizepräsidenten für die Region Mittel- und Westeuropa gewählt, und Mitglied im Exekutivkomitee. So „kamen viele neue internationale Fragestellungen und Begegnungen hinzu. Viele bestehen bis heute.“ Das gelte auch für sein im Ruhestand weiterbestehenden Amt als Vorsitzender des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB) und seine Verpflichtungen für das Institut für Ökumenische Forschung in Strasbourg. „Das ist psychologisch vielleicht ganz gut“, sagte July über diesen Übergang. 

„Weltweite Kirche und Ökumene sind nicht nur einer meiner sehr persönlichen Schwerpunkte geworden“, so der Landebischof, „sondern dies gehört für mich zur Identität unserer württembergischen Landeskirche. Kirche Jesu Christi hat immer diesen globalen Bezug.“ 

Neben der Ortsgemeinde, in der Kirche „voll erfahrbar“ sei und den lokalen Verbindungen und Gemeinschaften, betonte July: „Im Gestaltungsraum einer Landeskirche oder eben auch in der Partnerschaft mit anderen Christinnen und Christen in der Welt ist es wichtig, deren Einsichten und Fragen zu hören, aber auch zu sehen, wie Gott die Kirche auf verschiedene Weise trägt in verschiedenen Gestalten und Kulturen.“  

Schon der LWB, der rein lutherisch definiert ist, zeige „eine große Vielfalt“. Auch hier komme „versöhnte Verschiedenheit“ zum Tragen. 

Mit seinen Ämtern verband sich für July die Möglichkeit, regelmäßige Gespräche und Verhandlungen im Vatikan und mit der orthodoxen Kirche zu führen. „Die Fragen der eigenen Konfessionalität im Dialog mit anderen theologischen Grundentscheidungen immer wieder zu prüfen und zu lernen – aber auch sich in einem solchen Dialog zu positionieren, das forderte mich immer wieder neu heraus“, so July. 

Die nicht einfache Situation der römisch-katholischen Kirche in Deutschland rufe „zum geschwisterlichen Miteinander, zum Gebet und zum Mitteilen unserer Systemerfahrungen auf“. Das schließe konstruktive Kritik ein.  

„In einer sich stark veränderten Gesellschaft sehe ich keine sachgemäße Alternative zur ökumenischen Zusammenarbeit“, betont July. „Es ist für mich auch immer wieder eine geistliche Aufforderung gewesen, den ökumenischen Weg geduldig und ambitioniert, kritisch und konstruktiv zu gehen.“ 

Kirchentage als Kristallisationspunkte einer evangelischen Kirche in der Gesellschaft 

In der Regel alle zwei Jahre findet der Deutsche Evangelische Kirchentag statt; 2015 in Stuttgart. Auch den benennt der Landesbischof als „ein Höhepunkt in meiner Amtszeit – mit vielen Gesprächen und Begegnungen“. Kirchentage seien „Kristallisationspunkte einer evangelischen Kirche in der Gesellschaft“. 

„Hier ermöglicht Kirche genau das, was teilweise sonst in der Gesellschaft eben nicht mehr stattfindet: eine Diskursgemeinschaft, die Räume des Gesprächs anbietet, Menschen sehr verschiedener Meinung auch zusammenführt und teilweise kirchliche und gesellschaftliche Tabuthemen anspricht, selbst wenn es weh tut; mir hat das manchmal auch weh getan“, so July. Auch beim Kirchentag solle immer wieder sehr deutlich werden, dass es ihm gemäß dem Wort aus dem 1. Petrusbrief darum gehe „Rechenschaft zu geben von der Hoffnung, die in uns ist“. 

Gesellschaftliche Verantwortung in Staat und Kirche 

Die Kirche, ihre Rolle in der Gesellschaft und ihr Verhältnis zum Staat waren schon zu Beginn der Amtszeit Julys Themen, die verhandelt werden mussten. Konkret betraf das den Staatskirchenvertrag, der 2007 zwischen der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und dem Bundesland Baden-Württemberg unterzeichnet wurde. Er regelt Angelegenheiten zwischen den politischen und den kirchlichen Akteuren, beispielsweise die Ausübung der Glaubensfreiheit, das Theologiestudium an staatlichen Universitäten, Diakonie, Körperschaftsrechte oder Denkmalpflege. 

Eindrücklich sei gewesen, dass der Vertrag im Landtag Partei übergreifend auf breite Zustimmung gestoßen sei, so July. Heute – 15 Jahre später – „wäre das nicht mehr so einfach möglich“. 

Dennoch: „Wir leben in einem Land, in dem die Landesregierung immer wieder die notwendige Kooperation zwischen Kirche und Staat würdigt und unterstreicht und auch ihr Interesse an kirchlichen Angelegenheiten bekundet. Dies ist eben keine Selbstverständlichkeit und muss deshalb auch von unserer Seite sorgfältig gepflegt werden“, so der Landesbischof.

Von LWB/A. Weyermüller