Kolumbien: Die Gewaltspirale stoppen
Aufruf, die Repressionen zu beenden und den Ursachen auf den Grund zu gehen
GENF, Schweiz (LWI) – Der Lutherische Weltbund (LWB) hat gemeinsam mit anderen globalen christlichen Gemeinschaften und ökumenischen Organisationen an den kolumbianischen Präsidenten Iván Duque Marquéz appelliert, die Gewaltspirale in seinem Land zu stoppen.
In einem Schreiben vom 18. Mai fordern internationale ökumenische Organisationen, darunter das ACT-Bündnis, der Ökumenische Rat der Kirchen, der Rat der Bischofskonferenzen in Lateinamerika, der Weltbund für Christliche Kommunikation und die Weltgemeinschaft der Anglikanischen, Methodistischen und Reformierten Kirchen, die Regierung Kolumbiens auf, „den Menschen mit Empathie zuzuhören und auf Gewalt zu verzichten“ sowie sich mit den eigentlichen Ursachen der Proteste und Massenkundgebungen auf den Straßen auseinanderzusetzen.
Mehr als 40 Menschen wurden getötet, Tausende verletzt, und Hunderte werden vermisst. Mittlerweile gehen die landesweiten Demonstrationen gegen die Regierung des südamerikanischen Staates in die dritte Woche. Die unterzeichnenden Organisationen erkennen die „äußerst komplexe“ Situation in Kolumbien an, fordern aber ein Ende der politischen Maßnahmen „zur Unterdrückung der Proteste der Bevölkerung.“
Solidarisch mit lokaler DiPaz-Friedensplattform
Die Proteste begannen aus Opposition gegen die inzwischen rückgängig gemachten Steuerreformen. Inzwischen sind daraus weiter gefasste Forderungen nach einer Abschaffung von Studiengebühren, nach der Einführung eines Grundeinkommens und nach der Auflösung von Sondereinheiten der Polizei geworden, um Demonstrierende für Menschenrechte und indigene Aktivisten zu schützen. Am 4. Mai hat das UN-Menschenrechtsbüro die kolumbianischen Sicherheitskräfte verurteilt, weil sie auf Demonstrierende in der südwestlichen Stadt Cali geschossen hatten.
Die unterzeichnenden Organisationen erklären, dass sie mit den Forderungen der wichtigsten kirchenübergreifenden Friedensplattform DiPaz nach einem entmilitarisierten Vorgehen der Regierung konform gehen. Unter Verweis auf ein DiPaz-Statement vom 3. Mai erklären sie sich solidarisch mit allen „Opfern von Menschenrechtsverletzungen und polizeilichen Übergriffen“ und fordern die Regierung nachdrücklich auf, „die Normen des humanitären Völkerrechts und die Menschenrechte“ zu befolgen.
Insbesondere verlangt das Schreiben von der Regierung, den „unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt“ zu beenden und „einen sicheren und transparenten Dialog und Verhandlungsräume mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen bereitzustellen“, besonders auf „lokale Stimmen“ zu hören und Beobachtungsstellen wie „aus dem Glauben handelnde Akteure zuzulassen, die als überparteiliche Instanzen Gehör finden.“ Damit verbunden ist die Forderung nach einer Beendigung der Stigmatisierung der protestierenden Bevölkerung und besonders der jungen Menschen und der Mitglieder der indigenen „Minga“-Bewegung.
Die Unterzeichner des Briefes fordern die Regierung auf, die Verantwortlichen für die Todesfälle, Verletzungen und Verschleppungen in letzter Zeit zur Verantwortung zu ziehen und die Bestimmungen des 2016 geschlossenen Friedensvertrags umzusetzen, der den jahrelangen Bürgerkrieg im Land beendete. Anfang Mai hatte sich die Evangelisch-Lutherische Kirche Kolumbiens (IELCO) ebenfalls „tief besorgt“ über die sich ausbreitende Gewalt geäußert und die Regierung nachdrücklich aufgefordert, Forderungen nach mehr wirtschaftlicher Gerechtigkeit zu erfüllen.
Der LWB und seine Partner erinnern Präsident Duque an seine „Verpflichtungen“ nach internationalem Recht und an seine „moralische Pflicht als Christ.“ Abschließend heißt es in dem Schreiben: „Wir glauben daran, dass Sie als Regierungschef die kolumbianischen Behörden daran erinnern werden, dass der Staat seiner vorrangigen Aufgabe nachkommen muss – das kolumbianische Volk zu beschützen.“
Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller