Kamerun: Umweltschutz und Arbeitsbeschaffung
119 Hektar Aufforstung für erneuerbare Energien
MINAWAO, Kamerun/GENF (LWI) – Was einst braun war, ist jetzt wieder grün. Innerhalb weniger Jahre hat der Lutherische Weltbund (LWB) im hohen Norden Kameruns in der Region um das Flüchtlingslager Minawao dafür gesorgt, dass in einer vormals staubigen Wüste ein neuer Jungwald gewachsen ist. Gleichzeitig hat das LWB-Projekt die Beziehungen zwischen den Flüchtlingen und ihren Aufnahmegemeinschaften verbessert, eine neue Lebensgrundlage geschaffen und dafür gesorgt, dass Frauen und Mädchen wirkungsvoller geschützt werden.
Der hohe Norden Kameruns zeichnet sich durch ein raues Klima aus und verfügt über wenig natürliche Ressourcen. Während der Sommermonate trocknen die Flüsse aus. Pflanzungen und Ernte sind mühsam. Auf der anderen Seite kochen und heizen mehr als 95 Prozent der Menschen im hohen Norden des Landes mit Brennholz.
Wenige Ressourcen, lokale Spannungen
Als nigerianische Flüchtlinge, die dem Terror von Boko Haram entkommen waren, in der Region Minawao ankamen, verschärfte sich dieses Ressourcenproblem. Das Flüchtlingslager Minawao mit 58.000 Menschen bildet eine eigene Stadt. In einem Umkreis von 18 Kilometern wurde alles verfügbare Holz geschlagen. Als diese Ressource knapp wurde, mussten die Flüchtlinge Holz kaufen, oftmals mit der einzigen Habe in ihrem Besitz, die sie veräußern konnten: den Lebensmittelrationen, die sie von der UN erhalten hatten.
„Mehrere Haushalte mussten einen Teil ihrer Lebensmittelrationen veräußern, um Brennholz kaufen zu können“, sagt Philbert Habonimana, LWB-Länderrepräsentant in Kamerun. Frauen mussten auf der Suche nach Brennholz oft lange Entfernungen zurücklegen. Dabei setzen sie sich der Gefahr von Gewalt und sexuellen Übergriffen aus“, fügt er hinzu.
Diese Situation verschärfte auch die Spannungen zwischen den Flüchtlingen und ihren Aufnahmegemeinschaften. „Bevor die nigerianischen Flüchtlinge in Minawao ankamen, hatten wir einen dichten Baumbestand und genug Brennholz. Aber seitdem diese Menschen hier sind, wurde alles zerstört. In unserer Umgebung gibt es kilometerweit keinen einzigen Baum mehr“, sagt Boubakar Ousmary, Generalsekretär der Aufnahmegemeinschaft Gawar, die direkt an das Lager angrenzt. Haman Adama aus Zamay, weist darauf hin, dass die bereits problematische Entwaldung noch weiter zugenommen hat, als das große Lager in der Region errichtet wurde.
Pflanze Bäume, ernte Früchte
Der LWB hat sich des Problems von zwei Seiten angenommen. Mit einem Mandat des UNHCR verbanden sie den Umweltschutz mit der Förderung nachhaltiger Energien. Seit 2017 pflanzt der LWB Setzlinge in Baumschulen und hat 26 „Green Spaces“ wieder aufgeforstet, insgesamt 119 Hektar. Der LWB verteilt außerdem Obstbaum-Setzlinge an Flüchtlinge und Haushalte in den Aufnahmegemeinschaften sowie an die Verwaltung des Lagers, Schulen, Moscheen und Kirchen.
Nach inzwischen vier Jahren, sind rund 30.000 Bäume gepflanzt worden. Es wird geschätzt, dass im Durchschnitt 90 Prozent der Bäume auf den „Green Spaces“ überleben. Diese schnell wachsenden Bäume spenden Schatten, dienen als Windfang und verringern die Erosion. Nach zwei Jahren können die Menschen die ersten Früchte ernten. Nach weiteren drei Jahren sind die Bäume groß genug, um Brennholz herunterzuschneiden.
Damit der neue Wald nicht vorzeitig wieder verschwindet, fördert der LWB alternative Energiequellen. 2017 hat der LWB mit der Produktion energieeffizienter Herde begonnen; weiterhin gibt es zwei Betriebe für die ökologische Produktion von Holzkohle. Um einen besseren Zugang zu organischem Material zu erhalten, ist das Umweltprojekt mit dem Programm Trinkwasser, Sanitärversorgung und Hygiene verbunden.
Mehr Selbstbestimmung für Frauen und Mädchen
Die Haushalte im Lager schicken ihre Haushaltsabfälle an die Produktionsanlage für Holzkohle. Die dort produzierte Kohle wird wiederum an die Haushalte geliefert. Bis zum heutigen Tag hat der LWB mehr als 5.000 Haushalten gezeigt, wie sie ökologische Holzkohle produzieren können, und hat 11.460 energiesparende Öfen aufgestellt.
Durch Investitionen in nachhaltigere Energiequellen konnten Lebensgrundlagen geschaffen werden: 300 Menschen, meistens Frauen, produzieren jetzt Holzkohle und bauen Öfen in Produktionszentren. Sie verfügen damit über eigenes Einkommen, so dass ihre Stellung in ihren Familien aufgewertet wurde und sie autarker sind. 5.500 Haushalten wurde bisher gezeigt, wie man Holzkohle selbst herstellt. Seit Holzkohle ein gängiger Brennstoff geworden ist, müssen sich Frauen und Mädchen kaum noch auf den langen und gefährlichen Weg machen, um Brennholz zu sammeln. Junge Mädchen haben jetzt mehr Zeit für die Schule.
Das Projekt hat ebenfalls zu einem deutlichen Abbau der Spannungen zwischen Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften geführt. „Die Gemeinschaften arbeiten jetzt zusammen, um die Umwelt zu schützen“, sagt der LWB-Landesrepräsentant Habonimana.
„Überall, wo wir hinschauen, ist es jetzt grün“, sagt Luka Isaac, der Vorsitzende der nigerianischen Flüchtlingsgemeinschaft in Minawao. „Die Bäume wachsen, sie spenden Schatten, und wir werden genug Bäume haben, um unsere Umwelt schön und gesund zu gestalten. Früher war die Luft hier voller Staub. Jetzt atmen wir saubere Luft. Heute ist Minawao sehr grün.“
Viele Kirchen in der ökumenischen Familie nehmen die „Zeit der Schöpfung“ (auch Schöpfungszeit genannt) wahr, die sich vom 1. September bis zum 4. Oktober, dem Fest des Heiligen Franziskus von Assisi, erstreckt. Für die lutherische Gemeinschaft ist diese liturgische Zeit des Gebets und Handelns eine Gelegenheit, das Engagement des LWB für die Bewältigung einer zentralen Krise unserer Zeit - des Klimawandels - zu bekräftigen. „Jubeljahr für die Erde“ ist 2020 das Thema für die „Zeit der Schöpfung“.