HIV/AIDS: Unterstützung durch Gemeindemitglieder wirkt in Tansania der Stigmatisierung entgegen

Im Rahmen ihrer Aufklärungsarbeit zu den Themen HIV und AIDS bietet die ELKT Seminare für Ehepaare an. Foto: ELKT

Stärkung gefährdeter Frauen rettet Leben

Musoma (Tansania)/Genf, 3. Dezember 2015 (LWI) – Eunice, eine 27 Jahre alte tansanische Mutter von fünf Monate alten Zwillingen, lebt mit HIV. Ihre Zwillinge ebenso.

“Was soll ich tun? Meine Kinder und ich sind HIV-positiv.“

Eunices Ehemann liess sich scheiden, als sie schwanger war, denn er hatte den Verdacht, sie könnte sich mit dem Virus angesteckt haben. Während der Schwangerschaft hatte sie sich keinem HIV-Test unterzogen. Die langsame Entwicklung der Zwillinge nach der Geburt veranlasste sie jedoch, die Kleinen untersuchen zu lassen. Das Ergebnis: Beide sind HIV-positiv.

Eunice leidet unter der Last der Armut und ihrer HIV-Infektion, mittlerweile wird die Familie aber mit antiretroviralen Medikamenten behandelt, erhält Nahrungsmittelhilfe und finanzielle Unterstützung. Eunice hat sich selbständig gemacht, um selbst für die Grundbedürfnisse ihrer Familie aufkommen zu können.

Ein grosser Teil der Unterstützung wird von der örtlichen Gemeinde der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELKT) geleistet. Der Pfarrer hat die Gemeindemitglieder um Hilfe gebeten, damit die Kinder und Eunice mit Kleidung und anderen Bedarfsgegenständen unterstützt werden.

„Mit Hilfe der Kirche hat Eunice ihr Leben, ihre Gesundheit und ihren Ernährungszustand verbessert“, berichtet Mary Mmbaga, die HIV- und AIDS-Koordinatorin der ELKT. „Eunice hat Selbstvertrauen, Würde und Selbstwertgefühl. Den Kindern geht es gut. Abgesehen von der generell schwierigen Situation ist sie glücklich und in der Lage, gute nachbarschaftliche Beziehungen zu pflegen.“

Mmbaga erläutert, diese Art der örtlichen HIV- und AIDS-Hilfe der ELKT-Gemeinden in ganz Tansania habe zwischen Generationen, Geschlechtern und anderen Gruppen Gespräche über dieses und verwandte Themen angeregt.

„Es ist eine grosse Veränderung für unsere Gemeinden, Kirchenkreise, Diözesen, Gemeinwesen und Haushalte“, stellt sie fest.

Und es ist eine Veränderung zum Guten.

Tansania ist gehört zu denjenigen Ländern südlich der Sahara, die von der AIDS-Pandemie am stärksten betroffen sind. Von den fast 50 Millionen Menschen, die in Tansania leben, sind 1,4 Millionen HIV-positiv. Allein 2013 gab es im Land mehr als 73.000 Neuinfektionen.

Ungeachtet dieser erschreckenden Zahlen leistet jedoch die Ausweitung der antiretroviralen Therapie einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Epidemie.

Trotzdem – Faktoren wie die Armut, die Mädchen sehr jung zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr veranlasst, und der fehlende Zugang von Frauen zu Bildung, Informationen und reproduktiver Gesundheitsfürsorge haben nach Mary Mmbagas Einschätzung zur Folge, dass die Bekämpfung von HIV und AIDS eine gewaltige Aufgabe bleibt. Es wird davon ausgegangen, dass 690.000 Frauen und Mädchen in Tansania mit HIV leben.

Die ELKT, die seit langer Zeit Bildungsprogramme anbietet und Gesundheitsfürsorge einschliesslich der Trägerschaft von Krankenhäusern und medizinischer Ausbildungsstätten leistet, klärt weiterhin über gefährliche Verhaltensweisen auf, die zu Infektionen führen. „Gesellschaftliche und kulturelle Praktiken wie die Genitalverstümmelung von Frauen und fehlende Aufklärung über die Risiken von Frühehen für die Mädchen gehören zu den Faktoren, die wirksame Strategien gegen HIV und AIDS so schwierig machen“, erläutert Mmbaga.

Sie stellt fest, die ELKT „hat ihre Sache gut gemacht“ und viel gegen die Stigmatisierung im Zusammenhang mit HIV und AIDS getan. „Aber sie muss auch einer kulturellen Praxis entgegentreten, die Männern die Gewalt über Frauen zuweist und zwar in dem Masse, dass Frauen im Fall einer Infektion verlassen werden“, ergänzte sie.

„Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Frauen gefährdeter sind als Männer, angesichts der bestehenden kulturellen Dynamik der Macht. Werden Frauen aber gestärkt, können sie nicht nur ihr eigenes Leben retten, sondern auch für das Wohlergehen ihrer Kinder und anderer Familienmitglieder sorgen“, gibt Mmbaga zu bedenken. Sie betont, Kirchengemeinden und Gemeinwesen müsse Bildung und Wissen zum Thema Geschlechtergerechtigkeit vermittelt werden. Dies sei ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit des LWB mit seinen Mitgliedskirchen weltweit.