Flüchtlingskrise:Regierungen sollen enger zusammenarbeiten

Antje Jackélen, die evangelische Bischöfin aus Schweden; Moderatorin Marianne Ejdersten (WCC); Olav Fykse Tveit, Generalsekretär WCC; Heinrich Bedford-Strohm, EKD-Ratsvorsitzender; Doris Peschke, Generalsekretärin CCME. Foto: Juliane Ziegler

Internationales Spitzentreffen in München

MÜNCHEN, Deutschland/GENF, 30. Oktober 2015 (LWI) - Wie können und müssen sich die Kirchen in der Flüchtlingskrise positionieren? Darüber beratschlagten 35 BischöfInnen und KirchenvertreterInnen aus 20 Ländern am Donnerstag in München. VertreterInnen protestantischer und orthodoxer Kirchen Europas, des Nahen Ostens und Afrikas sowie der katholischen und anglikanischen Kirche sprachen darüber, wie sie noch stärker kooperieren sowie ein Zeichen der Einheit setzen können. Sie forderten, dass Regierungen enger zusammenarbeiten und mahnten, Flüchtlinge menschenwürdig zu behandeln.

Die schwedische Erzbischöfin Antje Jackelén sprach von einem „humanitären Flitterwochen“, die Europa gerade erlebe. Doch sie betonte, dass die Bevölkerung sich auf Veränderungen einstellen müsse, denn die Krise werde wohl noch lange andauern. Zudem gebe es auch Ängste und Ablehnung -- Europa stehe vor einer großen Herausforderung.Sie kritisierte den Mangel an internationaler Koordinierung der Flüchtlingshilfen. Wenn Europa daran scheitere, würde sich das weltweit negativ auswirken, sagte sie. Den Kirchen komme dabei eine besondere Rolle zu: Sie behandeln Flüchtlinge nicht als Objekte, die von Land zu Land verteilt werden. Sondern vielmehr als Menschen mit Bedürfnissen.

Heinrich Bedford-Strohm erinnerte daran, dass der europäische Kontinent christliche Wurzeln habe, und dass auch Jesus als Fremder kam. Die Kirchen haben eine öffentliche Verantwortung, so der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und Ratsvorsitzende der EKD. Zum einen müssten sie weiterhin gemeinschaftlich konkrete Hilfe leisten und sich solidarisch zeigen. Zum anderen müssten die Kirchen mit den jeweiligen Regierungen im Dialog bleiben -- öffentlich, aber auch in Hintergrundgesprächen. „Wenn wir es richtig angehen, dann wird die Hilfe nachhaltig sein“, sagte er. Außerdem müsse mit den islamischen VertreterInnen verstärkt zusammengearbeitet werden, zumal die Flüchtlinge, die nach Europa kommen, größtenteils MuslimInnen sind. Auch Antje Jackelén hob den Dialog mit den muslimischen Gemeinschaften hervor und kritisierte, dass der radikale Islamismus in den Medien zu stark thematisiert werde und so ein einseitiges Bild des Islam entstehe.

Olav Fykse Tveit, Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen forderte, dass sich die international Verantwortlichen endlich um eine Lösung im Syrien-Konflikt kümmern müssten, das „Desaster“ müsse beendet werden. Metropolit Gabriel von Nea Ionia und Filadefia aus Griechenland sagte, dass seine Kirche trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage versuche zu helfen. Sie bemühe sich beispielsweise darum, die vielen auf Lesbos ankommenden Flüchtlinge zu versorgen.

„Wir Kirchen müssen Hoffnungsträgerinnen sein. Nicht nur für die Flüchtlinge, sondern auch für die ehrenamtlich Helfenden und die einheimische Bevölkerung“, stellte Ralston Deffenbaugh, Assistierender Generalsekretär für Internationale Angelegenheiten und Menschenrechte beim Lutherischen Weltbund (LWB), fest. Natürlich sei die konkrete Unterstützung der Flüchtlinge wichtig, genauso nötig sei aber der persönliche, menschliche Kontakt und die Freundschaft, die man ihnen entgegenbringe. Gleichzeitig dürfe die Hilfe in den Herkunfts- und Nachbarländern nicht nachlassen. Als Beispiel nannte Deffenbaugh Jordanien, wo der LWB sowohl SyrerInnen unterstütze, die in Flüchtlingslagern leben, als auch jene, die in einheimischen Gemeinwesen Zuflucht gefunden haben.

Deffenbaugh verwies insbesondere auf die Kooperation des LWB mit der islamischen Hilfsorganisation Islamic Relief Worldwide: „Religion wird so häufig als Quelle von Konflikten wahrgenommen. Aber von ihrem jeweilige Glauben motivierte Menschen arbeiten auch zusammen und können damit ein Zeichen des Friedens setzen.“

 

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondentin Juliane Ziegler)

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