Finnland: Bericht zum katholisch-lutherischen Dialog

Simo Peura (li.), lutherischer Bischof von Lapua, und Teemu Sippo, katholischer Bischof von Helsinki. Foto: LWB/S. Gallay

Kirche, Abendmahl und Amt „keine kirchentrennenden Fragen“

Helsinki, Finnland/Genf (LWI) – Ein in Finnland erarbeiteter Bericht zu den Themen Kirche, Abendmahl und Amt, das die Beteiligten am lutherisch-katholischen Dialog voriges Jahr vorgelegten, könnte nach Einschätzung der nordischen Kirchenleitenden den Weg ebnen für eine internationale Erklärung beider christlicher Kirchen.

Der Bericht der lutherisch-katholischen Dialogkommission Finnlands trägt den Titel „Communion in Growth“ (Deutsch etwa: „Wachsende Gemeinschaft“) und kommt zu dem Schluss, dass, ungeachtet einer unterschiedlichen Schwerpunktsetzung der römisch-katholischen Kirche und der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands bei den Themen Abendmahl und (ordiniertes) Amt, die entsprechenden Fragen angesichts des in diesem Zusammenhang erzielten Konsenses über die Grundwahrheiten des Glaubens kein kirchentrennendes Gewicht haben müssen.

Ermutigung für die Zukunft

„Wir hoffen, dass [das Dokument] als Ermutigung für eine zukünftige Erarbeitung einer Gemeinsamen Erklärung zu Kirche, Eucharistie und Amt auf internationaler Ebener wirken kann“, erklärte Pfarrer Dr. Tomi Karttunen, Leitender Referent für ökumenische Beziehungen bei der finnischen lutherischen Kirche.

Als Ergebnis ihres langjährigen Dialogs hatten der Lutherische Weltbund (LWB) und die römisch-katholische Kirche 1999 die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnet, einen Meilenstein in den Beziehungen beider Konfessionen.

„Vielleicht kann das 500. Jubiläum des Augsburger Bekenntnisses 2030 in dieser Hinsicht ebenfalls eine Art Meilenstein werden. Ich hoffe es“, fuhr Karttunen fort, der in der finnischen Dialogkommission als Sekretär fungiert.

Teemu Sippo, katholischer Bischof von Helsinki, befand, das Dokument sei insbesondere deswegen bemerkenswert, weil es darlege, dass zwischen der katholischen und der lutherischen Tradition in Finnland eine so weitreichende Übereinstimmung zu den Themen Kirche, Eucharistie und Amt bestehe.

Viele verbindende Ansätze

„Ich weiß nicht, wie viele Sätze mit ‚Wir stimmen darin überein…‘ beginnen. Das ist fantastisch und wir sind selbst ein wenig überrascht, dass uns so viele Ansätze verbinden. Es sind mehr als in jedem anderen Dokument“, führte Sippo aus.

Seitens der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands bestätigte der Bischof der Diözese Lapua, Simo Peura, diese Analyse und ergänzte, selbst dort, wo beide Kirchen zu Fragen der Kirche oder des Abendmahls unterschiedliche Positionen verträten, müssten diese nicht als kirchentrennend bewertet werden.

„Und auch beim Amtsverständnis gibt es viele Gemeinsamkeiten“, stellte Peura fest.

„Die Unterschiede sind tragbar, weil wir so viele Gemeinsamkeiten haben, und darin liegt auch der Sinn des Dokuments. Zum Thema Amt gibt es eine Reihe Fragen, die der weiteren Klärung bedürfen, bzw. haben wir festgestellt, dass es offene Fragen gibt, die noch weiter diskutiert werden müssen.“

Gemeinsames Abendmahlsverständnis

Hinsichtlich des Abendmahls betonen die beiden christlichen Traditionen nachdrücklich, dass Brot und Wein Leib und Blut Christi sind. Auf der konkreten theologischen Ebene verstünden sich beide Kirchen also besser denn je, betonte Peura.

Was andere Bereiche wie Amt und Praxis der Kirche angehe, werde es in einem nächsten Schritt darum gehen, wie die Übereinkunft in lutherischen und katholischen Gemeinden überall in Finnland umgesetzt werde. Auf dieser Grundlage könne dann geklärt werden, welche Maßnahmen auf finnischer Ebene als nächstes anzugehen seien.

Die finnischen Kirchenleitenden sind sich in jedem Fall in dem Wunsch einig, dass auf internationaler Ebene vergleichbare Gespräche über Kirche, Abendmahl und Amt geführt werden. Sie brachten ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass der LWB und der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen eine Arbeitsgruppe einrichten, „die eine gemeinsame Erklärung zu diesen Fragen vorlegen und erarbeiten sollte“, so Peura.

„Es ist wichtig, dass das auf der internationalen Ebene geschieht.“

Zeugnis von Gemeinschaft

Der katholische Bischof Sippo betonte seinerseits, „Communion in Growth“ gebe Zeugnis von der Gemeinschaft, die in Finnland zwischen der lutherischen und katholischen Seite bereits zuvor bestanden habe.

„Wir sind schon jetzt Brüder und Schwestern. Diese Gemeinschaft sollte nun wachsen und ich meine, der Titel ‚Communion in Growth‘ trifft das gut. Wir haben das Ziel noch nicht erreicht, aber ich denke, dieses Dokument weist einen guten Weg zur Einheit.“

Die drei Theologen erläuterten, das in englischer Sprache formulierte finnische Dokument sei einerseits inspiriert von internationalen Übereinkommen wie der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre und dem amerikanischen Papier „Declaration on the Way“, andererseits erwachse es auch aus der besonderen Geschichte der finnischen Kirche und dem typisch finnischen Lutherverständnis.

Als wichtigster Reformator Finnlands gilt Mikael Agricola, der Bibel, Katechismus und viele katholische Gebete ins Finnische übersetzte. Die finnische lutherische Kirche übernahm die katholischen Amtsstrukturen; Luthers Denken gilt als Fortführung der Tradition der Kirchenväter.

„In Finnland vollzog [die Reformation] sich nicht so sehr als Rebellion, es handelt sich eigentlich eher um eine stille Entwicklung“, schloss Sippo. Der Bericht wurde Papst Franziskus vorgelegt.