Entwicklung einer Friedenskultur

Salam (links, im roten T-Shirt) mit ihrer Grossmutter und jüngeren Schwester in ihrer Notunterkunft im Lager Za’atari. Foto: LWB-Jordanien/D. Odén

LWB-„Friedensoase“ in Jordanien lindert Folgen des Kriegs in Syrien

Al Mafraq (Jordanien)/Genf, 3. Dezember 2015 (LWI) – „Ich möchte gerne Lehrerin werden“, sagt Salam. Das sechs Jahre alte Mädchen geht seit kurzem in die erste Klasse und gehört zu den zahlreichen Kindern, die die Friedensoase im jordanischen Flüchtlingslager Za’atari besuchen. Diese Friedensoase ist ein vom Lutherischen Weltbund (LWB) getragenes psychosoziales Zentrum, das Kindern und Jugendlichen im Lager die Teilnahme an friedensfördernden Aktivitäten und Workshops ermöglicht.

Fünf Jahre nach Beginn des Krieges in Syrien ist das Leben schwierig geworden für die mehr als 79.000 syrischen Flüchtlinge im Lager und tausende weitere, die in der nahegelegenen Stadt Al Mafraq untergekommen sind. Zusätzlich zu der weit verbreiteten Traumatisierung durch die in der Heimat erlebten Gräueltaten müssen sich die Flüchtlinge aus Syrien mit den harten Realitäten des Überlebens und der Aussicht auf eine unsicherer Zukunft auseinandersetzen.

Kunst, Musik, Konfliktbewältigung

Salams Vater wurde vor mehr als drei Jahren vom syrischen Regime verhaftet. Seither hat die Familie nichts mehr von ihm gehört. Salams Bruder wurde im Alter von 20 Jahren bei militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Freien Syrischen Armee und syrischen Regierungstruppen in Dar’ā getötet. Salams Leben im Lager ist ausgefüllt, sie geht zur Schule und spielt nach dem Unterricht mit anderen Kindern. Obwohl sie fast immer fröhlich ist, erzählt Salam doch, dass sie ihr Zuhause in Syrien und vor allem ihren Vater vermisse.

Die Friedensoase des LWB leistet psychosoziale Unterstützung für Jugendliche und Kinder wie Salam. Sie bietet einen sicheren und kindgerechten Raum, wo Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, in Theatergruppen mitzumachen, sich an bildender Kunst zu versuchen, sich an Spielen oder Gruppengesprächen zu beteiligen und Workshops zu besuchen, die Kompetenzen für die Konfliktbewältigung vermitteln. Sie eignen sich Kommunikationsfähigkeiten an, lösen Probleme und stärken ihr Selbstwertgefühl. Es gibt Clubs und Aktivitäten wie Kunst, Musik, Karate, Fussball und Computerkurse.

Das Programm der Friedensoase will eine Kultur des Friedens fördern und Hilfestellung dabei leisten, die Folgen der Konfliktsituation besser zu bewältigen. Der Bedarf ist gross. „Die Flüchtlinge sagen oft, dass sich die Situation insgesamt während des vergangenen Jahres verschlimmert hat. Sie haben den Eindruck, dass es zu wenig Angebote für Kinder und so gut wie keinen Raum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt, um der sich verschlechternden häuslichen Situation zu entfliehen“, erläutert Rachel Luce, die Leiterin des LWB-Teams in Jordanien.

Vorbeugung gegen langfristige Folgen der Traumatisierung

Aufgrund der immer belastenderen Situation nimmt darüber hinaus auch die geschlechtsspezifische Gewalt zu. Viele syrische Frauen und Mädchen haben Angst, zu Fuss zur Schule, in die Sanitärräume, zum Einkaufen oder zu anderen Orten zu gehen, wo sie Leistungen in Anspruch nehmen können. Frühehen werden immer mehr zu einem Problem, da die Familien glauben, dass Eheverträge ihre Töchter schützen könnten. 2016 plant der LWB deshalb die Durchführung von Workshops zum Thema Kinderschutz, um über die Gefahren von Kinderarbeit und über die Notwendigkeit schulischer Bildung zu informieren und um ins Gespräch zu kommen über Missbrauch, geschlechtsspezifische Gewalt und Kinderehen.

„Konflikte können ernsthafte langfristige Folgen für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben“, so Dawid Odén, ein Mitarbeiter im LWB-Jordanienprogramm. „Sie zeigen sich später in Form von sozialer Isolation, Selbstverletzung, Aggressionen und Depressionen. Diese Auswirkungen können eine ganze Generation junger Menschen betreffen und eine Bedrohung für den zukünftigen Frieden und die zukünftige Entwicklung in Gebieten darstellen, die sich von Konflikten erholen.“

Im Jahr 2015 erreichte der LWB mit seinen psychosozialen Angeboten im Lager Za’atari 2.662 syrische Flüchtlinge. Der LWB hat ausserdem die Infrastruktur der Friedensoase verbessert, indem er die Sportplätze mit Kunstrasen ausstattete. Die Verletzungsgefahr für Jungen und Mädchen, die dort sportlich aktiv sein können, ist nun erheblich geringer.

Ein Beitrag von Dawid Odén, LWB-Jordanien, bearbeitet durch das LWB Kommunikationsbüro.