ELKA-Theologiestudierende lernen weltweite Ökumene kennen

Im Gespräch über Ökumene und Versöhnung: (v.l.) Prof. Dr. Nathan Frambach lehrt am Wartburg Theological Seminary Pastoraltheologie, Philippa Hitchen ist Kommunikationsreferentin beim LWB, Carrie Petersen studiert im dritten, Marietta Nelson-Bitte im zweiten Jahr Theologie. Foto: LWI/N. Torrecillas

Delegation des Wartburg Seminary besucht Büro der LWB-Kirchengemeinschaft

Genf (LWI) – Wieviel wissen US-amerikanische Lutheranerinnen und Lutheraner über Angehörige anderer christlicher Kirchen, inwieweit arbeiten sie mit ihnen zusammen? Welche Rolle kommt aus ihrer Sicht dem Büro der LWB-Kirchengemeinschaft in Genf zu? Und wie kann die Kirche einer auf Abgrenzung orientierten Denkweise entgegenwirken, indem sie Raum schafft für Begegnung und Gespräch? Solche Fragen bewegten Studierende des Wartburg Theological Seminary in Dubuque (Iowa) im Mittleren Westen der USA bei ihrem Besuch am Hauptsitz des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Genf vom 7. bis 9. Januar.

Alle Mitglieder der Delegation gehören der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA) an. Im Rahmen einer Exkursionsfahrt, auf der sie verschiedene Aspekte der ökumenischen Kultur erlebten, verbrachten sie mehrere Tage in Genf. Auf ihrer Reise besuchten sie außerdem das Institut für Ökumenische Forschung in Straßburg und die Communauté von Taizé im Osten Frankreichs.

Die Exkursion stand unter der Leitung von Prof. Dr. Nathan Frambach, der am Wartburg Seminary Pastoraltheologie lehrt. Er hat mit Marietta Nelson-Bitte und Carrie Petersen, die im zweiten bzw. dritten Studienjahr auf den Masterabschluss in Theologie hinarbeiten, über ihre Erwartungen und ihr Engagement im ökumenischen Dialog gesprochen.

Neuer Bezug zur Ökumene

Frambach erläutert, die Exkursion solle „uns allen dabei helfen, ein stärkeres Bewusstsein zu entwickeln für die Versöhnungsarbeit und den Zusammenhang, der zwischen ihr und der Ökumene besteht, und sensibler für die Thematik zu werden.“

Nelson-Bitte erklärt, bisher habe sie „nur sehr beschränkte Ökumene-Erfahrung“, sie hoffe, die Exkursion werde in ihr „ein Empfinden“ wecken „für meine Verbindung mit dem Leib Christi und mit den anderen Menschen im Leib Christi, die meine Brüder und Schwestern sind.“

Sie sei zwar lutherisch erzogen, stellt Petersen fest, habe sich aber später von der Kirche entfernt und „Erfahrungen in vielen verschiedenen Glaubenstraditionen“ gesammelt. Nachdem sie sich inzwischen auf ihre lutherischen Wurzeln besonnen habe, hoffe sie, durch die Reise ihr Verständnis dafür vertiefen zu können, wie man ein „positiver“ Teil der weltweiten Gemeinschaft der Glaubenden sein könne.

Über die Beziehungen zwischen den verschiedenen christlichen Kirchen in den USA sagt Frambach, aus seiner Sicht hätten sowohl das Wartburg Seminary als auch die ELKA durch ihr sichtbares Engagement für den ökumenischen Dialog eine „wichtige wegweisende Funktion“. Es finde seit vielen Jahren ein „sehr produktiver“ Dialog mit der römisch-katholischen Kirche statt, außerdem stehe die ELKA in voller Kirchengemeinschaft mit Kirchen der bischöflichen und methodistischen Tradition, mit der Brüder-Unität und der United Church of Christ (Vereinigten Kirche Christi).

Ein Ort der Begegnung mit unseren Nachbarn

Unter Verweis auf eine Reise an die Grenze zwischen Texas und Mexiko, die sie unternommen hat, stellt Nelson-Bitte fest, in einer Zeit, in der „viel über den Bau von Mauern“ gesprochen werde, habe sie gelernt, dass man solche Grenzen auch als verbindend verstehen könne, also „als Orte, an denen wir nicht etwa von unsere Nachbarn getrennt werden, sondern wo wir ihnen begegnen“, wo man miteinander ins Gespräch komme, anstatt das Augenmerk auf die Unterschiede zu richten.

Petersen sieht die aktuellen Spannungen in der US-amerikanischen Gesellschaft als die „Wachstumsschmerzen“ unserer rasant zunehmenden digitalen Vernetzung, vergleichbar etwa mit dem Geschehen während der industriellen Revolution. Ein wichtiger Beitrag, den die Kirche leisten könne, liege darin, „diese Trennlinien als Beziehungschancen“ zu sehen. Beziehungen entwickelten sich zwischen Menschen, erläutert sie, dies geschehe jedoch im Raum zwischen den Beteiligten „und ich plädiere leidenschaftlich dafür, den Heiligen Geist in diese Räume einzuladen, immerzu und jeden Tag“, um der Welt so Hoffnung zu geben.

Zum Besuch der Gruppe im Büro der LWB-Kirchengemeinschaft stellt Frambach fest: „Meiner Meinung nach haben wir hier Gastfreundschaft in einem besonderen Ausmaß erlebt, das zutiefst in unserer wechselseitigen Beziehung wurzelt, an der wir in Christus Anteil haben, die uns aber auch miteinander verbindet.“

Nelson-Bitte beschreibt den LWB als „fantastisches Vorbild dafür, wie wir gemeinsam Kirche sind“, und ergänzt, das Büro sei ein „fast magischer Ort“, wo die Selbstverpflichtungen der lutherischen Kirchengemeinschaft etwa auf die UN-Nachhaltigkeitsziele, auf Gendergerechtigkeit oder Klimaschutz in die Praxis übersetzt würden.

Petersen schließt, die Zielsetzungen und Initiativen des LWB liefen der Art und Weise zuwider, wie unsere Welt funktioniere, „wenn wir also als in der Kirche Tätige versuchen, etwas von diesem Einbrechen des Reiches Gottes in unserer Welt umzusetzen, fühlen wir uns bei diesem Bemühen womöglich oft allein.“ Und sie betont: „Ich weiß jetzt, dass ich nicht allein bin“, dies sei „ein wunderbar tröstliches und schönes Gefühl, für das ich immer dankbar sein werde“.