„Ein wunderbares Zeichen“ der Berufung zur Einheit

Die Flüchtlingsarbeit ist Teil des Engagements der ELKIK als Kirche, die „zu den Mitmenschen gesandt“ ist. Im Bild: Nationalbischöfin Susan C. Johnson besucht Flüchtlinge in Adjumani (Norduganda). Foto: LWB-Uganda

Ökumenisches Reformationsgedenken: Im Gespräch mit Bischöfin Johnson

WINNIPEG (Kanada)/Genf - Die kanadische Nationalbischöfin Susan C. Johnson sieht in dem gemeinsamen lutherisch-katholischen Reformationsgedenken „ein wunderbares Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes, der […] uns in die Einheit [der Kirche] ruft.“ In einem Interview mit der Lutherischen Welt-Information sprach Johnson, die im Lutherischen Weltbund (LWB) das Amt der Vizepräsidentin für die Region Nordamerika inne hat, über die aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums 2017 von ihrer Kirche gestartete Initiative, Patenschaften für 500 Flüchtlinge zu übernehmen, 500 Stipendien für Schulen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land zu finanzieren, 500.000 Bäume zu pflanzen und CAD 500.000 zum LWB-Stiftungsfonds beizusteuern.

Was bewegt Sie persönlich im Blick auf den 31. Oktober 2016?

Ich freue mich sehr auf das gemeinsame Reformationsgedenken in Lund (Schweden). Es hat Zeiten gegeben, da hätte ich gesagt, eine solche Veranstaltung ist unmöglich – die führenden Verantwortlichen der lutherischen und katholischen Tradition gedenken gemeinsam eines Reformationsjubiläums? Das ist ein wunderbares Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes, der weiterhin in und unter uns wirkt und uns in die Einheit ruft, die Jesus Christus für die Kirche verkündet hat.

Arbeitet die Evangelisch-Lutherische Kirche in Kanada (ELKIK) (in englischer Sprache) regelmässig mit der katholischen Seite zusammen und gibt es Pläne zur Kooperation im Blick auf das Reformationsjubiläum?

Zunächst ist zu sagen, dass die ELKIK und die kanadische katholische Bischofskonferenz seit mehreren Jahrzehnten im Rahmen des Kanadischen Kirchenrates (in englischer Sprache) zusammenarbeiten. In dieser Dachorganisation sind 25 christliche Konfessionen und Denominationen vereint, die im Dialog stehen, gemeinsam Zeugnis geben und gemeinsam handeln z. B. wo es um Frieden und Gerechtigkeit geht.

 

„Halten wir an unserer Identität als durch Gottes Gnade Befreite fest, gibt uns das Halt inmitten des rasanten Wandels in Kirche wie Gesellschaft.“ – Susan C. Johnson (Kanada), Nationalbischöfin und LWB-Vizepräsidentin

 

Was das Reformationsjubiläum 2017 angeht, planen wir hier in Kanada eine Reihe von ökumenischen Gedenkveranstaltungen. Aktuell bin ich an einer lutherisch-katholischen Arbeitsgruppe beteiligt, die prüft, was wir gemeinsam tun könnten. In Vorbereitung ist bereits gemeinsames Arbeitsmaterial zur Verwendung auf lutherischer und katholischer Seite. An unserer 16. Vollversammlung [, dem höchsten Entscheidungsgremium der ELKIK,] im Juli nächsten Jahres werden ökumenische Ehrengäste teilnehmen. All das sind Schritte auf eine Reihe gemeinsamer lutherisch-katholischer ökumenischer Gendenkfeiern hin, die überall im Land aus Anlass des Jubiläums stattfinden werden.

Welche Auswirkung erwarten Sie von der Gedenkfeier in Lund 2016 für die ökumenischen Beziehungen bei Ihnen?

Die Gedenkfeier selbst und alle in diesem Zusammenhang stehenden Abläufe werden sicherlich die Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft der Einladung an katholische und lutherische Gläubige in Kanada verstärken, sich gemeinsam mit dem Thema Reformation auseinanderzusetzen und zum gemeinsamen Gebet zusammenzukommen. Sie bietet eine wunderbare Initialzündung für unsere Arbeit im Jahr 2017.

Im Oktober 2015 haben Sie die Gemeinden der ELKIK eingeladen, sich an der ELKIK-Reformationsinitiative (in englischer Sprache) zu beteiligen, die die Bereiche Flüchtlingsarbeit, Klimagerechtigkeit und Bildung umfasst. Welche Fortschritte gibt es?

Überall in der Kirche sind die ELKIK-Mitglieder begeistert dabei und setzen unser Verständnis davon, was „Befreit durch Gottes Gnade“ bedeutet, in die Tat um durch ihr Engagement gegen die Not in der Welt. Bisher haben wir Patenschaften für 125 Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern übernommen, wobei unser Partner Canadian Lutheran World Relief (CLWR) mit dem LWB und anderen Organisationen zusammenarbeitet. Anfang des Jahres haben Mitarbeitende der beiden lutherischen Kirchen in Kanada und KollegInnen von CLWR eine vierköpfige Flüchtlingsfamilie in Winnipeg begrüsst, für die wir eine einjährige Patenschaft übernommen haben.

Wir haben Zusagen für die Finanzierung von 22 Stipendien für Schulen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Jedes Stipendium in Höhe von CAD 1.400 ermöglicht einer Schülerin oder einem Schüler ein Jahr lang den Schulbesuch. Wir haben 19.377 Bäume gepflanzt und einen Beitrag von CAD 116.264 zum LWB-Stiftungsfonds geleistet. Wir haben eine sehr guten Start hingelegt angesichts dieser sehr ambitionierten Zielsetzung und ich freue mich auf den grossen Schwung, der hier entsteht, sowie die kreativen Ideen unserer Kirchenglieder, mit denen sie sich in diese Initiative einbringen.

Ob wir es schaffen, alle gesetzten Ziele zu erreichen, oder nicht, das Wichtigste für mich ist das volle Engagement unserer Kirche, unsere Berufung zu leben als „Kirche, die zu den Mitmenschen gesandt ist“.

Das Thema des Reformationsjubiläums, „Befreit durch Gottes Gnade“, betont die kontinuierliche Erneuerung der Kirche. Was bedeutet das für Ihren Kontext?

Wir erleben die ecclesia semper reformanda [, die sich kontinuierlich reformierende Kirche,] in unserem fortgesetzten Bemühen um rechte Beziehungen zu den indigenen Völkern, in unserer Arbeit am Thema ärztliche Sterbehilfe u. a. Die Kirche gewinnt einen neuen Blick auf sich selbst, wenn wir uns theologisch mit dem ordinierten Amt auseinandersetzen, neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit unseren ökumenischen Partnerinnen und Partnern prüfen, uns den Herausforderungen stellen, die sinkende Mitgliedszahlen und Mittel mit sich bringen, und daran arbeiten, unsere Kirchenglieder in ihrer Spiritualität und Nachfolge zu beleben. Halten wir an unserer Identität als durch Gottes Gnade Befreite fest, gibt uns das Halt inmitten des rasanten Wandels in Kirche wie Gesellschaft.

 

Lund 2016 (in englischer Sprache)