Ein besserer Ort für die Älteren

Jinay vor ihrer Unterkunft im Flüchtlingslager Dadaab Foto: LWB Kenia

LWB unterstützt ältere Flüchtlinge in Dadaab in Kenia

Dadaab, Kenia/Genf (LWI) – Alt zu sein ist nicht immer einfach – Jinay kann das nur bestätigen. „Jeder Tag ist ein Kampf, um den Alltag zu bewältigen und die Familie zu versorgen", sagt sie. Die aus Somalia geflohene Frau ist 75 Jahre alt und lebt im Flüchtlingslager Kambioos, einem von fünf Camps im Lagerkomplex Dadaab in Kenia.

Jinay und ihre Familie sind wegen des Krieges und der dort herrschenden Dürre und Hungersnot aus Kismayu, Somalia, geflohen. Sie hat ihren gesamten Besitz verloren, darunter ihren Hof und ihr Vieh. Der Familie wurde vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Regierung Kenias der Flüchtlingsstatus zuerkannt.  Jetzt lebt Jinay mit ihrem Sohn und ihren Enkeln in einer 10 Personen zählenden Großfamilie.

Diskriminierung verschärft durch schwierige Lagersituation

Jinay muss sich mit den Problemen auseinandersetzen, die ein hohes Alter mit sich bringt: Sie sieht schlecht, und auch ihr Hörvermögen hat nachgelassen.  Mittlerweile beginnt sie auch, unter zu hohem Blutdruck zu leiden. Die vom Welternährungsprogramm zur Verfügung gestellten Nahrungsmittel berücksichtigen nicht die Bedürfnisse älterer Menschen, sagt Jinay. Ihrer Meinung nach bekomme sie nicht die Nährstoffe, die sie brauche.

Ältere Menschen in Dadaab gehören zu den am stärksten gefährdeten Gruppen. „Wir erleben oft, dass Altersdiskriminierung und manchmal auch die Vernachlässigung und Misshandlung älterer Menschen eine gewisse soziale Akzeptanz erfahren", sagt Vitalis Koskei, der Leiter des LWB-Gemeinschaftsdienstes in Dadaab.

Diese Haltung findet sich in zahlreichen Gesellschaften, wird aber durch die allgemein schwierige Situation in einem Flüchtlingslager zusätzlich verschärft. Die Lebensbedingungen können nicht auf die Bedarfssituation älterer Menschen im Lager abgestimmt werden, die medizinische Versorgung ist nicht optimal. Mit nachlassenden körperlichen Kräften schwindet auch die Fähigkeit der Menschen, mit anderen Mitgliedern innerhalb der Gemeinschaft am Leben teilzunehmen.

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist die federführende Organisation, wenn es um die Versorgung von Flüchtlingen mit besonderen Bedürfnissen – darunter auch betagte Menschen – im Dadaab-Komplex geht. Gemeinsam mit anderen Partnern erfasst der LWB ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen, beurteilt ihre Lebenssituation und richtet materielle und psychosoziale Hilfsangebote ein. Jinay gehört zu den Personen, die von dieser Unterstützung profitiert haben.

Wichtige Bereicherung erkennen

Wie 120 weitere ältere Menschen, ist sie mit einer hochwertigen Matratze, Küchenutensilien und einer Solarlampe versorgt worden. Weiterhin nimmt sie an einem Programm für Lebensmittelgutscheine teil und kann im Tausch für die Scheine frische Nahrungsmittel beziehen und ihre Ernährung verbessern. „Das ist ein Geschenk Gottes", sagt Jinay. „Der Gutschein kam zu rechten Zeit, als ich ihn am dringendsten brauchte".

Weiterhin nimmt sie an psychosozialen Betreuungsveranstaltungen teil, wo sie andere Menschen in vergleichbarer Lage trifft. Die Gruppe hat einen Ausschuss mit 30 älteren Menschen eingesetzt, der Jinay zur Vorsitzenden gewählt hat. Der Ausschuss setzt sich gegenüber der Lagerleitung für die Bedürfnisse älterer Menschen ein und trägt den zuständigen Organisationen sicherheitsrelevante Themen vor.

„Es ist an der Zeit, dass wir ältere Menschen als eine wichtige Bereicherung für die Gemeinschaft ansehen", findet Jinay. „Sie sind oft die Hüter von Werten und Normen, die für die Gemeinschaft wichtig sind.  Wir müssen diese Fähigkeiten erkennen, für uns nutzen und stärken, anstatt ältere Menschen nur als Last zu begreifen. Wenn wir nur sehen, was alte Menschen nicht mehr leisten können, und wenn wir vergessen, über welche Fähigkeiten sie verfügen, dann haben wir schon die wichtigsten Gründe für die Altersdiskriminierung genannt, die wir alle bekämpfen sollten. Wenn die Welt mehr Organisationen wie den Lutherischen Weltbund hätte, dann wäre diese Welt für uns Ältere ein besserer Ort."

Der LWB ist der federführende operationelle Partner für die Grundschulerziehung, die Unterstützung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen und für die psychosoziale Betreuung der Menschen im Flüchtlingslager Kambioos in Dadaab. Diese Betreuungsarbeit wird vom UNHCR, der Kirche von Schweden, dem Australischen Lutherischen Weltdienst und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika unterstützt. Das Gutscheinprogramm für frische Lebensmittel wird von der Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt.

Ein Beitrag von Abdi Ore (Standortleiter soziale Einrichtungen), Milgo Dubow (Sozialreferent) und Vitalis Koskei (Leiter des Gemeinschaftsdienstes) des LWB-Teams in Dadaab, Kenia. Redaktion und Übersetzung: LWB Kommunikationsbüro.