Der Glaube als Berufung und Ressource in der Einen Welt

Martin Junge, Generalsekretär des LWB, hält ein Referat zum Thema „Reformation und unsere Verantwortung für die Eine Welt“ bei der Partnerschaftstagung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Sachsen, die in Meißen, Deutschland, stattfand. Foto: EVLKS

 

LWB-Generalsekretär Martin Junge bei der Internationalen Partnerschaftskonferenz in Meißen

„Wie ist das mit eurem Glauben, und was bedeutet dieser Glaube für die moralische, humanitäre und politische Diskussion des Schutzes von Flüchtlingen?“ – Diese Anfrage erhielt der Lutherische Weltbund überraschenderweise vom Flüchtlingskommissariat der UNO (UNHCR), berichtet Pfarrer Dr. h.c. Martin Junge, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB). Überraschend deswegen, weil noch bis vor kurzem Organisationen mit Skepsis betrachtet wurden, die ausdrücklich religiös geprägt seien. Inzwischen gebe es neben den NGOs, den non-governmental organisations, die FBOs, die faith-based organisations, als anerkannte und gefragte Akteure bei der Bewältigung der Herausforderungen der Gegenwart, wie etwa Krieg und Gewalt, Klimawandel, die Schere zwischen Arm und Reich. Dies gehe einher mit einer „riesigen Erwartung“ diesen FBOs gegenüber.

Auf der Partnerschaftstagung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Sachsen, die vom 9. bis 14. Juni in Meißen, Deutschland, stattfand, hielt Martin Junge einen Vortrag zum Thema „Reformation und unsere Verantwortung für die Eine Welt“. Er stellte das Thema, mit dem der LWB das 500. Reformationsjubiläum feiert – „Befreit durch Gottes Gnade“ – mit seinen Unterthemen „Erlösung – für Geld nicht zu haben“, „Menschen – für Geld nicht zu haben“ und „Schöpfung – für Geld nicht zu haben“ als den „Versuch eines zeitgemäßen, öffentlichkeitsrelevanten Ansatzes“, in den Mittelpunkt seines Referates. Sein Fazit: „Freiheit findet ihre Grenzen in sozialen und ökologischen Beziehungen“. Was lutherische Theologie im 16. Jahrhundert noch nicht sehen konnte, was jedoch in einer fortwährenden Reformation heute ausformuliert werden müsste, sei die Einsicht, dass „menschliche Freiheit, insofern von Gott geschenkt, ihre relationale Bindung nicht nur am leidenden Nächsten, sondern auch an Gottes seufzender Schöpfung ausrichten wird“.

Junge unterstrich, dass der Begriff der „Einen Welt“ zwar oft genutzt werde, dass es aber kein ausgeprägtes Bewusstsein dafür gebe, „dass die Welt tatsächlich eine ist, und dass keine andere als diese eine Welt zur Verfügung steht.“ Momentan ließe sich sogar eine gegenteilige Entwicklung beobachten mit Tendenzen zu Entfremdung, Rückzug und einem Hang zur Fragmentierung und Abschottung. Vor diesem Hintergrund komme den in partnerschaftliche Beziehungen eingebundenen Kirchen eine wichtige Rolle zu: „Statt sich den zentrifugalen Kräften der Entfremdung und Distanzierung zu beugen, ist ihnen die zentripetale Ressource der im Evangelium Jesu Christi und durch die Taufe begründeten Beziehungen zu Eigen.“ Es gelte, „das verbindende, brückenbauende Beharren“ als prophetisches Zeichen in eine polarisierte Welt zu setzen.

Innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Sachsen gibt es 26 Partnerschaften in zahlreiche Länder: Von Afrika, Nordamerika über zahlreiche Länder Europas bis ins ferne Indien und nach Papua-Neuguinea reichen die Beziehungen aus Sachsen von Kirchgemeinden, Kirchenbezirken, Einrichtungen und die der Landeskirche. Zu den 100 Gästen der Partnerschaftstagung zählten auch Repräsentanten anderer Kirchen, so u.a. aus Russland, den USA, Tansania und Papua-Neuguinea.