Damit die Stimmen von Flüchtlingen gehört werden

Gemeinsamer Einsatz für Menschen in Not: LWB- und UNHCR-Mitarbeitende in Kamerun. Foto: LWB/Albin Hillert

Webinar über den Globalen Pakt für Flüchtlinge und die Bedeutung von FBOs

GENF, Schweiz (LWI) – Glaubensgestützte Organisationen (faith-based organizations – FBOs) spielen eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung von Rechten für Flüchtlinge und wenn es darum geht, die Anliegen dieser Menschen zu Gehör zu bringen. Da sie eng mit humanitären Hilfsorganisationen und auch Glaubensgemeinschaften vor Ort zusammenarbeiten, können sie hier dringend erforderliche koordinierende Aufgaben übernehmen. Diese im Glauben verwurzelten Organisationen können nach Aussage von Maria Immonen, Direktorin der für humanitäre Hilfe zuständigen Abteilung für Weltdienst des LWB, deshalb schnell und unkompliziert mit Gemeinschaften kooperieren, die oft Ersthelfer sind, und ebenfalls hoch entwickelte Systeme der humanitären Hilfe ergänzen.

In einem Webinar mit dem Titel „Der Globale Pakt für Flüchtlinge und die Rolle der aus dem Glauben handelnden Organisationen“ haben Vertreter und Vertreterinnen der deutschen und der italienischen Regierung und auch des LWB-Partners Islamic Relief Worldwide die möglichen Aufgaben glaubensgestützter Organisationen innerhalb des Globalen Pakts erörtert.

Ersthelfer

„Wenn es um Flüchtlinge geht, dann sind es oft die örtlichen Glaubensgemeinschaften, die Kirchen, die Moscheen und die Tempel, die zuerst zur Stelle sind und helfen“, sagte Atallah Fitzgibbon, Berater für Glaubenspartnerschaften bei Islamic Relief Worldwide (IRW).  Sie „versorgen die Flüchtlinge nicht nur mit Nahrungsmitteln und Unterkünften und sorgen für ihren Schutz, sondern übernehmen im Anschluss daran auch die Aufgabe, die Flüchtlinge zu integrieren und für ihre Akzeptanz in der neuen Umgebung zu sorgen.  Aus dem Glauben handelnde Akteure funktionieren als Gemeinschaft, während andere Organisationen eher nur institutionelle Hilfestellung geben.“

Alle Webinarteilnehmenden erkannten die „wichtige Rolle“ der Glaubensgemeinschaften bei der Integration von Flüchtlingen in ihre neuen Aufnahmegemeinschaften an. Pit Köhler, Leiter des Referats für multilaterale humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amts Deutschland, hat besonders auf das Engagement von Organisationen der Diakonie für Neuansiedlungsprogramme unter privater Kostenträgerschaft hingewiesen. Deutschland gehörte zu den Organisatoren des Globalen Flüchtlingsforums 2019 in Genf und verfolgt seither nach Aussage Köhlers eine Multistakeholder-Strategie. „Die positiven Auswirkungen, die Glaubensgemeinschaften und glaubensgestützte Organisationen auf den Respekt und das Verständnis innerhalb der Aufnahmegemeinschaften haben, können nicht hoch genug bewertet werden.“

Francesco Luciani, Referatsleiter Migration und Binnenvertreibung im Generaldirektorat für Internationale Partnerschaften, ging näher auf das Engagement lutherischer und katholischer Gemeinschaften besonders in Süditalien ein. Die engen Beziehungen zu den Gemeinschaften tragen dazu bei, menschliche Notlagen schnell zu erkennen und dafür zu sorgen, dass Hilfsgüter entsprechend verteilt werden. „Hier finden wir eine Entschlossenheit und auch Kapazitäten, die es in anderen Organisationen in dieser Form kaum gibt“, sagte Luciani. „Die starken Werte und Grundsätze aus dem Glauben handelnder Organisationen sind ebenfalls ein Garant für den Erfolg.“

Unterschiedliche Strategien sind hinderlich

Glaubensgemeinschaften und das humanitäre System vereint zwar ein gemeinsames Anliegen, erfahren aber bei der Zusammenarbeit auch einige Hindernisse. Unterschiedliche Strategien, Systeme und Begrifflichkeiten sind nach Aussage von IRW-Berater Fitzgibbon eine Herausforderung für eine vertiefte Kooperation. „Wir sprechen unterschiedliche Sprachen. Glaubensgemeinschaften verstehen oft den gesetzlichen Kontext nicht. Auf der Seite der humanitären Akteure gibt es Bedenken wegen der Abwerbung von Gläubigen, fehlender Überparteilichkeit oder mangelnder Gesetzestreue.“

Glaubensgestützte Organisationen wie der LWB oder IRW spielten in dieser Situation eine wichtige Rolle, erklärte Immonen vom LWB. „Wir können mit dem humanitären System zusammenarbeiten, weil wir die gleiche Sprache sprechen“, sagte Immonen. „Wir sprechen aber auch die Sprache der Glaubensgemeinschaften.“ Sie forderte zusätzliche und langfristige Ressourcen, um örtliche Glaubensgemeinschaften zu unterrichten und sie in ihrer wichtigen Aufgabe zu unterstützen. 

Lasst die Flüchtlinge für sich selbst reden

Die Kenntnis beider Systeme bedeutet auch, dass diese aus dem Glauben handelnden Organisationen in der einzigartigen Lage sind, Advocacy-Arbeit bei nationalen und internationalen Menschenrechtsmechanismen zu leisten und so dafür zu sorgen, dass Flüchtlingsrechte zur Sprache kommen. Sie ging in diesem Kontext auf die „Local-to-Global“-Strategie des LWB und die Mitarbeit am Universellen Periodischen Überprüfungsverfahren des UN-Menschenrechtsrates ein.  Der LWB legt regelmässig Parallelberichte vor und bindet Delegationen aus dem Gemeinschaften in seine humanitären und Entwicklungsprogramme ein, um ihre Situation auf einer internationalen Bühne zu erklären.  

„Die Stimmen, die wir in diese Runden einbringen, und die Missbrauch und Ausgrenzungen ansprechen, müssen von den betroffenen Menschen selbst kommen“, sagte Immonen. „Das allein hat schon in sich selbst eine bestärkende Wirkung.“