COP26: Über Glaubensgrenzen hinweg für Klimagerechtigkeit

Religiöse Führungspersonen trafen sich am Sonntag, 31. Oktober, zu einem interreligiösen Gottesdienst in der Garnethill-Synagoge. Alle Fotos: LWB/Albin Hillert

Religiöse Führungspersonen erheben gemeinsame Stimme

GLASGOW, Schottland/GENF (LWI) – COP26 hat begonnen. Am Tag der offiziellen Konferenzeröffnung versammelten sich der Lutherische Weltbund (LWB) und religiöse Führungspersonen aus verschiedenen Religionen und Traditionen. Sie trafen sich in Glasgow, um gemeinsamen den dringenden Forderungen nach Klimagerechtigkeit Ausdruck zu verleihen.

Am Sonntag versammelten sich in der Garnethill-Synagoge religiöse Führungspersonen aus etwa zehn verschiedenen Religionen zu einem interreligiösen Gottesdienst und einer Talanoa-Dialogsitzung, um Erfahrungen auszutauschen und Wege zu finden, wie die Glaubensgemeinschaften ihre Bemühungen zur Verminderung der globalen Klimakrise verstärken können.

An der Veranstaltung nahmen mehr als 200 Personen teil, sowohl vor Ort, als auch online. Sie war so gestaltet worden, damit Stimmen aus aller Welt gehört werden konnten und nicht nur diejenigen, die persönlich in Glasgow anwesend waren.

Die Veranstaltung bot durch die Talanoa-Methode Raum zur Erörterung der wichtigsten Botschaften für die kommenden zwei Wochen, in denen verschiedene religiöse Gruppen versuchen werden, die Verhandelnden zum Handeln zu drängen.

Der Weltklimarat (IPCC) hat kurz vor den Klimaverhandlungen in Glasgow einen Bericht veröffentlicht, der zeigt, dass sich die Welt derzeit auf einem „katastrophalen Weg“ der globalen Erwärmung befindet. Damit werde das Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erwärmung auf  1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, nicht erreicht, so UN-Generalsekretär Antonio Guterres.

Auf einem Schild beim Veranstaltungsort der Klimakonferenz der Vereinten Nationen COP26 in Glasgow steht „UN Climate Change Conference UK 2021“ (UNO-Klimakonferenz UK 2021).

Die Wissenschaft ist unmissverständlich: Um überhaupt eine Chance zu haben, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss die Welt ihre Emissionen in den nächsten zehn Jahren halbieren und bis Mitte des Jahrhunderts eine Netto-Null-Emission erreichen. Selbst bei einem Anstieg um 1,5 Grad wird die globale Erwärmung überall schwerwiegende Auswirkungen auf Ökosysteme, die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden haben. Doch wenn nicht dringend Maßnahmen umgesetzt werden, wird prognostiziert, dass die Welt einen Temperaturanstieg von bis zu 3.2 Grad erleben wird. Mit desaströsen Folgen.

Deshalb ist es so ungeheuer wichtig, Menschen aller Glaubensrichtungen in allen Bereichen der Zivilgesellschaft zu mobilisieren, um die Regierungen dazu zu bewegen, dringend zu handeln.


Der UN-Klimagipfel COP26 wird als die wichtigste Klimakonferenz seit langem angesehen. Sie findet nach dem Abschluss des ersten 5-Jahres-Zyklus statt, der in den Pariser Abkommen von 2015 beschrieben wurde. Das bedeutet also, es ist das erste Mal, dass Länder zu den sogenannten nationally determined contributions (NDCs; national festgelegte Beiträge) Bericht erstatten. Und was noch viel wichtiger ist: dass sie ihre Ziele für den nächsten Zyklus deutlich erhöhen.

Rabbiner Ephriam Mirvis, Oberrabbiner des orthodoxen Judentums und des Commonwealth, eröffnete die Veranstaltung in der Garnethill-Synagoge und sprach leidenschaftlich über das Engagement der Religionen für Klimagerechtigkeit als „heiliger Akt“.

Nora Antonsen von der Norwegischen Kirche ist eine der 32 Jugenddelegierten, die den LWB beim COP26 vertreten. Sie stellte fest, wie kraftvoll es sein kann, wenn sich verschiedene Religionen im Kampf gegen den Klimawandel zusammenschließen und für Klimagerechtigkeit einsetzen.

„Es gibt mir neue Hoffnung für die Welt, wenn ich sehe, dass Menschen unterschiedlichen Glaubens zusammenstehen, obwohl sie in den Medien häufig so dargestellt werden, dass sie sich aufgrund ihrer religiösen Unterschiede nicht verstehen“, so Antonsen.

„Wir sorgen uns alle um unsere Schwestern und Brüder. Und Klimagerechtigkeit ist ein wirklich wichtiger Teil davon. Es gibt mir Hoffnung und Motivation für die Zukunft, dass gläubige Menschen tatsächlich ein Motor und Beschleuniger in der Arbeit sein können, die wir für Klimagerechtigkeit auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene leisten“, so Antonsen.

Mari Valjakka, Pfarrerin und indigene Sami-Pastorin für die Evangelisch-Lutherische Kirche Finnlands, einer LWB-Mitgliedskirche, sprach über die Beziehungen zum angestammten Land der indigenen Völker auf der ganzen Welt und darüber, wie wichtig diese Beziehungen für das Handeln in Sachen Klima sind.

Pfarrerin Mari Valjakka, eine indigene Sami und Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands, spricht ein Gebet während eines interreligiösen Gottesdienstes in der Garnethill-Synagoge in Glasgow, der am Eröffnungstag der UN-Klimakonferenz COP26 mit Vertreterinnen und Vertretern aus mehr als zehn verschiedenen Religionen stattfand.

„Unser Stammesland ist nicht Ödland, das darauf wartet, ausgebeutet zu werden. Als indigene Völker glauben wir, dass wir die Weisheit haben, wie wir im Frieden mit unserem Planeten leben können. Bitte lasst uns diese Weisheit teilen“, drängte sie.

Shahin Ashraf, Leiterin für globale Advocacy-Arbeit bei Islamic Relief Worldwide, betonte einmal mehr die Dringlichkeit der aktuellen Verhandlungen. „Wir werden vielen Herausforderungen begegnen, doch ich sage euch, Schwestern und Brüder, die Chancen werden ebenfalls zahlreich sein“.

Zur Frage der Erwartungen an den Klimagipfel sei die Antwort: „Wir wollen mehr Geld, wir wollen einen Plan, wir wollen Wirtschaft, wir wollen Verteilung und wir wollen Gerechtigkeit“, so Ashraf.

Die religiösen Gemeinschaften verschafften ihren Stimmen in Glasgow von Anfang an Gehör.

Zu Beginn dieses Sonntags versammelten sich Hunderte von religiösen Führungspersonen zu einer interreligiösen Mahnwache auf dem George Square im Zentrum von Glasgow. Sie gaben eine gemeinsame Erklärung ab, in der die Regierungen aufgefordert wurden, das Pariser Abkommen in die Tat umzusetzen und sich den „gemeinsamen Gebeten mit allen, die sich für eine erfolgreiche COP26 einsetzen“ anzuschließen.

Interreligiöse Mahnwache auf dem George Square am Eröffnungstag der Konferenz der Vereinten Nationen zum Klimawandel COP26 in Glasgow.

Bischof Mark Strange von der Episcopal Church in Scotland, der sowohl an der Mahnwache als auch an dem interreligiösen Gespräch in Garnethill teilnahm, sagte: „Wir sind alle hier, um aktiv zu werden und die Sache voranzutreiben, aber das alles betrifft uns auch. Ich möchte, dass ihr alle darüber nachdenkt, wie sich das alles auf euch auswirkt. Was ihr tut ist wichtig.“

Von Albin Hillert. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk, Redaktion LWB/A. Weyermüller

Der LWB nimmt an der 26. UN-Klimakonferenz (COP26) teil, die vom 31. Oktober bis 12. November in Glasgow, Schottland, stattfindet. Dieses Engagement ist Teil der laufenden Bemühungen der lutherischen Weltgemeinschaft, Klimaschutzmaßnahmen und Anwaltschaft auf allen Ebenen zu stärken. Junge Menschen sind hierbei wichtige Akteure des Wandels und bilden den größten Teil der LWB-Delegation zur COP26.