Antwort der Kirchen auf Leiden der Menschen und der Schöpfung stärken

LWB-Konsultation für die Region Nordamerika 2013. Foto: ELKA

500-jähriges Reformationsjubiläum legt Schwerpunkt auf Gegenwart und Zukunft

Genf, 20. September 2013 (LWI) – Das 500-jährige Reformationsjubiläum, das 2017 gefeiert wird, werde aus der Vergangenheit schöpfen, um die Antwort der Kirchen auf das Leiden der Menschen und der Schöpfung heute zu stärken, kündigte der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfr. Martin Junge, an.

In seiner Rede auf der „Word and World“-Konferenz (Wort und Welt) am 12. September im „Luther Seminary“ in Saint Paul im US-Bundestaat Minnesota, erklärte Junge, die Reformation habe im 16. Jahrhundert zu einem religiösen und sozialen Wandel geführt, bei den Jubiläumsfeierlichkeiten 2017 hingegen werde man sich auf die Gegenwart und die Zukunft konzentrieren.

„Es geht um das Heute, und, soweit möglich, auch um das Morgen, und darum, wie das machtvolle Evangelium der Rechtfertigung und der Freiheit durch Gnade allein auch heute noch seine Wirkung entfaltet“, erklärte der chilenische Theologe Junge.

Menschen und Schöpfung sind keine Ware

In seiner Rede zum Thema „Reformation and Inculturation: Towards the 500th Anniversary of the Lutheran Reformation“ (Reformation und Inkulturation: Auf dem Weg zum 500-jährigen Jubiläum der lutherischen Reformation) kündigte Junge an, dass die Bekundung „Nicht für Geld zu haben“, die auch Luther mit Blick auf den Ablasshandel vertrat, in den Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum Ausdruck finden wird, und hob so hervor, dass weder Erlösung noch die Menschen noch die Schöpfung käuflich oder bezahlbar sind.

Während sich der Protest Luthers auf die Praxis des Ablasshandels bezogen habe, mit der aus der Verzweiflung der Menschen und ihrem Bedürfnis nach der Gewissheit, Erlösung zu erfahren, Profit geschlagen wurde, werde das Thema 2017 breiter gefasst, um zu reflektieren, wie die Kirchen heute in vielfältiger Weise für eine gerechtere Welt eintreten, erklärte Junge.

„‚Nicht für Geld zu haben‘ ist daher keine nostalgische Umformulierung der alten Konflikte des 16. Jahrhunderts, sondern eine Methode, eines der Kernprobleme der heutigen Zeit anzusprechen: die Kommodifizierung der Verzweiflung und der Sehnsucht von Milliarden Menschen auf unserer Welt nach Vollständigkeit, Beziehungen und Heilung.“

Die Kirche sei zu seelsorgerischer und diakonischer Begleitung aufgerufen, erklärte Junge, und dass er dafür bete, dass das Reformationsjubiläum den Kirchen in aller Welt eine Hilfe bei ihrer Arbeit mit dem menschlichen Leiden und dem Stöhnen der Schöpfung sein werde.

„Es geht um das Evangelium Jesu Christi, nicht um Martin Luther. Es geht um die menschliche Familie, nicht um Wittenberg oder Deutschland. Es geht um einen zutiefst theologischen und spirituellen Prozess mit weitreichenden Konsequenzen für unser Verständnis von der Welt und der Art der Lebensgestaltung, zu der uns das Evangelium aufruft“, so Junge.

Es wäre eine Tragödie, wenn die jüngsten ökumenischen Entwicklungen wie beispielsweise die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre mit der Römisch-katholischen Kirche oder die Versöhnung mit unseren mennonitischen Brüdern und Schwestern bei den Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum ausser Acht gelassen würden, fügte der LWB-Generalsekretär hinzu.

Globale Dimension

Die Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum 2017 werden ausserdem die globale Dimension der lutherischen Reformation in den Vordergrund stellen. Die lutherische Reformation ist heute eine Weltbürgerin, so Junge.

„Sie ist um Welt gereist und hat auf allen Kontinenten Wurzeln geschlagen. Es sind Kirchen entstanden, in denen die Botschaft der Reformation kulturell verankert ist und durch neue, spezifische Perspektiven weiterentwickelt und ergänzt wird“, erläuterte er.

So hat sie sich zum Beispiel bei den Dalit, den so genannten „Unberührbaren“, in Indien etabliert, die dank des Abendmahls ein Verständnis davon erlangen konnten, wie Gottes bedingungslose Liebe ihr Leben beeinflussen kann.

„Indem sie die Unberührbaren berührt, macht die lutherische Reformation diese bedingungslose Liebe Gottes auf sehr eindrucksvolle Art und Weise deutlich“, sagte er abschliessend.   

Tagung in Nordamerika

Während seines Besuchs in den Vereinigten Staaten traf sich der Generalsekretär mit der Führung der LWB-Region Nordamerika, um verschiedene Fragen zu den regionalen Ausprägungen des LWB und den Beziehungen zu besprechen.

Anlässlich der regionalen Konsultation am 12. September in Chicago traf Junge auch erstmals die designierte Leitende Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), Pfarrerin Elizabeth A. Eaton.

„Es war eine gute Gelegenheit, die neue Führung unserer Mitgliedskirche in den USA kennenzulernen und über die Vision und die Ziele des LWB zu sprechen“, so Junge.