Anglikanische Perspektiven zur Rechtfertigungslehre
Spürbare Begeisterung für Reformationsjubiläum 2017
Genf, 3. Mai 2016 (LWI) – Neben weiteren, die ökumenischen Beziehungen betreffenden Beschlüssen, die der Anglikanische Konsultativrat bei seiner jüngsten Tagung fasste, hat das Gremium auch die lutherisch-katholische Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GE) bestätigt und die anglikanischen Kirchen aufgerufen, das Reformationsjubiläum 2017 zu feiern.
Der Bischof von Tampere (Finnland), Dr. Matti Repo, nahm an der Tagung des Leitungsgremiums der Anglikanischen Kirchengemeinschaft teil, die Mitte April in Lusaka (Sambia) stattfand, und fühlt sich ermutigt angesichts der Begeisterung, die spürbar wurde bei den Diskussionen zu beiden Themen, Themen die, so Repo, jeweils „auf die Gnade Gottes und die uns in Jesus Christus geschenkte Erlösung“ verweisen.
Repo vertrat bei der Tagung des Konsultativrats als ökumenischer Gast den Lutherischen Weltbund (LWB). Im Namen des LWB lud er die Anglikanische Kirchengemeinschaft ein, den Inhalt der vom Weltbund und der römisch-katholischen Kirche 1999 unterzeichneten GE ihrerseits zu bestätigen. Weiterhin überbrachte er den Vorschlag, die anglikanische Seite möge die Bedeutung des 500. Reformationsjubiläums würdigen, das 2017 begangen wird.
Im Gespräch mit der Lutherischen Welt-Information (LWI) berichtete Repo, das Thema, das der LWB für das Reformationsjubiläum gewählt habe – „Befreit durch Gottes Gnade“ – und seine Unterthemen, die betonen, Erlösung, Menschen und Schöpfung sind „für Geld nicht zu haben“, seien „mit starkem Interesse und grosser Begeisterung aufgenommen“ worden und einige Teilnehmende hätten sie als sehr hilfreich für den eigenen Kontext bewertet.
Das anglikanische Gremium hat seinerseits die anglikanischen Kirchen ermutigt zu gemeinsamen Gottesdiensten, wissenschaftlicher Arbeit und Missionsaktivitäten mit lutherischen und anderen ökumenischen Partnern anlässlich des Jubiläums.
Durch die Bestätigung der GE hat die Anglikanische Kirchengemeinschaft „das Heil in Christus durch den Glauben als zentrale ökumenische Überzeugung der christlichen Lehre“ betont und ein weiteres Zeichen des gemeinsamen Willens gesetzt, „vereint zu sein in der katholischen und apostolischen Tradition. – Dr. Matti Repo, Evangelisch-Lutherische Kirche Finnlands
In einem weiteren Beschluss hat der Konsultativrat den Inhalt der GE „begrüsst und bestätigt“, die den jahrhundertelangen Konflikt zwischen katholischer und lutherischer Seite über das entscheidende Thema Rechtfertigung beendete. Auf anglikanischer wie lutherischer Seite teile man das Verständnis, dass „wir […] vor Gott […] gerecht gemacht [werden] allein aus Gnade durch Glauben […] und nicht aufgrund unserer eigenen Werke oder Verdienste.“ Der Konsultativrat würdigte ausserdem die anglikanisch-katholische Erklärung aus dem Jahr 1986 zum Thema „Das Heil und die Kirche“, in der beide Seiten ihre Übereinstimmung erklärten in wesentlichen Aspekten der Lehre vom Heil und der Rolle der Kirche hierbei.
Durch die Bestätigung der GE habe die Anglikanische Kirchengemeinschaft „das Heil in Christus durch den Glauben als zentrale ökumenische Überzeugung der christlichen Lehre“ betont und ein weiteres Zeichen des gemeinsamen Willens gesetzt, „vereint zu sein in der katholischen und apostolischen Tradition“, so Repo, der dem Bistum Tampere der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands vorsteht.
Mittlerweile haben also zwei weitere weltweite christliche Gemeinschaften – 2006 die methodistische und nun 2016 die anglikanische - die GE bestätigt.
Einheit der Kirche
Canon Dr. John Gibaut, Direktor für Einheit, Glauben und Kirchenverfassung bei der Anglikanischen Kirchengemeinschaft, stellte fest, diese Beschlüsse seien „eine Art und Weise, im Blick auf 2017 unsere Unterstützung für die katholische wie die lutherische Seite zu zeigen“ und ein „kleiner Beitrag zur Einheit der Kirche, die 1999 durch die GE auf so wundersame Art vorangebracht wurde.“
Gibaut führte aus: „Die anglikanischen Stimmen, die ich gehört, und die Inhalte der Tischgruppenberichte, die ich gelesen habe, stehen sehr positiv zu [dem Beschluss], und sehen die GE nicht als ausschliesslich lutherisch/römisch-katholischen Text, sondern einen Text, der nach immer breiterer Rezeption verlangt.“
Eine offiziellere, öffentliche, feierliche Bekundung dieser Beschlüsse ist für 2017 vorgesehen, unter Beteiligung sowohl lutherischer als auch römisch-katholischer Leitungsverantwortlicher. Der Anglikanische Konsultativrat ermutigte zudem die anglikanischen Kirchen in anderen Regionen, Möglichkeiten zu prüfen für eine Vertiefung der Beziehungen zu LWB-Mitgliedskirchen auf formell theologischem Wege entsprechend den Empfehlungen des Berichts der Internationalen anglikanisch-lutherischen Kommission aus dem Jahr 2012, „To Love and Serve the Lord“ (Liebt den Herrn und dient ihm).
Der Anglikanische Konsultativrat fördert die Zusammenarbeit der Mitglieder der Anglikanischen Kirchengemeinschaft. Er hat beratende Funktion im Blick auf die Organisation und Struktur der Kirchengemeinschaft und arbeitet an der Entwicklung gemeinsamer Grundsätze im Blick auf die weltweite Mission der Kirche, einschliesslich ökumenischer Angelegenheiten. Der anglikanisch-lutherische Dialog auf Weltebene reicht zurück bis in die 1970er Jahre, aktuell liegt er in den Händen des Internationalen anglikanisch-lutherischen Koordinierungsausschusses.
Im Jahr 2017 blicken LutheranerInnen und KatholikInnen auf 50 Jahre kontinuierliche Dialogarbeit zurück, mehr Hintergrund dazu bietet das jüngst erschienene Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“.