Abschlussprüfung an Grundschulen im Flüchtlingslager Ajoung Thok

Schülerinnen und Schüler der Napata-Schule im südsudanesischen Flüchtlingslager Ajoung Thok absolvieren ihr Primarstufenexamen. Foto: LWB-Südsudan

LWB-Programm ermöglicht Bildung in Konfliktgebieten

(LWI) – Inzwischen dürften sie wissen, ob sie genug gelernt haben: Vom 30. Januar bis 2. Februar 2015 absolvierten im Flüchtlingslager Ajoung Thok 202 SchülerInnen die Abschlussprüfungen der Primarstufe. Sie hatten die Grundschulen Napata und Merowe besucht, an denen Ende 2014 insgesamt 2.574 SchülerInnen angemeldet waren.

„Das ist die erste Gruppe, die in Ajoung Thok ihren Primarabschluss schreibt“, erläutert Annet Kiura, Koordinatorin der Bildungsprogramme des Lutherischen Weltbundes (LWB). Die große Zahl an Prüflingen sei auf die politische Krise vom Dezember 2013 zurück zu führen. Wegen der Unruhen seien die landesweiten Schulabschlussprüfungen im Südsudan verschoben worden. Das Examen wird vom Bundesstaat Unity gestellt, der LWB sorgt für den Transport und die Durchführung. Nach erfolgreichem Abschluss können die SchülerInnen der Stufe 8 in die Sekundarschule wechseln.

Der LWB ist seit März 2013 in Auftrag des UNHCR im Lager Ajoung Thok für Bildung und Kinderschutz verantwortlich. Er unterhält drei Primar- und eine Sekundarschule betreibt Kinderschutzzentren und organisiert zusammen mit den Flüchtlingen Kinderschutzsysteme. Damit soll im Flüchtlingslager Bildung, Sicherheit, Widerstandskraft und das psychosoziale Wohlbefinden der Kinder gefördert werden.

Sicheres Lernumfeld

Bei einer anderen Gruppe von SchülerInnen steht die Prüfung noch aus: Es handelt sich um 1.145 Jugendlichen, die am beschleunigten Bildungsprogramm teilnehmen, das erst seit 2014 läuft. Dieses Programm wird finanziert durch Gelder der EU-Initiative „Kinder des Friedens“ und ist auf Jugendliche zugeschnitten, deren Schulbesuch aufgrund gewalttätiger Konflikte unterbrochen wurde. In den südsudanesischen Flüchtlingslagern finden sich viele Teenager, die im Grundschulalter aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Im Lager haben sie oft erstmals seit Langem wieder die Gelegenheit zu einem geregelten Schulbesuch, doch müsste man sie anhand ihrer Bildungsstufe zusammen mit Sieben- und Achtjährigen unterrichten, die natürlich ein ganz anderes Lernverhalten haben. So brechen viele den Schulbesuch endgültig ab.

Das beschleunigte Bildungsprogramm des LWB ist auf diese SchülerInnen zugeschnitten. Innerhalb eines Jahres bearbeiten sie den Lehrplan von zwei Jahren der Primarstufe. Im Frühjahr 2014 waren insgesamt 5.400 Jugendliche aus verschiedenen Flüchtlingslagern und Aufnahmegemeinschaften in das Programm eingeschrieben.

Weiterhin bietet der LWB über 1.700 Flüchtlingskindern in Ajoung Thok sechs so genannte Kinderschutzzentren an. Die Kinder sind von Montag bis Freitag in dieses Programm eingebunden. Pädagogisches Personal beaufsichtigt die Kinder während ihrer Spielzeiten. Am Morgen gibt es ein Angebot für Drei- bis Sechsjährige, nach Schulschluss am Nachmittag werden sie durch die Sieben- bis Siebzehnjährigen abgelöst.

Flüchtlingszuwachs verlangt neue Pläne

In den Kinderschutzzentren wird gesungen, gelesen und gemalt. Die Kinder können sich mit Hula Hoop-Reifen und Bausteinen beschäftigen, Fussball, Korbball oder Domino spielen und bunte Matten flechten. Dazu kommen informelle Bildungsmassnahmen, das Erlernen sozialer Kompetenzen und die Erfahrung, dass die Kinder ein Recht darauf haben, zu spielen. Die Kinderschutzzentren bieten besonders gefährdeten Kindern, wie denen, die unbegleitet und von ihren Familien getrennt sind, ein sicheres Umfeld.

Nach Angaben der Vereinten Nationen leben derzeit etwa 19.000 Menschen in Ajoung Thok, täglich kommen etwa 105 Personen dazu. Die Hälfte der Flüchtlinge sind Kinder, was den Druck auf die wenigen Bildungseinrichtungen und Kinderschutzzentren erhöht.

Grund dafür ist der Konflikt in Südkordofan (Sudan), der Grenzregion zum Südsudan, der an Intensität zugenommen hat. Wichtige Infrastruktur wie Schulen und Krankenhäuser wurde durch Bombardierungen aus der Luft zerstört. „In der Folge hat die Zahl der neuen Flüchtlinge in der Ansiedlung Yida und im Flüchtlingslager Ajoung Thok im Südsudan zugenommen“, berichtet Anne Mwaura, LWB-Teamleiterin in Ajoung Thok.

Konflikt des nördlichen Nachbarn, von dem sich der Südsudan im Jahr 2011 gelöst hatte, sind nur eines der Probleme, die die LWB-Mitarbeitenden, die für die Bildungsangebote für Flüchtlingskinder zuständig sind, bewältigen müssen. Verschärft wird die Situation durch den anhaltenden Konflikt zwischen den verschiedenen Gruppierungen im Südsudan selbst und die Verzögerung bei den Verhandlungen über die Friedensvereinbarung, die derzeit in Addis Abeba laufen. „Ende 2014 haben wir mit deutlich geringeren Zahlen für 2015 geplant, als dies der derzeitigen Anzahl an Kindern in den Flüchtlingslagern entspricht“ führt Mwaura aus. „Jetzt müssen wir einen Plan konzipieren und Mittel erschliessen, um dem erheblich höheren Bedarf zu begegnen, der sich durch die gewachsene Lagerbevölkerung in Ajoung Thok abzeichnet.“