„Wir haben wie eine Familie gefeiert“

Stimmen aus der Weltgemeinschaft: Ratsmitglied Bischof Dr. Jensen Seyenkulo ist Oberhaupt der Lutherischen Kirche in Liberia und Präsident der Lutherischen Gemeinschaft in Zentral- und Westafrika (LUCCWA). Foto: LWB/Albin Hillert

Interview mit Ratsmitglied Bischof Dr. Jensen Seyenkulo

Monrovia (Liberia)/Genf (LWI) – Bischof Dr. Jensen Seyenkulo leitet die Lutherische Kirche in Liberia und ist Präsident der Lutherischen Gemeinschaft in Zentral- und Westafrika (Lutheran Communion in Central and Western Africa – LUCCWA). Dieser gehören zehn LWB-Mitgliedskirchen aus Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik, dem Kongo, aus Ghana, Liberia, Nigeria, dem Senegal und aus Sierra Leone an. Wenn die Vertreterinnen und Vertreter dieser LWB-Mitgliedskirchen zusammenkommen, tun sie dies, um voneinander zu lernen, sich gegenseitig anzuspornen, zu ermutigen und gemeinsam zu feiern. Im Interview beschreibt Seyenkulo, wie sehr die lutherischen Kirchen in Krisenzeiten geschätzt und geachtet werden.

Welches Thema gibt den LUCCWA-Kirchen derzeit den größten Anlass zur Sorge?

In der LWB-Subregion Zentral- und Westafrika, deren Präsident ich bin, gibt es unzählige Probleme. Aber was uns derzeit am meisten beschäftigt, sind die Auswirkungen des Klimawandels in der Region. Wir haben in der Vergangenheit noch nie erleben müssen, dass der Regen uns nicht beim Anbau von Feldfrüchten hilft, sondern es so heftige Niederschläge gibt, dass unsere Felder mit allem und unsere Häuser zerstört wurden und Menschen zu Tode kamen. Es sind nicht nur die Ernten, die verloren gegangen sind, auch Straßen und Brücken wurden weggespült, was es fast unmöglich macht, überhaupt von einem Ort zu einem anderen zu gelangen.

Was unternimmt LUCCWA, um diese Probleme zu mildern?

Einer der Hauptgründe für unsere anstehende Tagung in Dakar (Senegal) ist es, Ideen zu sammeln und zu entwickeln, um auf dieses und viele andere Probleme zu reagieren. Aber bevor wir uns im November zusammensetzen, ist die Lutherische Kirche in Liberia (LKL) eine Partnerschaft mit einer Umweltorganisation eingegangen. Wir wollen dafür sorgen, dass weniger Bäume gefällt werden, indem wir neben der Holzkohleproduktion auch Abfallprodukte als Brennstoff nutzbar machen.

Während der Ebola-Epidemie in Westafrika, von der Guinea, Liberia und Sierra Leone besonders betroffen waren und die ihren Höhepunkt 2014 erreichte, durften liberianische Kirchenleitende – mich selbst eingeschlossen – in die Sperrgebiete gehen, um Hilfsgüter zu verteilen. Das zeigt unser hohes Ansehen in der Gesellschaft.

LUCCWA muss seine Mitglieder unterstützen und ermutigen. Wie zeigen Sie dies?

Die ganze LUCCWA-Gemeinschaft war im vergangenen Jahr zu Gast bei der LKL, um das 500. Reformationsjubiläum zu feiern. Die Tatsache, dass die ganze Gemeinschaft zusammen vor Ort war, hat das Image der LKL sehr viel stärker verbessert, als ich es bisher erlebt hatte. Weil die LUCCWA-Gemeinschaft hier zusammengekommen ist, ist auch die ganze ökumenische Christenheit Liberias zusammengekommen und wir haben wie eine Familie gefeiert. Das Zusammenkommen hat nicht nur geholfen, die christliche Gemeinschaft in Liberia zu vereinen, ich habe von anderen Mitgliedern der Gemeinschaft auch gehört, dass die Kirchenleitenden aus anderen Ländern mit sehr viel mehr Elan zurückgekehrt sind und ihre Motivation für ihren Dienst durch die hier gemachten Erfahrungen noch gestiegen ist. Wir hoffen, dass wir mit unserem Treffen in Dakar ähnlich Erfahrungen machen werden.

Was ist nach Ihrer Meinung als LUCCWA-Präsident der größte Vorteil daran, dass die Kirchen in Zentral- und Westafrika in einer Gemeinschaft zusammenarbeiten?

Durch unsere enge Zusammenarbeit können wir uns von Zeit zu Zeit treffen und voneinander lernen. Durch die Zusammenarbeit vermeiden wir, über Fallstricke und Schwierigkeiten zu stolpern, und übernehmen die Arbeitsansätze von anderen, die zu funktionieren scheinen.

Wie engagiert sich LUCCWA für die weltweiten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)?

Liberia wurde vom LWB als eines von vier Länder weltweit ausgewählt, in denen das Programm „Waking the Giant“ als Pilotprojekt laufen soll. Liberia wurde auf Vermittlung der LKL ausgewählt. Ich sehe ich dem Programm den Versuch, der Gemeinschaft von Gläubigen die Möglichkeit zu geben, unter Beweis zu stellen, dass sie Gelder von großen Geldgeber-Organisationen für die Umsetzung bestimmter Ziele für nachhaltige Entwicklung vernünftig verwalten können. In Liberia gehen wir die Umsetzung der SDGs durch unsere ökumenische Organisation, den Liberianischen Kirchenrat konkret an: Bildung, Gesundheit, Gleichstellung von Männern und Frauen, Reduzierung der Ungleichheiten sowie die Förderung von Frieden und Gerechtigkeit. LUCCWA verfolgt das Engagement des Liberianischen Kirchenrates sehr genau und hofft, von ihm lernen zu können, um einige der dort angewandten Strategien auch in unseren Mitgliedskirchen anwenden zu können.

Gibt es einen oder mehrere konkrete Bibelverse, die für die Kirchen in der LUCCWA-Region eine besondere Bedeutung haben?

Ich persönlich würde sagen: Johannes 10,10, wo Jesus sagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen“. Wir fühlen uns als Vertreterinnen und Vertreter unseres Herrn berufen, ein solches Leben in voller Genüge möglich zu machen. Und das beinhaltet auch, die frohe Botschaft von Jesus Christus zu verkündigen und auf die körperlichen Bedürfnisse all jener zu reagieren, die Gott uns gesandt hat.

 

Stimmen aus der Kirchengemeinschaft:

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft, deren Mitglieder sich gemeinsam für das Werk und die Liebe Christi in der Welt einsetzen. In dieser Reihe präsentieren wir Kirchenleitende und Mitarbeitende, die über aktuelle Themen sprechen und Ideen entwickeln, wie Frieden und Gerechtigkeit in der Welt geschaffen werden und die Kirchen und die Gemeinschaft in ihrem Glauben und ihrem Engagement wachsen können.