Welttag der humanitären Hilfe: Ernährungssicherheit im ressourcenreichen Angola schaffen

Abraham Mushivi ist für die Unterstützung und Förderung einer diversifizierten Landwirtschaft für Rückkehrer in der angolanischen Gemeinde Luau in der Provinz Moxico zuständig. Foto: LWB Angola/Wamana Miji

LWB unterstützt von Landraub und Klimawandel bedrohte Gemeinschaften

LUANDA, Angola/GENF (LWI) – Abraham Mushivi hegt keinerlei Zweifel an den Auswirkungen des Klimawandels auf das Leben der Menschen in Angola, wo er die letzten 15 Jahre mit dem Lutherischen Weltbund (LWB) gearbeitet hat. „Das ist eine unserer größten Sorgen“, sagt er, „denn seit 2012 verschlechtert sich die Situation.“ Fünf Jahre Dürre, dann zwei Jahre mit Überschwemmungen und eine kürzliche Heuschreckenplage bedeuten, dass „sich die Ernährungsunsicherheit in vielen Regionen verschärft und die Menschen kein sauberes Trinkwasser haben.“

Mushivi, der auch unter seinem portugiesischen Namen Abrão bekannt ist, wurde in einem sambischen Flüchtlingslager als Sohn angolanischer Bauern geboren, die 1966 nach Ausbruch des Unabhängigkeitskrieges aus ihrem Land geflohen waren. In der Flüchtlingssiedlung Meheba erhielten die Familien ein kleines Stück Land und Lebensmittelrationen für drei Jahre. Danach mussten sie sich selbst versorgen. Sein Vater war ein begabter Handwerker und brachte anderen Flüchtlingen bei, traditionelle Werkzeuge, Siebe, Pfeil und Bogen, Fischerkörbe und Schlafmatten herzustellen, um sich damit selbst zu versorgen. Mushivi sagt, dass ihn diese frühen Experimente dazu angeregt hätten, Landwirtschaft zu studieren, „damit ich ebenfalls dabei helfen kann Flüchtlinge zu unterrichten, um ihre Ernährungssicherheit zu verbessern.”

Nach weiteren Studien begann er mit Care International im humanitären Bereich zu arbeiten, bevor er sich 1996 dem LWB in Sambia anschloss, der damals noch Christlicher Flüchtlingsdienst von Sambia hieß. Nach seiner Einstellung als Beauftragter für Landwirtschaft und Viehzucht wurde er einige Jahre später gebeten, bei der Verwaltung von Nothilfemaßnahmen mitzuhelfen, als Tausende von Flüchtlingen in den Nordwesten des Landes strömten, um den Konflikten in den Nachbarländern Angola und der Demokratischen Republik Kongo (DRK) zu entkommen.

Nach Beendigung des langen Bürgerkriegs in Angola im Jahr 2002 wurden die meisten Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückgeschickt. Mushivi ging ebenfalls und wurde vom LWB Angola angestellt. In diesem neuen Kontext setzte er seine Fähigkeiten und Erfahrungen ein, als im Land die mühsame Arbeit der Versöhnung und des Wiederaufbaus begann. Er war für die Entwicklung von Programmen zuständig, um die Menschen beim Übergang von der Nothilfe zur Selbstversorgung zu unterstützen. Dafür kaufte er Werkzeuge und Saatgut ein und verteilte sie unter den zurückgekehrten Menschen im Osten des Landes.

Versöhnung und Wiederaufbau nach dem Krieg

Besonders herausfordernd sei die Integration der Menschen gewesen, die die Kriegsjahre in Sambia, der DRK oder in internen Flüchtlingssiedlungen verbracht hatten. „Viele von ihnen wurden in den Camps geboren und sprachen kein Portugiesisch. Meine Aufgabe war es, all diesen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen dabei zu helfen, sich in Angola ein neues Zuhause zu schaffen,” erinnert sich Mushivi. Nachdem er selbst Schwierigkeiten hatte, Portugiesisch zu lernen und sich zu integrieren, wusste er, dass die Rückkehrenden nicht nur Ausbildung, Saatgut und Werkzeuge brauchten, sondern dass es insbesondere nötig war, in ihnen „Hoffnung und Zuversicht auf eine bessere Zukunft zu wecken.”

Er denkt, eine Grundvoraussetzung für Flüchtlinge und Rückkehrende ist es, „zu wissen, dass ihnen ihre Rechte jederzeit genommen werden können, ihre Würde ihnen aber niemand nehmen kann, unabhängig von ihrem Status.” Die erste Aufgabe bestehe darin „sie dieser Würde zu versichern. Und als Nächstes müssen sie ihre Not mit Nachbarn und Freunden teilen, um einen Geist der Solidarität und des Vertrauens in die Zukunft zu schaffen.” 

Nationale und internationale Advocacy-Arbeit

Heute ist Mushivi Landeskoordinator des LWB in Angola. Er lebt in der Hauptstadt Luanda und leitet 30 Mitarbeitende und mehrere hundert Ehrenamtliche in drei Regionalbüros im Süden und Osten des Landes. Er kann viele Erfolge vorweisen, insbesondere die Einrichtung von Dorfentwicklungsausschüssen, in denen die Menschen ausgebildet werden, um lokale Entwicklungsprojekte zu leiten und für ihre Rechte auf lokaler, regionaler, nationaler und auch internationaler Ebene einzutreten.

„Wir konzentrieren uns darauf, die Menschen darin zu bestärken, für ihre Rechte einzustehen,” sagt er und weist auf die Schwierigkeiten hin, mit denen Bauern konfrontiert sind, wenn große Unternehmen versuchen, ihnen ihr ressourcenreiches Land wegzunehmen. Trotz boomender Wirtschaft und dem Aufbau von städtischer Infrastruktur „fehlt es den Menschen in ländlichen Gebieten immer noch an grundlegenden Dingen,” sagt er weiter. „Die Straßen sind schlecht, es gibt kein Wasser, keine Schulen für die Kinder und keine Medikamente in den Krankenhäusern. Deshalb fordern sie, dass die Regierung und die großen Unternehmen einen Teil ihres Geldes wieder in ihre Gemeinschaften investieren.” Anfang des Jahres wurden in der Provinz Luanda Norte mindestens zehn Menschen getötet, als Sicherheitskräfte auf Demonstrierende schossen, die in der diamantenreichen Stadt Cafunfu für bessere öffentliche Dienstleistungen wie Wasser und Strom protestierten. 

Der LWB arbeitet mit finanzieller Unterstützung von Brot für die Welt und nutzt einen „Ansatz vom Lokalen zum Globalen, der die Menschen auf Gemeindeebene stärkt”, erklärt Mushivi. Zu den jüngsten Initiativen gehört ein nationaler Workshop über die von der Regierung vorgeschlagenen Änderungen des Landgesetzes. Ein zweiter Schulungsworkshop befasst sich mit der Nachverfolgung der Empfehlungen des Universellen Periodischen Überprüfungsverfahrens der Vereinten Nationen für Angola. „Wir versuchen die Menschen vorzubereiten, bevor die Landraub-Probleme eskalieren, indem wir Landtitel legalisieren, Bauernvereinigungen reglementieren und Dörfer durch die Demarkierung von Gemeindeland schützen”, so Mushivi.

Ressourcenmanagement und Katastrophenvorsorge

Doch trotz dieser Erfolge macht sich Mushivi Sorgen um die Zukunft seiner Wahlheimat. Fast zwei Jahrzehnte nach Ende des Krieges „gerät die nationale Wiederversöhnung aus den Augen und die Zivilgesellschaft wird zunehmend für politische Interessen manipuliert.” Die COVID-19-Pandemie verschärfte für viele Menschen die Probleme mit der Ernährungssicherheit. Außerdem sehe er immer deutlicher die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels, wenn er in den ländlichen Gebieten herumreise.

„Die Situation ist sehr schlecht. Unterernährung nimmt aufgrund der Dürren und Überschwemmungen sowie der Heuschreckenschwärme, die letztes Jahr einen Großteil der Ernte im südlichen Afrika zerstört haben, zu”, sagt er. Er fügt hinzu, dass die Menschen Nahrungsmittelhilfen, Wasser und sanitäre Anlagen benötigten. In einigen Gebieten müssten Dorfbewohnerinnen und -bewohner bis zu 25 Kilometer laufen, um Bohrlöcher für sauberes Wasser zu finden. Künstliche Stauseen, die Chimpaka genannt werden, sind eine weitere Wasserquelle für Haushalte und Vieh. Sie enthalten aber kein Trinkwasser und trocknen mehrere Monate im Jahr vollständig aus.

Zu den wichtigsten Aspekten von Mushivis Arbeit gehören heute die Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und die Katastrophenvorsorge in diesen abgelegenen ländlichen Gemeinden.

LWB Angola ist die seit längstem in Angola tätige internationale Nichtregierungsorganisation. Seit 1986 wurden die Tätigkeiten immer wieder angepasst, von Nothilfe zur Entwicklungshilfe und dem Aufbau von Resilienz und Nachhaltigkeit für Kleinbauern, die einer zunehmend unsicheren Zukunft entgegensehen.

Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk, Redaktion: LWB/A. Weyermüller