Wasser nach dem Erdbeben

Ein Kind stillt seinen Durst an der Wasserstation, die der LWB Nepal und seine lokale Partnerorganisationen HURADEC im zur Gemeinde Jiri zählenden Dorf Pattitar gebaut haben. Foto: LWB/M. Timsina

LWB repariert Wasserversorgungssysteme in Nepal

THANGDUR, Nepal/GENF (LWI) – Noch vor einigen Monaten benötigten Gapalmo Thokra und ihr Ehemann Thsering Fincho Thokra, die im nepalesischen Bezirk Rasuwa leben, jeden Morgen bis zu vier Stunden, um Wasser zu holen. Das Erdbeben im April 2015 hatte zu einem Erdrutsch geführt, der die Wasserspeicher und -leitungen verschüttete. 120 Liter Wasser benötigt die fünfköpfige Familie zum Kochen und Trinken und um die drei Büffel, zwei Rinder und fünf Ziegen zu tränken.

Ein Viertel aller Wasserleitungen beschädigt

Inzwischen hat sich die Situation in Thangdur wieder anders verbessert. Das Dorf gehört zu den Orten, an dem der lutherische Weltbund (LWB) Nepal gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen die Wasserversorgung wiederhergestellt hat. Die örtliche Gemeinde war federführend bei dem Projekt. Tshering Fincho Thokra war der Leiter des Projekts zur Wiederherstellung der Trinkwasserversorgung in Hugdung. „Der LWB Nepal und die BATAS-Stiftung stellten das notwendige Material zur Verfügung“, berichtet er. „Sie bauten einen Wasserspeicher an der Quelle, einen Vorratsbehälter, eine Wasserstation und Leitungen. Die Einheimischen erledigten die Maurerarbeiten und stellten auch die übrige Arbeitskraft.“ Heute können Thokra und seine Nachbarn ihr Wasser wieder ganz in der Nähe holen.

Die Bereitstellung von Trinkwasser war eines der Hauptprobleme nach dem Erdbeben der Stärke 7,8, das Nepal im Jahr 2015 erschütterte. Die Bedarfsermittlung nach der Katastrophe, die von der nepalesischen Regierung durchgeführt worden war, ergab, dass ein Viertel aller Wasserleitungen in den 14 am stärksten von dem Erdbeben betroffenen Bezirken zerstört oder beschädigt waren. Die Kosten für die Reparatur wurden von der Regierung auf etwa 1,8 Milliarden US-Dollar geschätzt; eine hohe Summe in einem Land, in dem die meisten Menschen weniger als einen Dollar pro Tag zum Leben haben.

Mithilfe des LWB Nepal konnte die Wasserversorgung in den Bezirken Rasuwa, Sindhupalchowk, Dolakha, Lalitpur, Kathmandu und Kavre wiederhergestellt werden.

„Nun bekommen wir nicht nur sauberes Trinkwasser, sondern haben jetzt auch einen sicheren Platz zum Baden“, freut sich Parbati Ghimire aus Baramchi. Die Menschen in ihrem Dorf waren gezwungen, Wasser aus Bewässerungskanälen als Trinkwasser und zum Waschen zu verwenden. Als unmittelbare Antwort auf die Situation bauten der LWB und sein lokaler Partner Mahila Srijanashil Pariwar (GMSP) eine neue Wasserstation. Zudem bauten sie einen Wasserspeicher wieder auf und schufen eine öffentliche Badestelle.

Mehr Zeit zum Bauen und Lernen

Im Dorf Pattitar im Bezirk Dolakha hat der LWB zudem eine Wasserstation für die örtliche Schule gebaut, die bei dem Erdbeben vollständig eingestürzt und anschliessend an einem anderen Platz wiederaufgebaut worden war. „Ich bin dem LWB Nepal sehr dankbar, dass sie die Trinkwasserstation in der Schule gebaut haben“, sagt Sanman Bishwokarma, ein Einwohner der Gemeinde Jiri in Bezirk Dolakha. Der 50 Jahre alte Mann hatte der Gemeinde Land zur Verfügung gestellt, damit die Grundschule neu errichtet werden konnte.

Diese Beispiele aus unterschiedlichen Orten zeigen, wie wichtig die Versorgung mit sauberem Wasser ist. Die Einrichtung einer Wasserstation in der Gemeinde hat nicht nur das Trinkwasserproblem gelöst. Die örtliche Bevölkerung kann die Zeit, die sie bisher zum Wasser holen gebraucht hat, nun nutzen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Kinder, und insbesondere die Mädchen, haben nun mehr Zeit, um zur Schule zu gehen. Zudem hat die nepalesische Regierung inzwischen neue Musterunterkünfte genehmigt, so dass viele Menschen in der Gemeinde froh sind, die freigewordene Zeit zum Wiederaufbau ihrer neuen, festen Häuser nutzen zu können.

„Früher verbrachte meine Familie jeden Tag um die sechs Stunden damit, Wasser zu holen. Nun können wir die Zeit nutzen, um Ackerbau und Viehzucht zu betreiben sowie für politische Diskussionen“, erklärt der 37 Jahre alte Bebi Thokra, ein örtlicher Politiker, der bei den kommenden Wahlen für die nepalesische Regierung kandidiert.

Gesellschaftliches Engagement

Der LWB Nepal und seine Durchführungspartner haben die örtlichen Gemeinden beim Wiederaufbau der Wasserversorgungssysteme mit ins Boot geholt. Die Gemeinde war bereits an den ersten Schritten der Planungsphase beteiligt und spielte beim Aufbau der neuen Systeme eine Schlüsselrolle. Es wurden Wasserausschüsse gegründet, um die Wiederaufbauprojekte umzusetzen. Die Wasserausschüsse waren dafür verantwortlich, die Materialien zu beschaffen, die zum Wiederaufbau benötigt wurden, während der LWB Nepal und seine Partner finanzielle und technische Unterstützung leisteten.

 

„Die Arbeit mit Wasserausschüssen bedeutet, dass die Gemeinden vor Ort die Umsetzung der Projekte leiten und Entscheidungsträger sind. Ausserdem sorgt diese Vorgehensweise für Transparenz und stärkt die lokale Eigenverantwortung“, erklärt Dr. Prabin Manandhar, Landesdirektor des LWB Nepal.

Im Jahr 2016 hat LWB insgesamt 146 Trinkwassersysteme repariert und wiederaufgebaut. 16 Wassersysteme befinden sich momentan im Bau, und zwar in den Bezirken Rasuwa, Sindhupalchowk, Dolakha, Lalitpur, Kavre und Kathmandu. Die meisten bereits reparierten Netzwerke zur Wasserversorgung befinden sich in den Bezirken Lalitpur und Sindhupalchowk.

In Sindhupalchowk, dem Bezirk, der von dem Erdbeben im Jahr 2015 wahrscheinlich am schlimmsten betroffen war, haben der LWB und seine Partnerorganisationen insgesamt 47 Wassersysteme repariert, von denen mehr als 12.700 Menschen profitieren.

Die im Jahr 2015 von der UN auf den Weg gebrachten Ziele für nachhaltige Entwicklung beinhalten unter anderem das Ziel, sicherzustellen, dass jeder Mensch bis zum Jahr 2030 Zugang zu sauberem Wasser hat. Wasser wird hierbei zu einem zentralen Thema im Kampf zur Beseitigung extremer Armut.