USA: Rassismus an der Basis bekämpfen

Bischöfin Patricia Davenport von der Synode Südostpennsylvania der ELKA. Foto: ELKA

ELKA-Bischöfin: viele kirchliche Mitarbeitende „an vorderster Front“ tätig

PHILADELPHIA, USA/GENF (LWI) – Die Unruhen und Proteste in den Vereinigten Staaten von Amerika nach der Tötung eines Afroamerikaners durch einen Polizisten böten gläubigen Menschen die Gelegenheit, „unsere Glaubensüberzeugungen praktisch zu leben, wirklich umzusetzen, was wir predigen, und unser Leben nach den Lehren Jesu Christi zu gestalten“.

Bischöfin Patricia Davenport leitet die Synode Südostpennsylvania der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA). Lutherische Gemeinden in und um Philadelphia gehören zu dieser Synode. Davenport wurde 2018 als erste afroamerikanische Frau in der ELKA zur Bischöfin gewählt.

Als sich die Demonstrationen und Unruhen als Reaktion auf die Tötung von George Floyd in Minneapolis am 25. Mai im ganzen Land ausweiteten, so Davenport, „kann ich gar nicht in Worte fassen, wie sehr mich das emotional bewegt; ich war wie benommen, als ich mir anschaute, was im ganzen Land, aber auch hier in meiner Nachbarschaft passiert.“ Sie verurteilte die Krawalle und Plünderungen, betonte aber auch: „Ich kann den tief sitzenden Schmerz der Menschen nachvollziehen und auch, dass dieser Schmerz und der Frust rausgelassen werden müssen.“

Worte reichen nicht mehr

Wenn sie darüber nachdenke, wie sie „allen Menschen helfen kann, denen sie zu dienen berufen ist“, könne sie nur eine Erklärung der ELKA empfehlen, in der die ELKA ihre Selbstverpflichtung bekräftigt, Rassismus und Vorstellungen von „White Supremacy“ (Überlegenheit der Weißen) bekämpfen zu wollen. Gleichzeitig aber unterstreicht sie, dass Worte allein nicht mehr ausreichten. „Wann werden wir unseren Glauben endlich praktisch leben, uns wirklich vor Ort engagieren und darauf hinarbeiten, das verlorene Vertrauen wiederaufzubauen?“, fragt sie.

Viele bei der ELKA angestellte Pfarrerinnen und Pfarrer und Diakoninnen und Diakone seien „an vorderster Front dabei, würden sich an den friedlichen Protesten beteiligen oder einfach ein offenes Ohr bieten, um den Menschen bei der Verarbeitung des Geschehenen zu helfen“, so die Bischöfin, denn die Kirche müsse Rassismus an der Basis bekämpfen. „Wir bieten Gelegenheiten für Dialog, lassen die Menschen ihre Geschichte erzählen und über die Wahl von lokalen Amtsträgerinnen und Amtsträgern sprechen, denn genau da, auf lokaler Ebene, muss die Veränderung anfangen“, sagt sie.

Die ELKA sei mit ihren 65 Synoden in den gesamten USA und Puerto Rico eine bunte und facettenreiche Gemeinschaft, erzählt Davenport. „Mancherorts, wo die Menschen überzeugt sind, dass es keinen systemischen Rassismus gibt, wird es schwierig werden, Veränderungen herbeizuführen“, erklärt sie. Andernorts aber „fordern die Menschen gemeinsam mit öffentlichen Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern Veränderungen in der Ausbildung der Polizeikräfte, fordern dass Würgegriffe verboten werden und engagieren sich für den Wiederaufbau von Beziehungen innerhalb von Gemeinwesen“.

Interreligiöse Solidarität

Die Bischöfin bedankte sich bei den katholischen, muslimischen und jüdischen Mitgliedern im Rat der religiösen Führungspersonen der Stadt, die gemeinsam für Frieden gebetet hätten: „Unser Solidaritätsmodell ist gut, denn alle Glaubensgemeinschaften sind gleichermaßen betroffen von der Situation“.

Davenport erinnert daran, dass sich am 17. Juni die Ermordung von neun afroamerikanischen Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern in Charleston, South Carolina, zum fünften Mal jähren würde, und erklärt, dass sie sehr dankbar sei, „dass unsere Leitende Bischöfin Elizabeth Eaton eine Predigt geschrieben hat, die in der ELKA verbreitet werden soll, damit Gemeinden und Pfarrerinnen und Pfarrer etwas aus der Situation lernen können. Wir dürfen niemals vergessen, dass der junge Mann (der Schütze, Dylann Roof) in einer lutherischen Kirche groß geworden ist und dass die Liste der Opfer weit, weit zurückreicht bis zu all den afroamerikanischen Frauen und Männern, die gelyncht wurden. Es gibt noch sehr viel zu tun.“

Auf die Frage, ob die jüngsten Morde an Floyd und anderen afroamerikanischen Männern und Frauen ein Wendepunkt im Kampf gegen Rassismus darstellen könnten, sagt Davenport: „Wenn wir glauben, was wir in den Medien sehen, nämlich, dass zahlreiche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Gouverneurinnen und Gouverneure klar Stellung beziehen, ja, dann glaube ich, dass es gewisse Veränderungen geben wird. Und wenn auch das Wahlvolk dann bei den anstehenden Wahlen eine klare Antwort gibt, glaube ich, dass die deutliche Botschaft der Menschen an die Machthabenden und die Tatsache, dass Führungspersonen sagen, genug ist genug, zu Veränderungen führen wird.“