Tschechische Republik: Herausforderungen in der kirchlichen Jugendarbeit

Pfarrer Jan Brtníček bei der Konsultation für Kirchenleitende der Region Mittel- und Osteuropa 2022 in Bratislava. Foto: ECAC SR/Jana Nunvárová

Jugendleiter berichtet über Sinnsuche in postfaktischen Gesellschaften

(LWI) – Als Teenager in der Tschechischen Republik hat Jan Brtniček die meiste Zeit seiner Teenie-Jahre allein in seinem Zimmer mit seinen Lieblingscomputerspielen verbracht. Er ist das jüngste von drei Geschwistern und hatte keinerlei Interesse an der Kirche; er wollte Karriere in der IT-Branche machen.

Aber mit 17 nahm sein Leben aufgrund der Drogenabhängigkeit einer seiner älteren Brüder eine unerwartete Wendung. Sein Bruder war einige Male in der örtlichen Gemeinde gewesen und begann um Heilung zu beten und sich auf den Weg der Genesung zu machen. „Eines Abends flehte er Gott an, ihn zu erretten, und dann wachte er am nächsten Morgen mit einem Gefühl von Hoffnung und Heilung auf“, erinnert sich Brtniček. 

Über zwei Jahre erzählte Brtničeks Bruder immer wieder, dass Gott seine Gebete erhört habe, als er am Boden lag und keine Hoffnung mehr gehabt habe. Daraufhin fing auch Brtniček an, die bisher eingeschlagene Ausrichtung und den Sinn seines Lebens in Frage zu stellen. Und ungeachtet des anfänglichen Widerstands seiner Eltern beschloss er, sein IT-Studium abzubrechen und sich stattdessen einem Theologie-Studium zuzuwenden, um sich später zum Pfarrer ordinieren zu lassen.

Säkularität und soziale Medien

Mit seiner Entscheidung schlug Brtniček in der Tschechischen Republik keinen einfach Weg ein, denn das Land ist eines der laizistischsten Länder der Welt – mehr als drei Viertel der Menschen dort rechnen sich selbst keiner Kirche und keiner Glaubensgemeinschaft zu. Auch wenn seine Eltern die Berufsentscheidung inzwischen voll und ganz unterstützen, fragen andere, was die Zukunft wohl bringen werde, weil die Regierung plant, jegliche finanzielle Unterstützung der Kirchen bis 2030 komplett einzustellen.

„Meine Kirche, die Schlesische Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses, versucht, sich gut darauf vorzubereiten“, erklärt Brtniček. „Wir glauben fest daran, dass die Menschen die finanziellen Mittel für die Gehälter ihrer Pfarrschaft auftreiben werden, wenn sie verstehen, wie wichtig es ist, dass es die Kirchen gibt.“ Die COVID-Pandemie habe zu einem Rückgang der Gottesdienstbesuchenden geführt, „aber viele junge Menschen wenden sich der Kirche zu, um einen Sinn in ihrem Leben zu finden.“

Inzwischen ist Brtniček ordiniert und arbeitet als Leiter der Abteilung für Jugendarbeit seiner Kirche. Es ist ihm ein großes Anliegen, das Evangelium auch für Menschen relevant und zugänglich zu machen, die jünger sind als er selbst. Mit seinen 26 Jahren ist ihm bewusst, welch große Bedeutung die sozialen Medien im Leben und der Sprache der Kinder und jungen Erwachsenen spielen und dass die dezentrale Peer-to-Peer-Kommunikation die effektivste Methode für die Verbreitung der Botschaft des Evangeliums ist.

„Mit TikTok und BeReal kenne ich mich nicht wirklich aus und muss mich daher auf Jüngere verlassen, die sich mit diesen Plattformen einfach besser auskennen“, sagt er. „In den letzten Jahren hatten wir zwar unsere gesamtkirchlichen Jugendversammlungen, aber wir hatten nicht ausreichend Zeit, uns gut darauf vorzubereiten; also haben wir die jungen Leute gebeten, sich einzubringen und Verantwortung für die Organisation der gesamten Veranstaltung zu übernehmen, damit sich ihre Gleichaltrigen angesprochen fühlen.“

Immer mehr junge Menschen kämpften mit Angststörungen und Depressionen, erzählt Brtniček und fügt hinzu, dass sie von den Falschinformationen und Fake News, die sie überall im Internet finden, leicht verunsichert würden. „Die größte Herausforderung für uns in unserer postfaktischen Gesellschaft ist es, das Wort Gottes, das seit Jahrhunderten und Jahrtausenden Bestand hat, auf eine Art und Weise zu vermitteln, die die Menschen anspricht“, sagt er.

Brtniček war auch Delegierter bei der jüngsten Kirchenleitendenkonferenz des Lutherischen Weltbundes in Mittel- und Osteuropa und tauschte sich dort engagiert mit anderen Jugenddelegierten aus der Region über diese Herausforderungen aus. „Wenn wir Lösungen finden wollen, ist es wichtig, dass wir uns zusammensetzen und einander zuhören, dass wir jungen Menschen Raum geben, um über ihre Probleme und Schwierigkeiten zu sprechen“, erklärt er. „Wir können nicht alle Probleme der Welt lösen, aber wenn wir uns Zeit nehmen und einen Raum eröffnen, dass Jesus zu uns sprechen kann, werden wir verstehen, was wir nach Gottes Willen tun sollen.“

LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Andrea Hellfritz, Redaktion: LWB/A. Weyermüller