Tschechische Diakonie unterstützt syrische Flüchtlinge im Nachbarland Jordanien

Erik Siegl von der tschechischen Diakonie mit Caroline Tveoy vom LWB und Mitarbeitenden des Weltdienst-Programms in Jordanien vor dem Aman-Gemeindezentrum in Zarqa. Foto: LWB/Jordanien

Finanzierung von grundlegenden Bildungsangeboten und beruflicher Ausbildung

AMMAN, Jordanien/GENF (LWI) – Ein Jahrzehnt nach dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien kommt der Lutherische Weltbund (LWB) weiterhin seiner Verpflichtung nach, für grundlegende allgemeine und berufliche Bildung zu sorgen und psychosoziale Unterstützung für Tausende von Flüchtlingen zu leisten, die im Nachbarstaat Jordanien Zuflucht gefunden haben. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie ist die Nachfrage nach diesen Leistungen sowohl im Flüchtlingslager Za‘atari als auch in Zarqa, der zweitgrößten Stadt Jordaniens, deutlich gestiegen. 

Erik Siegl leitet internationale Projekte für die tschechische Diakonie, dem Hilfs- und Entwicklungswerk der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB), das die Arbeit des LWB in Jordanien seit Beginn des Einsatzes dort im Jahre 2012 unterstützt. Siegl ist soeben von einem Besuch der Region zurückgekehrt und zeigte sich beeindruckt davon, wie sich die Programme verändert und auf die zahlreichen Herausforderungen der Pandemie eingestellt haben.

Zehn Jahre nach Beginn der Kämpfe in Syrien gibt es immer noch mehr als sechseinhalb Millionen Binnenvertriebene. Weitere 6,6 Millionen Menschen sind aus dem Land geflüchtet, die meisten von ihnen haben Schutz in Nachbarländern gesucht. 80.000 Flüchtlinge befinden sich im Lager Za‘atari im Norden Jordaniens in der Nähe der syrischen Grenze. Sie haben nur geringe Aussichten auf eine Rückkehr in die Heimat, bis eine politische Lösung für den Konflikt gefunden wird.

2019 hat sich die tschechische Diakonie mit finanzieller Unterstützung der tschechischen Regierung besonders für die Gründung und den Betrieb des Smurf Centers eingesetzt, eines Kindergartens für Flüchtlingskinder im Vorschulalter. „Es ist ein großartiges Projekt, und wir sind stolz darauf, ein Teil davon zu sein“, sagt Siegl. Allerdings sei das Zentrum aufgrund der COVID-19-bedingten Einschränkungen fast während des gesamten vergangenen Jahres geschlossen gewesen.

Zu anderen LWB-Aktivitäten, die von der EKBB mit finanzieller Hilfe der Regierung unterstützt werden, gehört ein Livelihood-Projekt, das Kompetenzen vermittelt und Mikrokredite zum Aufbau von Kleinunternehmen vergibt. Als die Pandemie ausbrach, erhielt eine Näherei 10.000 Euro, um Alltagsmasken zu produzieren und im Lager zu verteilen. Der Betrieb war die einzige Nichtregierungsorganisation (NGO), die vor Ort kostenlose Masken für die Menschen im Lager herstellte.

„Dem LWB und der finanziellen Unterstützung durch das tschechische Innenministerium und andere Geldgeber ist es zu verdanken, dass Masken und Hygiene-Sets an fast alle Haushalte im Lager verteilt werden konnten“, sagt Siegl. Er erwähnt auch, wie erfolgreich die Organisatoren und Organisatorinnen der Näherei in der Lage waren, sich auf neue Herausforderungen einzustellen und nicht nur essenzielle Projekte zur Sicherung der Lebensgrundlage durchzuführen, sondern ebenfalls wichtige beratende Funktionen wahrzunehmen und vor der Pandemie zu schützen.

Im Gouvernement Zarqa wurden die pandemiebedingten Beschränkungen in den Stadtgebieten inzwischen weitgehend aufgehoben. Siegl besuchte dort das „Aman“-Gemeinschaftszentrum („Aman“ bedeutet „Sicherheit“), in dem ein äußerst geschäftiger Betrieb herrschte und das inzwischen auf ein zweites Stockwerk innerhalb des Gebäudes vergrößert wurde. „Es war motivierend zu sehen, dass immer mehr Kurse sowohl online als auch inzwischen wieder als Präsenzveranstaltungen angeboten werden. Das hat die Reichweite dieser dringend erforderlichen Aktivitäten deutlich erhöht“, sagt er.

Begleitet von der Leiterin der EKBB-Diakonie, Kristina Ambrozova, und Personal des Jordanien-Teams des LWB konnte Siegl sich selbst davon überzeugen, wie Kinder und Erwachsene an Kunst- und Musikworkshops, Englisch-Sprachkursen sowie Sport- und Zumba-Kursen teilnehmen. Es stehen außerdem Angebote wie Ernährungsberatung und psychosoziale Unterstützung für junge Menschen in einer sicheren Umgebung zur Verfügung.

„Wie überall“, sagt Siegl, „steigt die Nachfrage nach diesen Dienstleistungen infolge der Pandemie und der wirtschaftlichen Notlage. Die meisten Familien haben nicht das Geld, solche Aktivitäten für sich und ihre Kinder zu bezahlen, das Zentrum bietet diese Kurse deshalb kostenfrei an. Es war bewegend zu beobachten, wie motiviert diese Kinder neue Fähigkeiten lernten, Freunde und Freundinnen trafen und einfach Freude am Leben hatten.“

Stärkung lokaler NGOs

Siegl fügt hinzu, dass er „einen absolut positiven Eindruck von der Arbeit der syrischen und jordanischen Freiwilligen“ gewonnen habe, die die meisten der Kurse im Zentrum durchführen. „Sie sind sehr kompetent, fähig und engagiert“, sagt er und beschreibt in diesem Zusammenhang auch, wie der LWB sich dafür einsetzt, die Arbeit und die Präsenz der örtlichen NGOs in Jordanien zu unterstützen und zu stärken.

Die regionale LWB-Programmkoordinatorin, Caroline Tveoy, die Jordanien ebenfalls zum ersten Mal nach Beginn der Pandemie besucht hat, äußerte sich positiv über die „aktive und seit langem bestehende Partnerschaft mit der EKBB-Diakonie und über die finanzielle Unterstützung der tschechischen Regierung und der tschechischen Botschaft in Amman.“  Sie fügte hinzu: „Ohne solche Partnerschaften wären wir nicht in der Lage, die syrischen Flüchtlinge und gefährdete Menschen in Jordanien weiter zu unterstützen. Das gilt besonders für die 18 Monate seit Ausbruch der Pandemie. Wir wissen, dass die Not größer ist als jemals zuvor. Es ist sehr hilfreich zu wissen, dass sich alle Beteiligten dazu verpflichtet haben, die Arbeit in Jordanien fortzusetzen.“

„Das Gemeinschaftszentrum ist ein einmaliger Ort, an dem Menschen Freude empfinden und wo sie ihre alltäglichen Sorgen eine Weile vergessen können“, sagt Siegl. „Niemand sieht für die Krise in Syrien ein Licht am Ende des Tunnels. Die zunehmende Nachfrage nach unseren Leistungen zeigt einmal mehr, wie wichtig die Anwesenheit des LWB hier ist.“

Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller