Seminar in Nigeria vermittelt Kenntnisse über unregulierte Migration und Menschenhandel

Eines der Ziele des neuen Kurses in Nigeria ist es, die Advocacy-Aktivitäten unter Jugendlichen in Schulen und Universitäten des Landes zu verstärken. Foto: SoH Nigeria

Studierende und Lehrkräfte des „Symbols of Hope“-Programms informieren in Kirchengemeinden und Gemeinschaften

YOLA, Nigeria/GENF (LWI) – Zu den Absolventen und Absolventinnen des Bronnum Lutheran Seminary (BLS) in Yola im Nordosten Nigerias, die im Juni 2022 ihren Abschluss machen, gehört auch die erste Gruppe Studierender, die einen neuen Orientierungskurs zu den Themen unregulierte Migration und Menschenhandel belegen.

Der fakultative Kurs ist aus dem Symbols of Hope (SoH)-Programm der Kirche entstanden und wurde seit Oktober allen Studierenden des Abschlussjahres des Seminars der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria (LKCN) angeboten. Der Schwerpunkt des Kurses liegt auf Advocacy-Arbeit und diakonischen Aktionen, um den Menschenhandel innerhalb des westafrikanischen Landes und in anderen Ländern zu stoppen. Der Lutherische Weltbund (LWB) unterstützt diese Initiative, an der drei Mitgliedskirchen in Afrika beteiligt sind. Dies sind neben der LKCN die Äthiopische Evangelische Kirche Mekane Yesus (ÄEKMY) und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Simbabwe.

Der BLS-Kurs bietet Orientierung zu drei Themen: Migration und die Bibel; die Antwort der Kirche auf Menschenhandel und geschlechtsspezifische Gewalt; sowie Trauma-Heilung und psychosoziale Unterstützung.

Pfarrer Emmanuel Suberwope Gabriel, LKCN-Seelsorger und nationaler Koordinator bei SoH Nigeria, gehört dem BLS-Fakultätsteam an, das den Kurs mit zwei konkreten Zielen entwickelt hat. Erstens „wollen wir in den Kirchen Pfarrer, Predigerinnen, Lehrkräfte, Beschäftigte in der Diakonie und Gemeinschaftsleitende haben, die das Problem der unregulierten Migration und des Menschenhandels und die damit verbundenen Risiken verstehen“, sagte er. Zweitens „wird von den Absolventinnen und Absolventen erwartet, dass sie ihre Zielgruppen in die Lage versetzen, die Bibel als das erklären zu können, was sie ist – allumfassend – ohne zuzulassen, dass die Kultur den Platz von Frauen und jungen Menschen in Frage stellt.“ 

Menschen stehen nicht zum Verkauf

Gabriel sagte, dass es zum Beispiel beim Menschenhandel nicht nur darum gehe, Nigeria zu verlassen, um dann über Libyen nach Europa zu gelangen. Die Menschenhändler gehen in die Dörfer und überzeugen Familien, die für die Versorgung ihrer Familien kämpfen, ihnen ihre jungen Töchter anzuvertrauen und ihnen zu glauben, dass sie den Mädchen einen Arbeitsplatz in der Stadt besorgen. Diese Kinder enden aber als Sexarbeiterinnen oder Haushaltssklavinnen. „Unser Ziel besteht darin, den Seminarteilnehmenden den Kontext besser zu vermitteln und den Gemeinde- und Gemeinschaftsmitgliedern zu erklären, dass Menschen nicht zum Verkauf stehen. Menschenhandel betrifft nicht nur den Leib Christi, sondern die Gesellschaft insgesamt.“

Nach einer Umfrage der nigerianischen Regierung aus dem Jahr 2020 über die Gefahren unregulierter Migration in den Bundesstaaten Delta, Edo, Imo und Lagos berichtete eine große Zahl  heimkehrender Migrantinnen und Migranten, Männer wie Frauen, über menschenunwürdige Unterbringung, sexuellen Missbrauch, Hunger, Sklaverei und Zwangsarbeit. In allen vier Bundesstaaten gaben mehr als 70 Prozent der Heimkehrenden an, keinen Pass oder kein Visum zu haben.

Menschenhändler haben es meist auf arbeitslose junge Menschen abgesehen, die Unsummen für riskante Transfers bezahlen. Sie finden den Tod aufgrund gewalttätiger Übergriffe, oder sie ertrinken im Mittelmeer, wenn ihre Schlauchboote sinken. Es gibt allerdings auch im Land selbst eine große Zahl von Kindern und Minderjährigen, die Opfer des Menschenhandels werden und als billige Arbeitskräfte oder in der Leibeigenschaft enden.

Aufklärung und Inspiration

Dieser Kurs und andere SoH-Aktivitäten in Nigeria sind eine gute Motivation für mehr Engagement besonders in Schulen und an Universitäten. „Es bereitet mir Freude zu sehen, dass jetzt immer mehr Menschen besonders in der Kirche über Menschenhandel sprechen. Wenn ich die Studierenden frage, sagen manche: ‚Ja, ich habe mit Frauen, mit jungen Menschen und mit Kindern in der Kirche gesprochen‘“, sagte Gabriel. 

Die BLS-Studentin und LKCN-Mitglied Frau Rahab Asama, die Kinder hat und aus dem Bundesstaat Adamawa stammt, erzählt, dass der Kurs sie veranlasst habe, zu jungen Menschen zu sprechen. „Ich bin besser informiert, und ich werde mich einbringen, wann immer ich die Gelegenheit dazu habe. Menschenhandel geschieht direkt vor unseren Augen, aber es wird nicht so ernst genommen wie auf der internationalen Ebene.“

Abgesehen von seiner Advocacy-Arbeit betreut das Symbols of Hope-Programm der LKCN auch heimkehrende Migrierte mit psychosozialer Unterstützung, Qualifizierungsprogrammen und alternativen Möglichkeiten für den Lebensunterhalt. Mehr als 700 Migrationswillige und Heimkehrende wurden für unterschiedliche berufliche Tätigkeiten ausgebildet. Mehr als 160 von ihnen haben alternative Einkommensmöglichkeiten gefunden, und mehr als 350 Überlebende des Menschenhandels haben psychosoziale Unterstützung erhalten. Darüber hinaus gibt es mehr als 210 Geistliche und Beschäftigte in der Diakonie, die seit dem Beginn des Programms im Jahre 2017 daran teilgenommen haben.

Von LWB/P. Mumia. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller