Schmerz und Leid bewältigen

Teilnehmende an der Friedenskonsultation in Simbabwe. Foto: LWB/I.Benesch

LWB-Konsultation ruft zur Stärkung der Friedensarbeit von Kirchen

KADOMA, Simbabwe/GENF (LWI) – Kirchliche Leitungspersonen und Fachleute für Friedensarbeit sollten sich aktiv an Prozessen zur Konsolidierung des Friedens beteiligen. Dies war die Schlussfolgerung der jüngsten Konsultation zur Rolle der religiösen Akteure in der Friedensarbeit, die von 7. bis 9. Dezember 2016 in Kadoma (Simbabwe) stattfand.

An der Konsultation, die gemeinsam vom Lutherischen Weltbund (LWB) und vom Kirchenrat von Simbabwe ausgerichtet wurde, nahmen dreißig Vertreterinnen und Vertreter ökumenischer Gremien sowie Fachleute der Friedensarbeit und Organisationen aus der Zivilgesellschaft teil.

Der emeritierte Bischof Ambrose Moyo hielt einen Vortrag über die Geschichte der Konfliktsituation in Simbabwe und sprach dabei über präkoloniale ethnische Konflikte, die Kolonialisierung und die heutige gesellschaftspolitische Situation in Simbabwe. „Wenn die Gemeinschaften die Gewalttaten der Vergangenheit nicht aufarbeiten, können sie nicht konstruktiv daran arbeiten, vor Ort für Frieden und Gerechtigkeit zu sorgen“, sagte Moyo.

Die Stimme erheben gegen eine Kultur der Gewalt

Im Kontext des ländlichen Simbabwe, wo junge Frauen zum Heiraten gezwungen werden können und wo die Prügelstrafe in Familien und Schulen noch weit verbreitet ist, muss die Kirche gegen diese Kultur der Gewalt protestieren. Die Teilnehmenden einigten sich darauf, dass die Kirche Raum dafür schaffen sollte, den Schmerz und das Leiden anzusprechen und Heilungs- bzw. Versöhnungsprozesse einzuleiten.

In einem gemeinsamen Kommuniqué registrierten die Teilnehmenden der Konsultation „mit Sorge die gemeldeten Fälle von Entführungen und den Gebrauch von Gewalt gegen Demonstranten, in denen sich die aktuelle politische Polarisierung in Simbabwe manifestiert, während sich das Land auf die Parlamentswahlen 2018 vorbereitet.“ Sie sagten außerdem, es sei von ausschlaggebender Bedeutung, die der Gewalt zugrunde liegenden Ursachen zu analysieren und breitere institutionelle Probleme anzusprechen, wenn die heutige fragmentierte Gesellschaft eine Nation werden wolle.

Eyob Yishak, der Koordinator des Friedensbüros der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus, beschrieb die aktuelle politische Situation in Äthiopien und rief die Kirchen dazu auf, einen gesunden Abstand zum Staat zu wahren, damit sie in der Lage sind zu protestieren, wenn Gewalt gegen Bürger eingesetzt wird.

Religion soll eine positive Rolle spielen

Anhand eines Beispiels aus dem Bosnien-Konflikt demonstrierte Dr. Martina Fischer, eine Friedensforscherin bei Brot für die Welt in Berlin (Deutschland), dass die Religion bei der Transformation von Konflikten eine positive Rolle spielen kann. Sie unterstrich, dass spezifische religiöse Akteure konsequent und überzeugend darauf hin gearbeitet haben, Beziehungen zwischen den verschiedenen Religionen herzustellen und zu stärken.

Sie warnte auch davor, dass Religion kompromittiert werden könnte. „Wenn religiöse Akteure in einen Konflikt verwickelt waren, dann wird es für sie schwierig, bei der Friedensarbeit eine konstruktive Rolle zu spielen. Daher muss die kritische Fähigkeit der religiösen Gemeinschaften, sich gegen Instrumentalisierung zu wehren, unbedingt gestärkt werden.“

Dr. Paul Deouyo erläuterte, wie das Länderprogramm des LWB-Weltdienstes in Kamerun örtliche Friedensausschüsse bildet, die sich mit den Konflikten zwischen Flüchtlingen und Gastgemeinschaften befassen. Auf diese Weise werde versucht zu verhindern, dass sich der Konflikt durch die Entstehung wechselseitiger negativer Stereotypen verschärft.

Beteiligung der am meisten Gefährdeten

Eines der Anliegen der Konsultation war es, festzustellen, inwieweit Frauen und junge Menschen, die oft zum am meisten gefährdeten Personenkreis in der Gesellschaft gehören, von den Konflikten betroffen sind. Da sie oft aus den Leitungsgremien von Kirche und Gesellschaft ausgeschlossen sind, werden ihre Interessen häufig nicht berücksichtigt. Die Kirche kann hier ein Vorbild sein, indem sie Frauen und jungen Menschen eine vollständige Teilhabe ermöglicht.

Die Teilnehmenden der Konsultation waren sich darüber einig, dass Hilfe zur Selbsthilfe nötig ist, damit die Kirche ein wirksamer Akteur für konstruktive Veränderung sein kann. Hierbei sollten die Fähigkeiten gestärkt werden, die zur Analyse der Konflikte dienen und zum Verständnis der zugrundeliegenden Ursachen wie auch der tieferliegenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Dynamik, die Konflikte auslöst und fortbestehen lässt. Bischof Moyo unterstrich: „Ein umfassender Ansatz zur Friedensarbeit muss im Hinblick auf die Teilnehmenden inklusiv, im Hinblick auf die Zielsetzung aufrichtig und insgesamt unparteiisch sein.“

Durch den christlichen Glauben gestärkt

Pfarrer Dr. Kenneth Mtata, der Generalsekretär des Kirchenrates von Simbabwe, betinte, dass die Menschenrechte auf eine Art vermittelt werden müssen, die in der Kirche ihren Nachhall findet. „Der christliche Glaube gibt Menschen die Kraft, sich durch Werte wie Liebe und Respekt für die Würde aller leiten zu lassen. Er ermöglicht es der Kirche, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen und gleichzeitig eine kritische Haltung gegenüber Machtmissbrauch einzunehmen.“

Wenn die Kirche mit Erfolg Kontakt zu einer breiten Öffentlichkeit herstellen will, dann „muss sie sowohl solide theologische Überlegungen zu Gewalt und Frieden entwickeln als auch ein vertieftes Verständnis von Konflikttransformation und Menschenrechten“, so Pfarrerin Dr. Simone Sinn, LWB-Studienleiterin für öffentliche Theologie und interreligiöse Beziehungen.