Sammelaktion in Palästina für das Auguste-Viktoria-Krankenhaus

Fadia Fteina, Krankenschwester im Auguste-Viktoria- Krankenhaus und Mitorganisatorin der spontanen Sammelaktion für den Kauf von Krebsmedikamenten, gibt den aktuellen Spendenstand bekannt. Foto: LWB Jerusalem

400.000 EUR für Krebsmedikamente gesammelt

Jerusalem/Genf (LWI) – Nach dem Bericht über die kritische finanzielle Situation des vom Lutherischen Weltbund (LWB) geleiteten Auguste-Viktoria-Krankenhauses (AVH) in Jerusalem haben sich Hunderte von Palästinensern und Palästinenserinnen an einer spontan organisierten Spendenaktion beteiligt, damit das Hospital weiterhin in der Lage ist, Medikamente für die Krebsbehandlung seiner Patienten und Patientinnen zu kaufen. Innerhalb von zwei Tagen wurden fast 400.000 EUR gespendet. „Das zeigt, wie sehr das Auguste-Viktoria-Krankenhaus den Menschen hier in der Gemeinschaft am Herzen liegt. Es ist ein eindeutiges solidarisches Statement des palästinensischen Volkes in einer schwierigen Zeit“, sagte die Jerusalemer LWB-Vertreterin Sieglinde Weinbrenner.

Spenden von Schulkindern und Geschäftsleuten

Nachdem die kritische Finanzlage des Hospitals bekannt wurde, sind Hunderte von Menschen auf den Ölberg gekommen, um ihre Solidarität mit dem Auguste-Viktoria-Krankenhaus zu bekunden. „Die Nachricht, dass das Krankenhaus nicht mehr in der Lage ist, wichtige Medikamente für Krebspatienten und -patientinnen zu kaufen, hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet“, so Weinbrenner.

Mitglieder lokaler Gemeinschaften, darunter eine Krankenschwester des Hospitals, hatten die Initiative zu dieser spontanen Sammelaktion ergriffen. Sie nahmen Geldspenden von Einzelpersonen und privaten Organisationen entgegen, damit das Krankenhaus Krebsmedikamente kaufen kann. „Die Reaktion war überwältigend, niemand hatte damit gerechnet. Innerhalb eines Tages hat das Krankenhaus mehr als 1,5 Millionen Schekel (383.000 EUR) entgegennehmen können, und unser Personal erfasst immer noch eingehende Spenden“, berichtet Weinbrenner.

Das Geld wurde von Palästinensern und Palästinenserinnen in Jerusalem und andernorts gespendet, von Schulkindern, Patientinnen, Geschäftsleuten und Tagelöhnern. „Ein junges Mädchen war betrübt darüber, das Geld für ihr Schulessen als Spenden zu wenig war, und hat sich ihre langen Haare abschneiden lassen und den Verkaufserlös für die Krebsbehandlung von Kindern zur Verfügung gestellt“, erzählte Weinbrenner.

Die Palästinensische Autonomiebehörde ist in erster Linie verantwortlich

Maria Immonen, Direktorin der Abteilung für Weltdienst des LWB, lobte die Spendenaktion besonders deshalb, weil hier eine Gemeinschaft in Krisenzeiten selbst die Initiative ergriffen hat: „Das Engagement dieser Gemeinschaft zu erleben, die sich so sehr mit dem Krankenhaus und seiner lebensrettenden Gesundheitsversorgung für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft identifiziert, ist eine Übung in Demut und Ermutigung gleichzeitig, eine Verjüngungskur für unseren Glauben an eine gemeinsame Menschheit und an die Verantwortung gegenüber den Mitmenschen“, sagte sie.

Sie fügte hinzu, dass es in der Verantwortung der Palästinensischen Autonomiebehörde stehe, dieses Problem zu lösen. „Die Palästinensische Autonomiebehörde ist nach wie vor in erster Linie für diese Situation verantwortlich, sie ist für die Gesundheitsversorgung ihrer Bürger und Bürgerinnen zuständig“, betonte sie und bezog sich dabei auf eine Erklärung des AVH-Aufsichtsrates vom 29. Oktober.

Mit dieser öffentlichen Erklärung des internationalen Aufsichtsrates des AVH vom 29. Oktober 2019 wurde die Öffentlichkeit darüber informiert, dass die Autonomiebehörde ihren Zahlungsverpflichtungen für Patientenbehandlungen  nicht nachgekommen ist. Sie schuldet dem Krankenhaus zurzeit mehr als 45 Millionen Euro. „Damit befindet sich das Hospital einer nicht mehr nachhaltigen finanziellen Situation. Das Krankenhaus ist nicht mehr in der Lage, Arzneimittel oder Geräte zu kaufen, die für die Behandlung der Patientinnen und Patienten gebraucht werden. Damit steht das Recht von Kindern, Frauen und Männern auf Gesundheitsversorgung auf dem Spiel“, heißt es in der Erklärung des Aufsichtsrates.

Der Aufsichtsrat hat deshalb „seine extremen Sorgen über die aktuelle Situation“ mitgeteilt und „fordert die palästinensische Autonomiebehörde nachdrücklich auf, die Hälfte der ausstehenden Beträge unverzüglich zu zahlen, damit das Krankenhaus seine qualitativ hochwertige Versorgung für schwer erkrankte Patientinnen und Patienten aufrechterhalten und die Situation stabilisiert werden kann“.