Organisationen aus dem religiösen Bereich starten 16-tägige Kampagne gegen Gewalt an Frauen

Kingston (Jamaika): In diesem Frauenzentrum erhalten junge Mütter die Chance, nach der Geburt ihres Kindes ihre Schulbildung abzuschliessen. Photo: ÖRK/Peter Williams

Gemeinsame Pressemeldung von Lutherischem Weltbund und Ökumenischem Rat der Kirchen.

Genf, 19. November 2015 – Ein Bündnis von im religiösen Bereich beheimateten Organisationen will gemeinsam gegen das aktuelle beispiellose Mass an Gewalt gegen Frauen und Mädchen vorgehen.

Das Bündnis, dem der Lutherische Weltbund (LWB), die Anglikanischen Kirchengemeinschaft, Islamic Relief Worldwide, Mission 21, der Ökumenische Rat der Kirchen, die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, der Weltbund der Christlichen Vereine Junger Frauen, die Schwedische Kirche und FinnChurchAid angehören, hat bekräftigt, die Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“, die jährlich weltweit stattfindet, müsse auf einer interreligiöser Basis aufbauen.

„Vom häuslichen Frieden zum weltweiten Frieden: Sichere Bildung für alle“ lautet das Thema der diesjährigen Kampagne, die vom 25. November, dem Internationaler Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, läuft.

Nach Angaben von UN Women erleben weltweit ein Drittel aller Frauen im Lauf ihres Lebens körperliche oder sexuelle Gewalt. Über 125 Millionen aller heute in Afrika und dem Nahen/Mittleren Osten lebenden Mädchen und Frauen haben eine Genitalverstümmelung erlitten.

Frühehen, Zwangsehen und fehlende Bildung

Die diesjährige Kampagne nimmt den Zusammenhang zwischen Früh- und Zwangsehen sowie fehlendem Zugang zur Schulbildung in den Blick.

Sie fordert, dass Schulen als geschützte Räume behandelt werden, dass bei Mädchen und ihren Familien mehr Bewusstsein für Gendergerechtigkeit geschaffen wird, dass Übergangsriten und andere gender- oder geschlechtsbezogenen Sozialisierungsprozesse in Kulturen und Religionen als solche wahrgenommen werden und dass der sexuellen und reproduktiven Gesundheit von Mädchen sowie ihren entsprechenden Rechten bei Bemühungen zur Überwindung von Gewalt gegen Frauen und zur Förderung der Selbstbestimmung von Frauen ein hoher Stellenwert eingeräumt wird.

Das Bündnis hat sich auf die gemeinschaftliche und im jeweils eigenen Kontext der einzelnen Organisationen angesiedelte Umsetzung der folgenden Massnahmen verpflichtet:

  • Sammlung von Texten aus der islamischen und christlichen religiösen Tradition, die den Schutz und die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen thematisieren,
  • Werbung für bestehende Initiativen zur Überwindung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, wie Donnerstag in Schwarz, NoXcuses, Imams against Domestic Abuse, das Grundsatzpapier: Gendergerechtigkeit im LWB, We Will Speak Out sowie Stipendien für Frauen, die Theologie studieren.
  • Verbreitung eines Gebets der Klage, des Schuldbekenntnisses sowie eines Segensgebets in Bezug auf Mädchen.
  • Bewusstseinsbildung im Blick auf die wichtige Zusammenarbeit mit EntscheidungsträgerInnen aus dem religiösen Bereich, die zu der Selbstverpflichtung ermutigt werden sollen, keine Eheschliessungen zu vollziehen, bei denen Minderjährige verheiratet werden.

Im Blick auf die Verhinderung von Früh- und Zwangsehen, auf die Eröffnung des Zugangs zu Bildungsmöglichkeiten sowie auf die Befähigung der jeweiligen lokalen Bevölkerung zur Abkehr von der Praxis der Frühehe, insbesondere in Ländern, wo deren Anteil hoch ist, durch die Mobilisierung des Potenzials der Religionsgemeinschaften, will das Bündnis eng mit den Vereinten Nationen und den diplomatischen Vertretungen zusammenarbeiten.

Die Kampagne ist vernetzt mit den Menschenrechtsvertragsorganen und -mechanismen der Vereinten Nationen, etwa dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung der Menschenrechtslage sowie der Resolution 1325 des Sicherheitsrats, die die Rolle von Frauen bei der Verhinderung und Beilegung von Konflikten hervorhebt.

Würde von Mädchen

Pfarrerin Dr. Elaine Neuenfeldt, Referentin für Frauen in Kirche und Gesellschaft beim LWB, erläuterte dazu, das diesjährige Thema biete den Kirchen Gelegenheit, offen und direkt das Problem von Früh- und Zwangsehen zu thematisieren. Ziel der Kampagne sei es, Organisationen aus dem religiösen Bereich und Gemeinden dazu zu ermutigen, ein Bewusstsein für die bedrückende Lebensrealität zu schaffen, mit der so viele Mädchen konfrontiert seien.

VerantwortungsträgerInnen im religiösen Bereich und AktivistInnen auf unterschiedlichen Ebenen sollen angesprochen werden in der Hoffnung, dass sie die Problematik in Predigten, Gesprächen, in Kleingruppen und in der Frauenarbeit thematisieren.

„Wir wollen das Thema in die Öffentlichkeit tragen. Es sollte in der Aufgabenstellung für die öffentliche Arbeit von im religiösen Bereich angesiedelten Organisationen nicht fehlen. Mädchen sollten die Möglichkeit haben, sich als Menschen zu entfalten, und nicht Kinderbräute oder eine Ware sein, mit der man handeln kann“, erklärte Neuenfeldt.

„Wir wollen Mädchen, deren Würde gewahrt wird, die Zugang zu einer Schulbildung haben, die selbst entscheiden und über ihre Zukunft bestimmen können. Das ist unser Traum – eine Welt ohne Gewalt und Diskriminierung.“

Einzelpersonen und Gruppen können sich an der Kampagne beteiligen. Im Verlauf der 16 Tage werden Materialien und Aktionsideen bereitgestellt unter: https://www.oikoumene.org/de/press-centre/events/16-days-of-activism-aga...

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