Ökumenische Netzwerke zur Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt

Das Organisationsteam des ökumenischen Dialogs, der den Beginn der 16-Tage-Kampagne markierte, darunter Nicole Ashwood vom ÖRK (zweite von links) und Sikhonzile Ndlovu vom LWB (dritte von rechts). Foto: CWM/Damon Mkandawire

Die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ mit Webinar eröffnet

(LWB) – Die dringende Aufgabe, führende Kirchenvertreterinnen und -vertreter und Glaubensgemeinschaften darin zu stärken geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen und darauf zu reagieren, war Thema eines Webinars am 24. November, das gemeinsam vom Lutherischen Weltbund (LWB), dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und dem Weltmissionsrat (CWM) organisiert wurde.

Die Veranstaltung, die von der Gesamtafrikanischen Konferenz der Kirchen unterstützt wurde, kennzeichnet den Beginn der jährlichen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“. Der LWB engagiert sich bereits seit langem in dieser Kampagne, die immer vom 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, bis zum 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte, stattfindet.

Dieses Jahr konzentriert sich die Kampagne auf die Kraft der Partnerschaft, unter dem globalen Motto „VEREINIGT EUCH: Aktionen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“. Die LWB-Advocacy-Referentin für Gendergerechtigkeit, Sikhonzile Ndlovu, wies bei der Eröffnung des Webinars darauf hin, dass trotz des wachsenden Problembewusstseins geschlechtsspezifische Gewalt in Ländern auf der ganzen Welt weiter zunehme und zu wenig darüber berichtet werde. Sie sagte: „Es ist wichtig, dass wir die unterdrückenden sozialen, kulturellen und religiösen Normen, die dieser versteckten Pandemie zugrunde liegen, aufbrechen.“

Patriarchale Kulturen und Traditionen aufbrechen

Zu den Podiumsteilnehmenden, die über konkrete Möglichkeiten zur Veränderung von Einstellungen innerhalb der Kirchen diskutierten, gehörte auch Bafana Khumalo, Geschäftsführer und Mitbegründer des in Südafrika ansässigen Netzwerks Sonke Gender Justice. Als Pfarrer in der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika (ELCSA) ist er bekannt für sein Engagement als früheres Mitglied der südafrikanischen Kommission für Geschlechtergleichheit und seine Arbeit mit der Regierung zu HIV/Aids-Prävention.

Khumalo hielt fest: „Aufgrund unserer Theologie, unserer Symbole und unserer Kultur sind wir als Kirchen mitschuldig an der Gewalt gegen Frauen und Mädchen.“ Solange wir weiterhin „das Verständnis des Mannes als Oberhaupt verankern, wird die Kirche eine patriarchalische Institution sein und ein Umfeld schaffen, in dem Missbrauch gedeihen kann.“ Er fügte hinzu, dass wir nur Verbündete im Kampf gegen dieses Problem sein könnten, wenn „wir dem Beispiel Jesus im Evangelium folgen, der mit der Tradition und Kultur bricht, um für die Wahrheit einzutreten, dass alle als ebenbürtig und nach dem Bild Gottes geschaffen behandelt werden müssen.“

Daniela Gennrich, Laienkanonikerin in der anglikanischen Diözese Natal und Koordinatorin der südafrikanischen Koalition We Will Speak Out, schloss sich Khumalos Appell für einen Wandel in den Kirchen an. Sie ist selbst Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt und arbeitet daran, Glaubensgemeinschaften zu befähigen, dieser Art von Gewalt vorzubeugen und Überlebende zu unterstützen. Sie ist Mitglied des Gesprächskreis engagierter afrikanischer Theologinnen.

Den Mächtigen die Wahrheit sagen

„Das Patriarchat ist die Luft, die wir atmen“, sagte Gennrich, „und es fühlt sich so normal an, dass wir nicht verstehen, wenn Frauen und Mädchen nicht atmen können.“ Die Auseinandersetzung mit diesem Thema „darf nie eine optionale Zusatzleistung sein, sondern muss integraler Bestandteil unseres täglichen Dienstes sein“, betonte sie. Die Herausforderung bestehe darin, „den Mächtigen die Wahrheit zu sagen, einen Schritt zurückzutreten und unser Umfeld zu betrachten“ und zu verstehen, dass Vergewaltigung oder Übergriffe „Teil der täglichen Erfahrung vieler Menschen sind“.

Die jamaikanische Soziologin und Gender-Analystin Leith Dunn stellte in ihrem Beitrag aus karibischer Sicht die Zusammenarbeit vieler Kirchen in ihrer Heimatregion zur Bekämpfung von HIV/AIDS und Menschenhandel vor, wo Frauen häufig einem hohen Risiko ausgesetzt sind, geschlechtsspezifische Gewalt zu erleiden. Dunn, die derzeit an der Universität von Botswana forscht, verwies auf die Arbeit der 33 Mitglieder zählenden Karibischen Kirchenkonferenz und des United Theological College of the West Indies sowie auf Initiativen der Anglikanischen, Baptistischen und Vereinigten Kirche von Jamaika. Sie konzentrieren sich auf die Prävention von Menschenhandel und Partnerschaften mit staatlichen oder säkularen Organisationen, um dieses Ziel zu erreichen.

Ezra Chitando, theologischer Berater des Programms Ökumenische HIV- und AIDS-Initiativen und Advocacy des Ökumenischen Rates der Kirchen, nannte einige „niedrig hängende Früchte“ oder erreichbare Ziele in der Arbeit zur Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt. Der Professor für Geschichte und Religion an der Universität von Simbabwe sagte, die Aufgabe der Kirche sei es, „die Kanzel in einen prophetischen Raum zu verwandeln, um unsere Männer und Jungen in dieser Frage herauszufordern“.

Die Kirchen könnten durch ihre Dienste bei Männern, Frauen und Kindern bereits ein Bewusstsein für geschlechtsspezifische Gewalt schaffen und darauf reagieren, so Chitando. Zweitens betonte er die Dringlichkeit, „in lebensfördernde biblische Interpretationen zu investieren, die Gewalt gegen Frauen und Mädchen als Sünde entlarven“. Drittens wies er darauf hin, dass es innerhalb der Kirche viele Aktivistinnen und Aktivisten und Überlebende gebe, denen „Raum zum Sprechen gegeben werden muss“. Viertens könnten die Kirchen dazu beitragen, das Bewusstsein für die lokale, regionale und internationale Gesetzgebung zur Unterstützung von Überlebenden zu schärfen.

Aus der Sicht einer jungen Afrikanerin betonte Katlego Mohuba, dass „die Kirche noch viel mehr tun kann, um die Überlebenden zu unterstützen und den Missbrauch zu beenden“. Mohuba, die sich mit Entwicklungsfinanzierung, Klima- und Gendergerechtigkeit beschäftigt, sprach über die Art und Weise, wie kirchliche Führungspersönlichkeiten oft traditionelle Narrative verstärken, in denen Frauen nur in Bezug auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter als wertvoll angesehen werden.

Frauen, die über Missbrauch in der Beziehung sprechen, werde oft geraten, sie sollten „beten und durchhalten, um die Ehe und die Familie zu erhalten“, so Mohuba. In armen Gemeinschaften, so fuhr sie fort, gelte „Sex als Überlebensstrategie als normal“, und die Kirchen seien „gegenüber diesen Missbräuchen still und passiv geblieben“. Sie forderte die Kirchenverantwortlichen dazu auf, „Zeit in Programme zu investieren, die den inneren Wert und die Handlungsfähigkeit von Frauen lehren“, sowie in die wirtschaftliche Stärkung von Frauen zu investieren und diejenigen zu unterstützen, die versuchen, aus missbräuchlichen Beziehungen herauszukommen.

Nicole Ashwood, ÖRK-Programmreferentin für gerechte Gemeinschaften von Frauen und Männern, moderierte den Dialog „Nutzung ökumenischer und diakonischer Ressourcen und Netzwerke zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ und betonte, dass „Advocacy bei uns selbst beginnt“. Während der 16-Tage-Kampagne und darüber hinaus müsse sich jeder und jede von uns fragen, „was ich tue oder nicht tue, um den Wandel zu bewirken, den wir für alle Kinder Gottes sehen wollen“.

Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen sind eine internationale Sensibilisierungskampagne, die jedes Jahr vom 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, stattfindet. Der LWB arbeitet mit ökumenischen und anderen Partnern zusammen, um dieses Ziel zu erreichen, und fordert seine Mitgliedskirchen und Länderprogramme in aller Welt dazu auf, sich kreativ an der 16-Tage-Kampagne zu beteiligen.

LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk, Redaktion: LWB/A. Weyermüller