Niederlande: Der starke Glaube einer Flüchtlingsfamilie

Die Familie Tamrayzan kam vor neun Jahren aus Armenien in den Niederlanden an. Foto: Peter Wassing

Bleiberecht nach 97 Tagen Gottesdienst-Marathon

Den Haag, Niederlande/Genf (LWI) – Der Generalsekretär der Protestantischen Kirche in den Niederlanden (PKN) hat den Glauben einer Familie hervorgehoben, die in einer niederländischen Kirche Zuflucht suchte und dort mehr als drei Monate ausgeharrt hat, bis ihr Asylantrag genehmigt wurde.

Die Familie Tamrazyan kam vor neun Jahren aus Armenien in die Niederlande und beantragte zunächst ein so genanntes „Kinderpardon“. Das ermöglicht Familien mit Kindern, im Land zu bleiben. Nachdem die Familie mehrfach kein Aufenthaltsrecht erhalten hatte und die Ausweisung unmittelbar bevorstand, nutzten die Eltern und ihre drei Kinder im Alter von 21, 19 und 15 Jahren eine Regelung aus dem Mittelalter, das der Einwanderungsbehörde das Betreten einer Kirche untersagt, wenn dort gerade ein Gottesdienst stattfindet.

Ein Turnus kontinuierlicher Gottesdienste für die nächsten 97 Tage nahm seinen Anfang nach der Aufnahme der Familie in der kleinen Bethel-Kapelle, die sich in einem ruhigen Wohnviertel Den Haags befindet. Über 650 Pfarrerinnen, Priester, Predigerinnen und Prediger aus unterschiedlichen Kirchen und Glaubensrichtungen und aus ganz Holland hielten kontinuierlich Gottesdienste. Diese Aktion erregte internationale Medienaufmerksamkeit; mehr als 12.000 Besucherinnen und Besucher nahmen an den Gottesdiensten teil.

Ende Januar traf die niederländische Regierung die Entscheidung, der Familie das Aufenthaltsrecht zu gewähren und ebenfalls die Fälle weiterer 700 Kinder zu prüfen, denen die Abschiebung droht. Es wird davon ausgegangen, dass auch die meisten der Familien im Land bleiben dürfen.

Pfr. Dr. René de Reuver, Generalsekretär der PKN, die ein Mitglied des Lutherischen Weltbundes (LWB) ist, bedankte sich bei der Familie Tamrazyan „für das, was sie uns gegeben hat.“ Während er die letzte Stunde dieses Gottesdienst-Marathons, erklärte er, er sei erleichtert über die Entscheidung der Regierung, versprach aber auch, den Kampf für die Rechte und die Würde aller Flüchtlinge fortzusetzen. „Der biblische Aufruf, Gott willen über alles zu lieben und auch unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst, ist eine fundamentale Überzeugung der protestantischen Kirche und ein Grund dafür, dass wir eine menschliche Lösung für das Flüchtlingsproblem finden müssen“, sagte er.

Seit dem ersten Jahrhundert gibt es Menschen christlichen Glaubens in Armenien, und im Jahre 301 war es das erste Land, das das Christentum zur Staatsreligion erhob.

Bevor die älteste Tochter Hayarpi Tamrazyan, die an der Tilburg-Universität in Holland studiert, die Kirche verließ, schrieb sie ein Gedicht über den Leidensweg der Familie. Es schließt mit den Worten:

Es herrscht Frieden in Bethel
Und es gibt Licht im Dunkeln
Und Hoffnung in den Augen
Es gibt viel Liebe
Und die Gegenwart Gottes
Als eine Gabe
Und es gibt Sicherheit
In Bethel, diesem Haus Gottes
Wir sind geborgen
Und sicher in den Armen Jesu

 

Von Praxedis Bouwman. Redaktion und Übersetzung: LWB-Kommunikationsbüro