LWB dankbar für Leben des emeritierten Papstes Benedikt XVI

„Wir danken ihm für seine Ermutigung, niemals in den ökumenischen Bemühungen nachzulassen“, sagte LWB-Generalsekretärin Burghardt zum Tod vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Foto: Marek Kośniowski

Benedikt XVI wird für tiefen theologischen Austausch und Fokussierung auf christliche Mission in weltlichen Gesellschaften in Erinnerung bleiben 

(LWI) – Zusammen mit der katholischen Kirche und anderen religiösen Oberhäuptern betrauert der Lutherische Weltbund (LWB) den Verlust des ehemaligen Papstes Benedikt XVI., der am 31. Dezember 2022 verstarb. In Erinnerung an sein großes Engagement bei den Bemühungen um Versöhnung zwischen den gespaltenen christlichen Kirchen sagte die Generalsekretärin des LWB, Anne Burghardt: „Papst Benedikt XVI war ein scharfsinniger Theologe, dessen ausgeprägter akademischer Hintergrund sein Pontifikat prägte. Wir danken ihm für seine Ermutigung, niemals in den ökumenischen Bemühungen nachzulassen, und wir werden uns voller Dank an seine Würdigung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre erinnern, durch die zahlreiche Fortschritte bei den Beziehungen zwischen der lutherischen und der römisch-katholischen Kirche erzielt werden konnten.“

Nach dem Tod Papst Johannes Paul II wurde der deutsche Kardinal Joseph Aloisius Ratzinger, einer der herausragenden Theologen des letzten Jahrhunderts, im April 2005 zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gewählt. Als Präfekt der einflussreichen vatikanischen Glaubenskongregation war Ratzinger zuvor einer der engsten Berater Papst Johannes Paul II und unterstützte ihn dabei, die katholische Lehre zu prägen und eine Kirche zu leiten, die weltweit 1,3 Milliarden Mitglieder hat.

Ratzinger wurde 1927 in Bayern geboren und lehrte an verschiedenen deutschen Universitäten, bevor er von 1977 bis 1982 zum Erzbischof von München und Freising ernannt wurde. Zuvor, in den 1960er Jahren, hatte er an dem richtungweisenden Zweiten Vatikanischen Konzil teilgenommen, bei dem Bischöfe aus der ganzen Welt zusammenkamen, um über eine Reform der katholischen Kirche in einem sich rasch verändernden weltweiten Kontext zu diskutieren. Das Konzil, an dem auch Beobachter anderer christlicher Kirchen teilnahmen, verfasste einige wegweisende Schriftstücke zur Ökumene, zu interreligiösen Beziehungen und zur Religionsfreiheit.

Überraschender Rücktritt

Unter dem Namen Benedikt XVI leitete Ratzinger die römisch-katholische Kirche acht Jahre lang bis zu seinem überraschenden Rücktritt im Februar 2013 im Alter von 85 Jahren; damit war er nach 600 Jahren der erste Papst, der von seinem Amt zurücktrat. Er erhielt den Titel eines Papa Emeritus (emeritierter Papst) und trat gelegentlich an der Seite seines Nachfolgers Papst Franziskus in der Öffentlichkeit auf.

Während seines Pontifikats traf Benedikt XVI zweimal mit der Leitung des LWB zusammen, das erste Mal in 2005 mit dem damaligen Präsidenten Mark Hansen und dem damaligen Generalsekretär Ishmael Noko. Während dieses Treffens lobte er die „gefestigte Tradition des ernsthaften Studiums und Austausches, die die lutherisch-katholischen Beziehungen über Jahre gekennzeichnet haben“ und feierte die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 als „einen bedeutenden Meilenstein auf unserem gemeinsamen Weg zur vollen sichtbaren Einheit.“ 

Als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation wurde Ratzinger in die Gespräche zwischen dem LWB und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen einbezogen und arbeitete mit einer Gruppe deutscher Theologen zusammen, um einen Konsens in Bezug auf die Gemeinsame Erklärung zu finden, nachdem von katholischer Seite Bedenken veröffentlicht worden waren. Seitdem traten der Gemeinsamen Erklärung der Weltrat methodistischer Kirchen, die Anglikanische Gemeinschaft und die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen bei und machten sie so zu einem der bedeutendsten ökumenischen Schriftstücke für multilaterale Gebete, Aktionen und theologisches Engagement.

Im Dezember 2010 traf sich Papst Benedikt mit dem damaligen LWB-Präsidenten Munib Younan und dem damaligen Generalsekretär Martin Junge, die ihre tiefe Dankbarkeit für „die vielen bedeutenden Ergebnisse“ nach fünf Jahrzehnten bilateraler Gespräche zum Ausdruck brachten. Darüber hinaus würdigten Younan und Junge, nachdem der Rücktritt des Papstes bekannt geworden war, seinen Beitrag zu dem „tiefen und ehrlichen theologischen Austausch im ökumenischen Dialog“ sowie seine Fokussierung auf die gemeinsame christliche Mission in einer zunehmend säkularen Welt.

Während einer Audienz mit Mitgliedern der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) 2011 sagte Papst Benedikt mit Blick auf den 500. Jahrestag der Reformation, dass dies eine Chance für die katholische und die lutherische Kirche sei, „weltweit ökumenische Gedenkfeiern durchzuführen“ und gemeinsam weltweite Herausforderungen „anzupacken“.

Im weiteren Jahresverlauf besuchte Benedikt während einer Reise in sein Geburtsland Deutschland das Augustinerkloster in Erfurt, in dem Martin Luther über zehn Jahre lang lebte und zum Priester geweiht wurde. Bei einem Treffen mit dortigen Oberhäuptern der lutherischen Kirche sprach der Pontifex von Luthers „theologischer Suche und innerem Kampf“ mit der Frage: „Wie empfange ich die Gnade Gottes?“ Er sagte: „Die Tatsache, dass diese Frage die treibende Kraft für sein ganzes Leben war, hat mich schon immer tief beeindruckt.“

Der deutsche Papst sagte, dass die Aufgabe der katholischen und der lutherischen Kirche heute darin bestehe, sich diese Frage zu eigen zu machen, „da wir in dieser Welt gemeinsam Zeugnis von dem Gott Jesu Christi als unserer unabdingbarer gemeinsamer Grundlage ablegen.“ Er schloss mit den Worten: „Glaube, der aus dem tiefsten Inneren heraus gelebt wird, ist inmitten einer säkularisierten Welt die stärkste ökumenische Kraft, die uns zusammenbringt und uns in dem einen Herrn vereint.“