Lutherische Gemeinde versorgt Verletzte in Kiew

Die St. Katharinen-Kirche in Kiew, 150 Meter vom Präsidentenpalast entfernt, ist ein Anlaufpunkt für Verletzte der Unruhen auf dem Majdan geworden. Photo: Igor Schemigon/GELCU

Ukrainischer Bischof Serge Maschewski fordert Ende der Gewalt

(LWI) – Ein Ort des Friedens und des Gebets – und ein Lazarett. Die Kirche der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Kiew versorgt seit Wochen Verletzte der Ausschreitungen auf dem Majdan. Serge Maschewski, am Sonntag in sein Amt als Bischof der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) eingeführt, spricht mit LWI über die Proteste in der Ukraine.

Wie ist die Situation gerade bei Ihnen?

Die Situation ist sehr schwierig. Viele Demonstranten vom Majdan hatten heftige Kämpfe mit der Berkut (Spezialeinheiten der Polizei), es gibt auf beiden Seiten Opfer. Wir haben heute eine Erklärung herausgegeben: Wir beten für die Menschen und rufen zu Dialog und Versöhnung auf. Wir bitten die Regierung, nicht mit Gewalt gegen ihr Volk zu kämpfen, sondern sich mit dem Volk an einen Tisch zu setzen und gemeinsam zu entscheiden. Es bereitet uns grosse Sorge, dass die Regierung gewaltsam gegen ihr Volk vorgeht.

Die Gemeinde in Kiew befindet sich sehr nah am Majdan, wie sieht es dort aus?

Unsere Gemeinden in Charkow, Dnipropetrowsk und Kiew unterstützen die Demonstranten vom Majdan. Die Gemeinde in Kiew ist nur 150 Meter vom Präsidentenpalast entfernt. Sie ist eigentlich ein Ruhepol, in den viele Menschen kommen um auszuruhen und nachzudenken, was hier gerade passiert. Aber die Gemeinde leistet auch seit Tagen erste Hilfe. Heute Morgen hat die Gemeinde in Kiew mehr als 20 Menschen mit schweren Verletzungen versorgt – Platzwunden, Brandwunden durch Molotow-Cocktails, Blutergüsse und Verletzungen durch Schlagstöcke. Ich habe die Gemeinde nur über das Telefon erreicht, weil die Strassen nach Kiew gesperrt sind. Die Situation ist sehr schwierig dort, wir sind ständig per Handy und skype in Kontakt.

Die lutherischen Kirchengemeinden sind schon länger eine Anlaufstelle für die Demonstranten?

Unsere Kirchen stehen jedem offen. Schon in den letzten Wochen haben wir den Menschen, die zu uns gekommen sind, Kaffee und Tee angeboten, Ärzte und medizinische Hilfe. Bei uns können die Menschen zur Ruhe kommen, aber auch einfach auf Toilette gehen. Wir sprechen und beten mit ihnen, das ist in dieser Situation sehr wichtig und wir sehen es als unsere Aufgabe an, hier zu helfen. Manchmal kommen auch Soldaten, und auch ihnen bieten wir Kaffee und Tee an. Das sind ganz arme Menschen, sie haben einen Befehl, den sie eigentlich nicht ausführen wollen, aber sie haben Angst. Wir helfen allen, da schauen wir nicht auf die Parteizugehörigkeit.

Was ist Ihre Position als Kirche?

Da wir eine Kirche mit deutschen Wurzeln sind, werden wir hier mit Westeuropa assoziiert. Wir stehen auf keiner Seite, aber wir müssen das Unrecht beim Namen nennen. Hier können wir nicht schweigen. Wir wollen keine Gewalt, wir stehen in der biblischen Verantwortung, zum Frieden aufzurufen. Wir haben heute mit allen Gremien zusammen gesessen und eine Erklärung herausgegeben, dass die Kirche das Volk unterstützt. Die Opfer und das Blutvergiessen sind schrecklich, wir haben zu Dialog und Versöhnung aufgerufen.

Wie kann man den Menschen vor Ort helfen?

Die Gemeinde in Kiew braucht jetzt Spenden für Medikamente. Verbandszeug, Jod und Tabletten. Wir suchen auch professionelle Ärzte, die freiwillig mithelfen können. Und wir brauchen eure Gebete. Betet für unsere Kirche, für den Frieden und eine gute Zukunft für die Ukraine, für unser Volk. Wir stehen am Rande eines Bürgerkriegs, eure Gebete sind sehr wichtig für uns.

Wenn Sie die lutherischen Gemeinden in der Ukraine unterstützen möchten, wenden Sie sich bitte an die Regionalsekretärin für Europa, Dr. Eva-Sybille Vogel-Mfato in der Abteilung für Mission und Entwicklung.