Lutherisch-pfingstkirchliche Dialoggruppe: Den Armen das Evangelium verkünden

Die dritte Tagung der lutherisch-pfingstkirchliche Dialoggruppe fand in Santiago de Chile statt. Foto: LWB

Schwerpunktthema der dritten Tagung in Santiago de Chile

Santiago de Chile, Chile/Genf (LWI) – Bei ihrer dritten Tagung befasste sich die internationale lutherisch-pfingstkirchliche Dialoggruppe, die einmal jährlich zusammentritt, mit der Situation von Menschen, die von materieller Armut betroffen sind, sowie dem Umgang der Kirchen mit ihnen.

Im Jahr 2016 starteten der Lutherische Weltbund (LWB) und Pfingstkirchen einen auf fünf Jahre angelegten Dialog, dem von 2004 bis 2010 vorbereitende Tagungen vorausgegangen waren. Mithilfe des jährlichen Austauschs wollen die Kirchen die theologische und spirituelle Tradition des ökumenischen Gegenübers besser verstehen und würdigen lernen und nach Möglichkeiten für das gemeinsame Zeugnis suchen.

Die jüngste Tagung der Dialoggruppe fand im Oktober in Santiago de Chile statt, ihr Thema: der christliche Auftrag vor dem Hintergrund von Lukas 4,18, „…zu verkündigen das Evangelium den Armen…“.

Kritisiert wurde das Wohlstandsevangelium. Die Mitglieder der Dialoggruppe betonten, vielmehr müsse, dem Evangelium gemäß, gelehrt werden, dass Gott der gesamten Menschheit und der Erde eine Fülle von Gaben schenke.

„Die Mitglieder des Dialogs waren sich einig, dass man eine Theologie des Wohlstands zurückweisen muss, die sich auf falsche Versprechungen stützt und Gefahr läuft, Gott zum Gegenstand unserer Begierden zu machen, und dass wir stattdessen einstehen müssen für ein Verständnis von Wohlstand als uns von Gott geschenktem Segen sowie für Jesu Verheißung des Lebens in Fülle für alle Menschen, von der wir in Johannes 10,10 lesen“, erläuterte Pfarrerin Anne Burghardt, Referentin für ökumenische Beziehungen beim LWB, die die Dialoggruppe begleitete. „Wer auf diese Weise gesegnet ist, ist berufen, Segen für andere zu sein und sich zu engagieren für eine bessere Gesellschaft, die Überwindung von Ungerechtigkeit und die Bewahrung der gesamten Schöpfung Gottes.“

Menschen, die ihrer Rechte beraubt werden, sind arm

Im Rahmen der Tagung wurden mehrere Aufsätze vorgestellt. In seinem Referat über das Verhältnis der Pfingstkirchen zu den Armen beschrieb Pfr. Dr. Richard Waldrop die grundlegende Rolle der Armen in Geschichte und Entwicklung der pfingstkirchlichen Bewegung. Pfr. Dr. Walter Altmann referierte über Martin Luthers Sicht auf die Armen, wobei der Referent einen christologischen Schwerpunkt setzte und die zentrale Bedeutung des Kreuzes herausstrich. Beide Referate kritisierten das Wohlstandsevangelium.

Bischof Alexis Salgado von der Lutherischen Kirche in Chile (LKC) traf mit der Gruppe zusammen und informierte sie über das kirchliche Leben vor Ort, einschließlich der Beziehungen zwischen den verschiedenen Konfessionen. Geistliche der zwei chilenischen lutherischen Kirchen (Lutherische Kirche in Chile und Evangelisch-Lutherische Kirche in Chile, beide sind LWB-Mitglieder) sowie verschiedener Pfingstkirchen aus der Region trafen ebenfalls mit den Teilnehmenden der Dialogtagung zusammen und gaben ihnen Einblicke in ihre jeweilige Situation. Javier Castro Arcos, Direktor des chilenischen Amtes für religiöse Angelegenheiten, und Pfr. Daniel Anabalon, Hausgeistlicher des Präsidentenpalastes La Moneda, überbrachten Grußworte an die Dialoggruppe.

Die Teilnehmenden der Tagung besuchten einen Gottesdienst in der lutherischen El Redentor-Kirche (LKC) in Providencia sowie Kirchen der Methodistisch-Pentekostalen Kirche und der Pfingstkirche von Chile.

Weiterhin wurden die Gendenkstätte und das Museum der Menschenrechte in Santiago besucht. Die widerrechtlichen Inhaftierungen, die Folter und die Morde während der chilenischen Militärdiktatur von 1973 bis 1989 machten den Teilnehmenden deutlich, dass auch Menschen, die ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten beraubt werden, von Armut betroffen sind.

Im nächsten Jahr tagt die Dialoggruppe in Afrika. Als Leitwort hat sie gewählt: „…zu predigen Freiheit, Heilung und Befreiung…“ (Lukas 4,18). Auf dieser Grundlage wird sie sich mit der Thematik von Heilung und Befreiung befassen. 2020 ist eine Tagung in Nordamerika geplant, bei der ein gemeinsames Abschlussdokument der Dialogphase erarbeitet werden soll.