Krankenhaus in Neapel: Prinzip der „offenen Arme“

Ausbildung für Pflegepersonal in der Entbindungsstation des „Ospedale Evangelico Betania“ in Neapel, Italien. Foto: Michele Attanasio

Villa Betania behandelt Arme und Menschen ohne Ausweispapiere

Neapel, Italien/Genf (LWI) – Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien (ELKI) ist Mitglied des Lutherischen Weltbundes (LWB) und feiert jetzt das 50-jährige Bestehen eines Krankenhauses in Neapel, das eine hochwertige Gesundheitsversorgung für einige der ärmsten Menschen der Stadt leistet.

Das „Ospedale Evangelico Betania“ wurde am 20. Oktober 1968 in Ponticelli eröffnet, einem der sozial am stärksten benachteiligten Stadtteile am östlichen Rand Neapels. Dieser Vorort der Stadt wurde während des Zweiten Weltkrieges schwer bombardiert. Dort befinden sich ausgedehnte Barackenlager von Sinti- und Romafamilien, und das gesamte Stadtviertel zeichnet sich durch hohe Arbeitslosigkeit, Drogenhandel und organisierte Kriminalität aus.

Das Krankenhaus war die Idee von Teofilo Santi, eines dort praktizierenden Arztes und Sohn eines Methodistenpredigers, der lange davon geträumt hatte, eine medizinische Mission in Afrika aufzubauen. Als er jedoch die extreme Armut und Mangelernährung der Kinder erlebte, die in einem Tunnelsystem in der Nähe des Palastes Reggia di Capodimonte hausten, erkannte er seine eigentliche Berufung darin, diesen Menschen zu helfen, die in seiner eigenen Stadt ums nackte Überleben kämpften.

Familie Santi hatte Anfang des 20. Jahrhunderts bereits ein Waisenhaus gegründet, und Teofilo gelang es, praktische Unterstützung und Finanzhilfen von den örtlichen protestantischen Gemeinschaften sowie von Mitgliedern der alliierten Streitkräfte zu bekommen, die in den Nachkriegsjahren in Neapel stationiert waren.

Kostenlose Unterstützung für Frauen

Heute wird das Krankenhaus von einem Vorstand geleitet, der sich aus den Mitgliedern von sieben italienischen protestantischen Gemeinschaften zusammensetzt: Lutheraner, Waldenser, Methodisten, Baptisten, Adventisten, Heilsarmee und die Apostolische Kirche in Italien.

Das Krankenhaus nimmt Menschen aller Konfessionen und auch die Konfessionslosen auf und bietet kostenlose Behandlungen für Migrantenfrauen und auch andere Personen ohne Ausweispapiere an, die für medizinische Behandlungen oder Beratungen kein Geld haben. Die Einrichtung hatte zunächst nur 86 Betten, inzwischen ist die Kapazität aber auf 158 Betten erhöht worden, ergänzt durch eine Vielzahl ambulanter Behandlungsangebote sowie eine Unfall- und Notaufnahmestation.

Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende ist zurzeit Cordelia Vitiello, die auch LWB-Ratsmitglied ist. Sie berichtet, dass die protestantischen Kirchen in Italien „nur eine kleine Anzahl von Mitgliedern haben, aber eine deutlich hörbare Stimme“. Dies gelte besonders dann, wenn es um die medizinische Versorgung der an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen gehe. Dank der Unterstützung der Waldenser und der Methodisten, so berichtet sie, könne die Villa Betania, wie das Krankenhaus allgemein genannt wird, weiterhin „alle Bedürftigen mit offenen Armen empfangen.“

2.200 Geburten im Jahr 2017

Vitiello berichtet voller Stolz über die kostenlose Gesundheitsversorgung und die Früherkennungs-Screenings, die das Ärzte- und Pflegepersonal für Frauen ohne Ausweispapiere anbieten. Weiterhin gibt es Aufklärung und Unterstützung für diejenigen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind.

2017, berichtet Vitiello, seien mehr als 2.200 Babys im Krankenhaus geboren worden, und viele der Mütter seien aus den nahe gelegenen Roma-Siedlungen zu ihnen gekommen.

Im vergangenen Jahr wurde die wichtige Arbeit der Villa Betania auch öffentlich im Rahmen dreitägiger Feierlichkeiten anerkannt, mit denen das mehr als 50 Jahre andauernde soziale und solidarische Engagement des Krankenhauses geehrt wurde. Förderer und Spender aus Europa und den USA kamen nach Neapel, um an den prominent besetzten Veranstaltungen teilzunehmen. Anwesend waren ebenfalls der Bürgermeister der Stadt und der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer.

Gedenkmedaillen für den LWB

Vitiello nahm im November in Jericho an einer Tagung des LWB-Ausschusses für Weltdienst teil und besuchte das Auguste-Viktoria-Hospital (AVH) auf dem Ölberg in Jerusalem. Während des Besuchs überreichte sie Gedenkmedaillen anlässlich des 50-jährigen Bestehens an den LWB-Präsidenten Panti Filibus Musa, Generalsekretär Martin Junge und an den leitenden Direktor des Krankenhauses, Walid Nammour.

Vitiello erzählte der Gruppe von ihrer Begeisterung während ihres Besuch in dem vom LWB geleiteten AVH und von der Möglichkeit, mehr über die lebensrettende Arbeit des Krankenhauses erfahren zu können. „Ich hatte die Gelegenheit, einen Einblick in die Dienste des Auguste-Viktoria-Hospitals zu bekommen und mich über die Arbeit zu informieren, die dort heute geleistet wird.“ Direktor Nammour nahm die Medaille „im Namen der 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auguste-Viktoria-Hospitals“ entgegen und fügte hinzu, dass eine solche Anerkennung auch eine wichtige Motivation für die alltägliche Arbeit im Krankenhaus sei.

Musa bedankte sich für die Medaille, die er im Namen des LWB und seiner eigenen Lutherischen Kirche Christi in Nigeria entgegennahm. „Glückwunsch zu 50 Jahren Dienst im Krankenhaus. Ich bete um Gottes Segen für alle Ihre Unternehmungen.“