Kirchen in Polen rufen zu Toleranz auf

Der lutherische Bischof Jerzy Samiec, Vorsitzender des Polnischen Ökumenischen Rates, (l.) und der orthodoxe Erzbischof Abel, Diözese Lublin-Chełm der Kirche von Polen. Foto: PÖR

Bischof Samiec will nach Tötung von Danzigs Bürgermeister Versöhnung fördern

Warschau, Polen/Genf (LWI) – Der Polnische Ökumenische Rat (PÖR), dessen Vorsitzender der lutherische Bischof Jerzy Samiec ist, hat das Land nach dem Attentat auf den Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz aufgerufen, „die Spirale des Hasses zu durchbrechen“.

Der Bürgermeister von Danzig war am 13. Januar vor den Augen hunderter Menschen auf einer Benefiz-Veranstaltung für eine lokale Hilfsorganisation mit einem Messer angegriffen worden. Er starb am nächsten Tag. Ein 27-jähriger Tatverdächtiger wurde verhaftet.

Der Angriff hat das Land erschüttert, das zunehmend politisch gespalten ist. Tausende Menschen verurteilten bei Mahnwachen in verschiedenen Städten nach dem Mord Hassreden, die die Hemmschwelle zu aktiver Gewalt herabsetzen.

Die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen, eine Mitgliedskirche des Lutherischen Weltbundes (LWB), ist eine von sieben Kirchen und zwei assoziierten Organisationen, die zusammen den Polnischen Ökumenischen Rat bilden. Ihr Vorsitzender ist Bischof Samiec.

In einer Erklärung, die Samiec bei einem Treffen von Kirchenleitenden und Vertreterinnen und Vertretern anderer Religionsgruppen und der Regierung vorlas, sagte der PÖR, der Angriff zeige, dass sich aktuell Hass und Vorurteile im Land ausbreiteten. Er rief zu Toleranz auf und erklärte: „Wir sind nicht so sehr gespalten, dass wir nicht mehr miteinander reden oder uns gegenseitig vergeben können. Wir sollten jeden Menschen achten. Jeder Mensch ist nach dem Abbild Gottes und ihm ähnlich geschaffenen und besitzt Würde.“

Die Kirchen bekräftigten die Verpflichtung, sich Vorurteilen und Hassreden zu widersetzen und Solidarität zu zeigen mit all jenen, die darunter leiden. „Lasst uns lernen, miteinander zu reden, lasst uns nicht gegeneinander kämpfen. Lasst uns Maßnahmen ergreifen, die der Versöhnung und dem Allgemeinwohl dienen“, heißt es in der Erklärung.

Der Vorsitzende des PÖR hielt ein eindringliches Plädoyer für ein Ende der Hassreden in Polen und erklärte, dass es nicht hinnehmbar sei, Kontrahentinnen und Kontrahenten mit dem Tode zu bedrohen, und dass die Kirchen sich laut und deutlich gegen ein solches Verhalten aussprechen müssten. Er bestand darauf, dass die polnische Gesellschaft insgesamt eine gewisse Mitverantwortung an dem Tod des Danziger Bürgermeisters trage: „Wir haben die Menschen nicht genug geliebt und haben vergessen, unsere Liebe durch unsere Lebensweise zu bezeugen. Wir, die Menschen in den Kirchen, sind nicht demütig genug.“

Mit Blick auf die Rolle der Kirchen in Situationen wie der aktuellen betonte Samiec wie wichtig Gebete seien, wie wichtig es sei, einander zu lieben wie Christus uns geliebt habt, und wie wichtig es sei, Stigmatisierungen in einer Gesellschaft zu verurteilen.

Er erklärte, die lutherische Kirche denke darüber nach, wie Bildungsprogramme für junge Menschen eine Möglichkeit seien könnten, diesen jungen Menschen gewaltfreie Kommunikation zu vermitteln. „Es ist wichtig, junge Menschen zu den Themen Demokratie, Toleranz und Verständnis für Andersartigkeit zu schulen.“

In seiner Neujahrsbotschaft 2019 hatte der LWB seine Mitgliedskirchen ermutigt, in ihren jeweiligen Kontexten Friedensstifterinnen zu sein.