Kirchen in Frankreich öffnen „humanitäre Korridore“

Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter begrüßt 40 Menschen aus dem Libanon auf dem Flughafen Charles de Gaulle am 29. Januar 2018. Familien und Einzelpersonen werden in unterschiedlichen Regionen leben, dies richtet sich nach den Aufnahmekapazitäten vor Ort. Foto: Jean-Michel Hitter/FEP

Sichere Einreise für Flüchtlinge aus dem Libanon

Paris, Frankreich/Genf (LWI) – Die Kirchen in Frankreich, darunter auch die LWB-Mitgliedskirche, setzen sich gemeinsam dafür ein, Flüchtlinge in ihrem Land willkommen zu heißen. Das Projekt der „humanitären Korridore“ orientiert sich an einem ähnlichen Beispiel in Italien. Diese Korridore sollen Kriegsflüchtlingen Schutz gewähren und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihr Zielland auf sicheren Wegen zu erreichen, ohne die oft tödlichen Dienste von Schlepperorganisationen in Anspruch nehmen zu müssen.

Das Projekt gründet auf einer italienischen Initiative, die Flüchtlingen sichere und legale Fluchtwege eröffnen will. Sie wurde dort 2016 von der Gemeinschaft Sant‘Egidio in Zusammenarbeit mit dem Bund der Evangelischen Kirchen und der Methodistischen und der Waldensischen Kirche ins Leben gerufen. Die „Corridoi Umanitari” sollen Flüchtlinge davon abhalten, das Mittelmeer mit Booten zu überqueren. Sie sollen ebenfalls den Schlepperbanden die Grundlage entziehen und schutzbedürftigen Menschen die legale Einreise nach Italien ermöglichen. Sobald sie in Italien sind, werden sie zunächst von den Kirchen aufgenommen, während das offizielle Antragsverfahren auf Asyl läuft.

Abkommen mit der Regierung

Die französische Version mit der Bezeichnung „Couloirs Humanitaires“ gründet auf einem Protokoll, das vom französischen Innenminister und vom Außenminister einerseits und vom Protestantischen Bund gegenseitiger Hilfe Frankreichs (FEP), dem Protestantischen Bund von Frankreich, Secours Catholique, der Gemeinschaft Sant‘Egidio in Italien und der Französischen Bischofskonferenz andererseits unterzeichnet wurde.

Dieses Protokoll genehmigt bis Ende des Jahres den Flug und die Einreise von 500 Flüchtlingen, die zurzeit noch im Libanon leben, nach Frankreich. Diese Flüchtlinge erhalten Reisedokumente und ein Kurzzeitvisum für die sichere Reise nach Frankreich. Dort durchlaufen die das normale Antragsverfahren auf Asyl. „Der FEP hat sich verpflichtet, sich um 200 der insgesamt 500 Menschen zu kümmern. Bisher sind 92 Flüchtlinge angekommen“, sagt Patricia Rohner-Hégé, Sprecherin der Vereinigung der Protestantischen Kirchen von Elsass und Lothringen (UEPAL). Das restliche Flüchtlingskontingent wird von den anderen Partnern willkommen geheißen.

Bei diesen Menschen handelt es sich um Flüchtlinge, die sich vor dem Krieg in Syrien oder im Irak in Sicherheit bringen wollen. Oft handelt es sich um Familien, manchmal auch um Einzelpersonen, die von Hilfeorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen, dem Norwegischen Flüchtlingsrat, der Armenisch-Evangelischen Kirche und diversen protestantischen Verbänden oder vom Hohen Flüchtlingskommissar ausgesucht wurden.

Bevor diese Auswahl erfolgt, werden die Menschen in einem Gespräch medizinisch und psychologisch betreut und sprechen auch mit einem Mitglied der Gemeinschaft Sant‘Egidio, der ihren Fall im französischen Konsulat im Libanon vorträgt. Ein gemischtes Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des FEP und der Gemeinschaft Sant'Egidio, die im Libanon wohnen, unterstützt die ausgewählten Flüchtlinge bei der Antragstellung für ein Visum und bei der Beschaffung der anderen Reisedokumente. Das Team informiert die Flüchtlinge über die Aufnahme- und Begleitregularien in Frankreich, den teilweise komplexen und langwierigen bürokratischen Prozess, die Notwendigkeit einer geduldigen und proaktiven Mitwirkung und über bestimmte Aspekte des Lebens in Frankreich.

Reise in ein neues Leben

Zum Anfang jedes Monats wird dann ein Flug von Beirut nach Paris organisiert. Wenn die Flüchtlinge in Paris gelandet sind, müssen sie das normale Asylverfahren durchlaufen, um internationalen Schutz zu erhalten. Während ihres Aufenthalts in Frankreich werden sie bei ehrenamtlich tätigen Menschen untergebracht, die diese Unterkünfte ohne Entgelt zur Verfügung stellen.

Darüber hinaus werden sie von weiteren Freiwilligengruppen und Asylfachleuten begleitet. Es wird außerdem eine vertrauenswürdige dritte Partei ernannt, die die kontinuierliche Unterstützung sicherstellt und gegebenenfalls bei Konflikten als Schlichtungsstelle eingreift. Seit 2015 hat der FEP im Osten Frankreichs 125 Menschen aufgenommen und begleitet. Alle bis auf zwei erhielten Aufenthaltsrecht. Zwanzig haben eine Arbeit gefunden, zehn sind in der Ausbildung.

„Die am Projekt beteiligten glaubensgestützten Organisationen übernehmen hier eine wichtige Aufgabe, indem sie den Behörden aufzeigen, welche legalen Wege es nach Frankreich gibt“, sagte Rohner-Hégé. „Damit entstanden dynamische Partnerschaften zwischen dem öffentlichen Dienst, ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und Asylfachleuten in Kirchenkreisen. Sie sind beim Aufbau von Netzwerken hilfreich, die sich zur Unterstützung einer Familie oder einzelner Personen verpflichten, sie in ihrem Alltagsleben begleiten, Kinder in der Schule anmelden und sie in das soziale Gefüge des Dorfs oder der Stadt integrieren, die sie aufgenommen hat.“

Ein Beitrag von UEPAL/Patricia Rohner-Hégé, übersetzt und redigiert vom LWB-Koomunikationsbüro