Kamerun: Kampf gegen Boko Haram und Klimawandel

Pfarrer Robert Goyek Daga vor der Millenniums-Kathedrale, seiner Kirche im Zentrum der Stadt Garoua. Foto: LWB/C. Kästner

LBKK setzt sich ein für Diakonie und Dialog für den Frieden

Garoua, Kamerun/Genf (LWI) – Die Mitglieder der Lutherischen Brüderkirche Kameruns (LBKK) leben in ständiger Angst vor dem Terror der Boko Haram, denn die Miliz hat es auf Kirchen und Pfarrer abgesehen. Kirchenpräsident, Pfarrer Robert Goyek Daga, setzt sich für Frieden ein, indem er den Dialog mit moderaten muslimischen Führungspersonen in der Region sucht.

Wenn Daga eine seiner Gemeinden besucht, bewegt er sich in Regionen, die für Fremde gesperrt sind. Auch Daga ist dort nicht sicher. Die LBKK hat auch im „hohen Norden“ des Landes Gemeinden – einem Gebiet, das sehr stark vom Terror der Boko Haram betroffen ist.

Kamerun grenzt im Nordwesten an Nigeria und im Nordosten an den Tschad. Sowohl der Tschad als auch Kamerun bekämpfen die Boko-Haram-Miliz in Nigeria in einem offenen Krieg. Die ganze Region um den Tschadsee und viele Dörfer entlang der nigerianisch-kamerunischen Grenze sind immer wieder Ziele von Terroranschlägen der Boko Haram, die gegen christliche und moderate muslimische Gläubige sowie Ausländer gerichtet sind.

Wir verlieren Menschen, Kirchen, Existenzgrundlagen

„Der Terror der Boko Haram trifft uns hier sehr hart. Wir verlieren Mitglieder, Gottesdienststätten, unsere Felder und unser Vieh“, erklärt Daga und erinnert sich an die vielen Ermordungen und Entführungen von Pfarrern in den vergangenen Jahren. Der Fall von Pfarrer Jean-Marcel Kesvere machte 2014 Schlagzeilen: Der Vater von acht Kindern war bei einem Überfall von Boko Haram auf sein Dorf, Bagaram, entführt worden.

Seine Familie bekommt bis heute Unterstützung von der Kirche – wie so viele andere, die ihre Häuser und Farmen durch die Flucht vor dem Terror der Boko Haram verloren haben. Mehr als 10.000 Menschen aus den Dörfern entlang der Grenze sind zu Binnenvertriebenen geworden und haben sich in die Städte geflüchtet, um dem islamistischen Terror zu entkommen. „Am schlimmsten ist es für die Älteren, die nicht mehr weglaufen können. Wir nehmen sie in unseren Kirchen und Schulen auf und bieten ihnen Unterstützung an“, berichtet Daga. „Es gibt sehr viele vertriebene Menschen hier. Das ist einfach die Realität unseres schweren Lebens hier im hohen Norden.“

Die finanziellen Ressourcen der Kirche schwinden seit die Boko-Haram-Krise 2013 begann. Sehr viele Mitglieder der Kirche haben ihre Häuser und ihre Existenzgrundlagen verloren. Früher waren sie Landwirte oder Fischer in der Region am Ufer des Tschadsees. Als Boko Haram dann ihre Dörfer angriff, flohen sie in die Städte weiter im Süden und mussten ihre Existenzgrundlagen und einzigen Einkommensquellen zurücklassen.

Die politische Krise wird dazu begleitet von einer Naturkatastrophe. Wie alle Länder Zentralafrikas hat Kamerun eigentlich eine Trockenzeit und eine Regenzeit, aber der Klimawandel hat diesen natürlichen Kreislauf in seine Extreme verwandelt. „Alle fünf Jahre trifft uns eine Dürre“, erzählt Daga. „Die Flüsse sind dann ausgetrocknet, die Tiere verenden und die Menschen leiden. Später kommt dann heftiger Starkregen und die Überflutungen zerstören alles.“

Dialog für den Frieden

Diakonie und humanitäre Hilfe gehören inzwischen zu den wichtigsten Arbeitsbereichen der LBKK, die sogar eine eigene Abteilung für Entwicklung mit 16 Angestellten in der Hauptverwaltung und weitere 1.200 im ganzen Land hat. Die Angestellten schulen Ortsgemeinden zum Thema Landwirtschaft und wie sie sich am besten um die Flüchtlinge und Binnenvertriebenen kümmern – auch die, die nicht zu ihren Gemeindemitgliedern zählen. „Wir müssen alles daransetzen, eine nachhaltige Land- und Viehwirtschaft zu entwickeln, um uns alle ernähren zu können“, sagt Daga. „Jedes Jahr erreichen wir mehr als 12.000 hilfsbedürftige Menschen ganz direkt.“

Daga selbst hat einen Dialog mit seinen muslimischen Amtskollegen begonnen. Es wurde ein lokaler 15-köpfiger Ausschuss bestehend aus religiösen Führungspersonen und führenden Vertretern der jungen Generation gegründet, der die Bevölkerung für ein friedliches Zusammenleben sensibilisieren und den Dialog zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften fördern soll.

„Boko Haram behauptet, den wahre Islam zu vertreten, aber eigentlich sind sie nichts weiter als gewalttätige und brutale Extremisten“, sagt Daga. Zusammen mit gleichgesinnten religiösen Führungspersonen von den Moscheen in Garoua, Maroua und Mora arbeitet er an einem gemeinsamen Projekt, das Bildung für den Kampf gegen den Terror der Miliz, deren Name wortwörtlich übersetzt „Bücher sind Sünde“ bedeutet, nutzen will.

Daga sieht in dieser Zusammenarbeit einen Hoffnungsschimmer auf Frieden und Sicherheit. „Am Anfang hatten wir große Angst“, sagt er. „Aber jetzt haben wir eine sehr gute Beziehung zu unseren Nachbarn. Die Pfarrer, die Imame, die Marabut (traditionelle Heiler) und traditionellen Anführer und die die lokalen Behörden, wir alle arbeiten zusammen. Wir alle hoffen, dass wir in Frieden werden leben können.“