Islam und Christentum gemeinsam für Gottes Vision für die Menschheit

"Unser Zusammentreffen ist Ausdruck unserer gemeinsamen Überzeugung, uns von Weg des Friedens nicht abbringen zu lassen“, so Martin Junge beim historischen Treffen des Ökumenischen Rates der Kirchen und des Muslimischen Ältestenrates zusammen mit ökumenischen Partnern, einschließlich des LWB. Foto: ÖRK/Peter Williams

LWB-Generalsekretär bei interreligiösem Dialogtreffen

GENF (LWI) Im Zentrum der Vision, die Gott für die Menschheit insgesamt habe, stehe der Frieden unterstrich der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfr. Dr. h.c. Martin Junge, anlässlich eines hochrangig besetzten muslimisch-christlichen Dialogtreffens mit dem Thema „Schritte zu einer Welt, in der alle eingebunden sind“, das am vergangenen Wochenende stattfand.

„Dass wir hier zusammengekommen sind, ist meiner Ansicht nach Ausdruck der Tatsache, dass wir einmütig sind in unserer Entschlossenheit, uns nicht von der Botschaft des Friedens abbringen zu lassen“, erklärte Junge vor den Teilnehmenden des Dialogs. Beteiligt war eine Delegation des Muslimischen Ältestenrats unter der Leitung des Kairoer Großimam Al-Azhar sowie Vertreterinnen und Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen, seiner Mitgliedskirchen und ökumenischen Partner samt dem LWB.

„Ich denke, wir sind uns im Klaren, was unsere gegenwärtige Aufgabe ist, nämlich prophetisch Position zu beziehen gegen Botschaften, Haltungen und Handlungen, die der der ganzen Menschheit geltenden Friedensabsicht Gottes zuwiderlaufen“, fuhr Junge fort.

Bei dem Treffen ging es um die zentrale Rolle der Religionsgemeinschaften in der Friedensarbeit, den Zusammenhang zwischen Armut und religiös verursachter Gewalt sowie die Bedeutung der religiösen Alphabetisierung für die Bekämpfung des Extremismus.

Zum Frieden berufen

Die heiligen Schriften sowohl des Christentums als auch des Islams riefen die Gläubigen zu einem friedfertigen Leben auf, betonte Junge. Und das im Wissen um das Gewaltpotenzial, das in den Menschen schlummere.

„Wir sind dazu fähig, wunderbare Kunst und Schönheit, Liebe und Fürsorge hervorzubringen. Aber wir sind genauso fähig zu schrecklichem Hass, abscheulichster Gewalt und Unterdrückung. Diese Ambivalenz prägt Angehörige des Christentums, des Islam, des Judentums, des Buddhismus, des Hinduismus, des Zoroastrismus… – nicht aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit, sondern, weil sie Menschen sind.“

Damit Religionsgemeinschaften Zeuginnen des Friedens in einer zersplitterten Welt sein können, forderte Junge, müssten sie im Dialog miteinander bleiben, ihren Angehörigen die Gefahren des Extremismus bewusstmachen und klären, welche Texte ihrer jeweiligen heiligen Schrift missbraucht würden, um Gewalt zu rechtfertigen.

In diesem Zusammenhang betonte Junge: „Wir werden den religiösen Extremismus nicht bekämpfen können, ohne unseren Geistlichen und Leitungspersonen, das Handwerkszeug zu vermitteln, um diese Texte unserer jeweiligen Schriften in ihrem Zusammenhang zu erschließen und auslegen zu können.“

Gemeinsamer diakonische Dienst ist starkes Zeugnis

Junge rief zu einer Verstärkung der muslimisch-christlichen Zusammenarbeit im Dienst an Menschen in Not auf. Bezüglich der durch den LWB gemeinsam mit einer muslimischen Organisation geleisteten Arbeit in Jordanien, Kenia und Nepal betonte er, Menschen gemeinsam zu helfen wiege so schwer „wie zehn Erklärungen, die man abgeben könnte“.

Die muslimische wie die christliche Seite seien gleichermaßen in der Pflicht, Menschen in instabilen Situationen zu schützen, „insbesondere wenn sie von Gewalt durch Interessenskonflikte aller Art bedroht sind – auch religiös motivierter.“

Junge betonte weiterhin, dass es notwendig sei, junge Menschen sowohl muslimischen als auch christlichen Glaubens zu fördern. Dies gelänge am besten, wenn ihre Eltern, diejenigen, die in ihrem Umfeld Führungsverantwortung tragen, und die ältere Generation insgesamt in Frieden und Harmonie lebten. „Nicht die jungen Menschen sind heute das Problem. Das Problem liegt in der Art und Weise wie Führungsverantwortung wahrgenommen wird und welche Lehren die Jugend daraus zieht.“

Extremismus und Gewalt in der jungen Generation hätten ihre Wurzeln in Armut und Ausgrenzung. Der Extremismus biete vermeintlich mehr Hoffnung als die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systeme, so Junge. „Junge Menschen brauchen eine Perspektive für ihr Leben, damit sie das eigene Leben und das Leben der anderen achten. Wer die Jugend etwas lehrt, ohne ihr gleichzeitig Eigenständigkeit zu ermöglichen, geht den Weg nur zur Hälfte.“