Isländische Kirche setzt Gleichstellung von Frauen um

Pfarrerinnen und Bischöfinnen der Evangelisch-Lutherischen Kirche Islands bei der Einführung von Pfarrerin Agnes Sigurðardóttir (1. Reihe, 6. v.l.) ins Bischofsamt im Jahr 2012. Links neben ihr steht Bischöfin Solveig Lára Guðmundsdóttir. Foto: LWB/A. Danielsson

Frauen und junge Menschen in Leitungspositionen gefördert

Hólar, Island/Genf (LWI) – Die Evangelisch-Lutherische Kirche Islands nimmt Geschlechtergerechtigkeit sehr ernst und ist stolz darauf, Chancengleichheit für Frauen am Arbeitsplatz konsequent umzusetzen. Bei den jüngsten Wahlen für das höchste gesetzgebende Organ der Kirche – die Generalsynode oder Kirkjuþing –, das aus 12 Geistlichen und 17 Laiinnen und Laien besteht, wurden erstmals in beiden Kategorien mehr Frauen als Männer gewählt.

Für ein Land, das weltweit als erstes Land eine Präsidentin wählte und das in den letzten neun Jahren in dem Bericht über die Gleichstellung von Männern und Frauen des Weltwirtschaftsforum immer die Spitzenposition eingenommen hat, mag das nicht überraschend klingen. Aber die Kirche musste in den letzten 35 Jahren in ihren eigenen Reihen große Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass die Chancen für Frauen im kirchlichen Dienst Schritt halten mit den Entwicklungen in der Gesellschaft insgesamt.

Bischöfin Solveig Lára Guðmundsdóttir steht an der Spitze der Diözese Hólar im äußersten Norden des Landes. Seit der Lutherische Weltbund (LWB) auf seiner Siebenten Vollversammlung in Budapest 1984 seinen Grundsatz zur Gendergerechtigkeit formuliert hat, erzählt sie, habe ihre Kirche „die Ortsgemeinden immer angespornt, mindestens 40 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer“ in den Leitungsgremien zu haben.

„Auf der [Zwölften LWB-]Vollversammlung 2017 in Windhuk“, berichtet sie weiter, „wurden wir dann aber daran erinnert, dass wir diesen Grundsatz auf allen Ebenen unserer Kirchen umsetzen müssen.“

Als die Generalsynode im Herbst 2017 tagte, habe sie betont, wie wichtig es sei, dass dieser Botschaft Gehör verschafft werde und einen Vorschlag formuliert, wie dieser Grundsatz konkret in den Leitungsgremien auf den verschiedenen Ebenen der Kirche umgesetzt werden könne. Der Vorschlag wurde zusammen mit einem zweiten Vorschlag, auch mindestens 20 Prozent der Leitungspositionen an junge Menschen zu vergeben, angenommen.

Während der Wahlen für die Generalsynode im Frühjahr 2018 wurden die Wählerinnen und Wähler an diese Grundsätze erinnert und zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche wurden daraufhin mehr Frauen als Männer gewählt. Die Generalsynode wählt auch das höchste Exekutivorgan der Kirche, den Kirchenrat oder Kirkjuráð, dem neben dem Bischof oder der Bischöfin von Island – derzeit eine Frau, die auch Vorsitzende dieses Kirchenrats ist – nun zwei Frauen und zwei Männer angehören.

40 Prozent der Geistlichen sind Frauen

Guðmundsdóttir, die als eine der ersten Frauen ihrer Kirche ordiniert wurde, berichtet, dass sich die Einstellung der Menschen seit den 1980er Jahren deutlich verändert hätte. Damals seien die Menschen nicht überzeugt gewesen, dass man Geschlechterquoten brauche. „Heute sind sich alle einig, dass sie [notwendig] sind“, erklärt sie.

Als sie 1983 ordiniert wurde, erinnert sie sich, habe es nur drei weitere Pfarrerinnen gegeben. „Damals war das noch etwas ziemlich Ungewöhnliches, heute sind fast 40 Prozent der Geistlichen in Island Frauen – eine ganz schön große Veränderung!“ Sie fügt hinzu, dass „in den Ortsgemeinden und allen Gremien im ganzen Land die gleichen Geschlechterquoten gelten“.

In Bezug auf den Vorschlag, mehr junge Menschen in Führungspositionen der Kirche zu bringen, räumt Guðmundsdóttir ein, dass die Ziele noch nicht erreicht wurden und bisher nur eine junge Frau unter 30 in den Vorstand der Kirchenversammlung gewählt wurde. Es sei, betont sie, wieder einmal notwendig, die Denkweise der Menschen zu verändern, weil „die Menschen es nicht als notwendig erachten“ und den Einwand erheben, sie habe „keine Erfahrung“.

Aber Guðmundsdóttir bleibt dabei: „Ich bin fest überzeugt, dass die Kirche die Sichtweisen der jungen Menschen braucht, damit wir wirklich nachvollziehen können, was in der Gesellschaft vor sich geht.“ Die jungen Menschen von heute seien die „zukünftigen Führungspersonen unserer Kirche“ erklärt sie. „Daher müssen wir ihren Blickwinkel und ihre Standpunkte auf allen Ebenen der Kirchen miteinbeziehen.“

Die Führungsrolle, die der LWB in diesem Bereich übernommen hat, sei für die isländische Kirche „sehr wertvoll“, erzählt sie, weil die Menschen verstehen, dass wir versuchen, dem Vorbild des LWB zu folgen und die Grundsätze umzusetzen. „Daher ist es für uns in unseren Bemühungen zur Förderung junger Menschen gut und hilfreich, dass wir sagen können, der LWB habe diesen Grundsatz formuliert“, sagt sie abschließend.

Pfarrerin Judith VanOsdol, Programmreferentin für Gendergerechtigkeit und Frauenförderung beim LWB, fügt hinzu: „Eine Kirchenleitung muss aufmerksam hinhören und die erstaunliche Vielfalt einer wachsenden, missionarisch orientierten Kirche wahrnehmen. Wie aufregend, diese Vision von inklusiver Führung zu erleben, die die Kirche in Island auslebt."