Gewalt in Burundi, steigende Flüchtlingszahlen in Tansania

Regine Nibogora und ihre jüngste Tochter Stella. Foto: CWS/ Aaron. A Tate

LWB und TCRS helfen im überfüllten Flüchtlingslager Nyarugusu

Bujumbura, Burundi/ Nyarugusu, Tansania/Genf, 21. Juli 2015 (LWI) – Vor dem Hintergrund der Präsidentenwahl in Burundi ist es in der Hauptstadt Bujumbura erneut zu politischen Unruhen gekommen. Das Büro des Lutherischen Weltbundes (LWB) bleibt während der Wahl geschlossen. „Ich habe heute Morgen mit den Kolleginnen und Kollegen in Bujumbura gesprochen. Sie haben mir berichtet, dass es während der gesamten Nacht schwere Schiessereien gegeben habe“, sagt Michael Hyden, LWB-Programmreferent für Burundi.

Der LWB hat in Bujumbura fünf und in Chankuzo im Osten des Landes 27 MitarbeiterInnen. „Alle sind wohlauf und wurden angewiesen, während der Wahl zu Hause zu bleiben. Bis dahin bleiben die Büros geschlossen“, sagt Hyden. „Heute Morgen sieht es so aus, als ob viele Menschen in Bujumbura Angst haben, in die Wahllokale zu gehen. In den ländlichen Gebieten hingegen sind die Menschen bereit, ihre Stimmen abzugeben.“

Nächtlicher Terror durch Jugendmilizen

Der Flüchtlingsstrom aus Burundi in das Nachbarland Tansania hält an. Der Christliche Flüchtlingsdienst von Tanganjika (TCRS), ein mit dem LWB assoziiertes Programm, leistet Hilfsdienste im Flüchtlingslager Nyarugusu. Am 9. Juli 2015 waren in Westtansania 76.263 Flüchtlinge aus Burundi registriert, jeden Tag kommen fast 3.000 Neuankömmlinge hinzu.  

Eine von ihnen ist Regine Nibogora , die auf einem kleinen Stück Land in Rumonge im Südwesten Burundis Maniok angepflanzt hat. Durch Arbeit auf den Feldern anderer Bauern hat sie oft etwas hinzuverdient, um ihren sieben kleinen Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Sie flüchtete, nachdem ihr eines Tages spät in der Nacht die Jugendmiliz  Imbonerakure („die, die weit sehen“) der Regierungspartei einen Besuch abstattete.

„Mein Nachbar wurde einmal von der Imbonerakure aufgesucht und lehnte es ab, sich zu der regierenden Partei zu bekennen“, berichtet sie. „Er wurde von den Milizionären verschleppt und nie wieder gesehen.“ Als die Imbonerakure nachts bei ihr eindrang und wissen wollte, für wen sie bei der Wahl stimmen werde, entschloss sie sich zur Flucht.

Die Mutter von sieben Kindern war auf sich allein gestellt. Ihr Ehemann hatte die Familie direkt nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter Stella verlassen, die jetzt 15 Monate alt ist. Da sie sich nicht um alle ihre Kinder kümmern konnte, vertraute sie ihre zehnjährige älteste Tochter ihrer Schwester an, die in die Demokratische Republik Kongo fliehen wollte. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die beiden in Sicherheit waren, machte sie sich mit ihren anderen sechs Kindern auf den Weg in die südliche Provinz Makamba, wo sie gemeinsam an Bord einer Fähre nach Kagunga in Tansania gingen. Am 13. Juli kam die Familie in Nyarugusu an.

„Ich will nur Frieden“

Der TCRS unterstützt die Flüchtlinge aus Burundi im Lager Nyarugusu mit existenzwichtigen Hilfsgütern wie Küchengeräten, einem Eimer, Kanistern und Notunterkünften. Die Familie muss sich ihre Behausung mit 230 anderen Menschen in einem erweiterten Teil des Flüchtlingslagers teilen.

Am Tag nach ihrer Ankunft im Camp wurden bei einem Kampf mit Sicherheitskräften in den Provinzen Cibitole und Kayanza nahe der Grenze zu Ruanda mindestens 31 Soldaten getötet, die am 13. Mai an einen misslungenen Putschversuch beteiligt waren. Die Behörden berichteten ausserdem, sie hätten mindestens 100 Rebellen gefangen genommen. Ein grosser Teil der Bevölkerung wird die heutigen Wahlen aus Angst oder Protest voraussichtlich boykottieren.

Im Flüchtlingslager Nyarugusu , das vor vielen Jahren 60.000 Flüchtlingen aus dem Kongo aufgenommen hat, leben inzwischen mehr als 127.000 Menschen. In dem überfüllten Lager fehlt es an Wasser, Zelten, sanitären Einrichtungen und psychosozialer Betreuung. Wenn sich die Lage in Burundi nicht ändert, ist mit einem Anstieg der Flüchtlingszahlen auf eine halbe Million zu rechnen.

„Ich will auf jeden Fall nach Burundi zurückkehren, wenn wieder Frieden im Land herrscht“, sagt Nibogora. Ihr ist es gleichgültig, wer an der Macht ist. „Ich will nur Frieden“.