Geographische Vielfalt, aber ähnliche Herausforderungen

Unter den zwölf Kirchenleitenden, die an der RoNEL-Klausurtagung 2018 teilgenommen haben, waren (v.l.) Pfr. Conrad Kersting Plummer (Guyana), Bischöfin Katherine Finegan (USA) und Bischof Péter Kondor (Ungarn). Foto: LWB/S. Gallay

Tagung von neu gewählten Führungspersonen aus LWB-Mitgliedskirchen 2018

Genf (LWI) – Eine Gruppe von zwölf neu gewählten Kirchenleitenden aus 12 Ländern ist zu einer Tagung des Lutherischen Weltbund (LWB) in Genf zusammengekommen und hat festgestellt, dass es zwar sehr große Unterschiede zwischen ihren jeweiligen Lebensrealitäten gibt, dass sie aber gleichzeitig auch mit sehr ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, und es mehr Gelegenheiten für einen Austausch unter ihnen geben sollte.

Die Kirchenleitenden aus verschiedenen Ländern in den Regionen Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika und die Karibik sowie Nordamerika haben an der vom LWB organisierten Tagung für Neugewählte Kirchenleitende (Retreat of Newly Elected Leaders, RoNEL) vom 18. bis 22. November in Genf teilgenommen. Im Anschluss sind sie vom 23. bis 27 November zum zweiten Teil der Tagung ins LWB-Zentrum Wittenberg (Deutschland) weitergereist. Der Workshop ist der vierte seiner Art in einer Reihe, die 2015 ins Leben gerufen wurde, und hat sich schwerpunktmäßig mit der Geschichte der protestantischen Reformation beschäftigt.

„Die Rückmeldungen der Teilnehmenden haben bestätigt, dass sie einen solchen Raum und Rahmen begrüßen, um über das Thema Führungsverantwortung ganz allgemein zu sprechen und insbesondere ihre eigene Berufung in Verbindung damit, wie die Bibel ausgelegt wird und sie persönlich berührt hat, und wie bestimmte Personen aus der Bibel sie konkret inspiriert haben, eine Führungsrolle zu übernehmen“, sagte Pfarrerin Dr. Patricia Cuyatti, LWB-Gebietsreferentin für die Region Lateinamerika und die Karibik und Koordinatorin des RoNEL-Programms. „Genau genommen wünschen sie sich, dass dieser Raum noch weiter ausgebaut wird, um die Möglichkeiten, voneinander zu lernen, noch zu erweitern“, erklärte sie weiter.

An der diesjährigen RoNEL-Tagung teilgenommen haben kürzlich neu gewählte Bischöfinnen und Bischöfe sowie Präsidenten aus den verschiedenen LWB-Regionen. Sie repräsentierten etablierte Kirchen lutherischer Tradition und ganz junge und kleine Minderheitskirchen. In Genf tauschten sie sich darüber aus, welch sehr unterschiedlichen Erfahrungen sie als Kirchen in ihren jeweiligen Kontexten machten und welchen wichtigen Beitrag theologische Aus- und Weiterbildung zur Mission der Kirchen leiste, brachten aber auch ihre Dankbarkeit für das Interesse an der Spiritualität und Solidarität ihres Führungswirkens zum Ausdruck.

Sie hätten viel über die Rolle der einzelnen Kirchenleitenden in einer weltweiten Gemeinschaft gelernt und darüber, wie sie einander zum Beispiel durch Gebete unterstützen und die Reformation in unserer heutigen Zeit neu denken könnten und was es bedeutet, Mitglieder des LWB zu sein. In einer der Arbeitssitzungen hat LWB-Generalsekretär Martin Junge die neue LWB-Strategie 2019-2024 vorgestellt und die Teilnehmenden ermutigt, sie in ihren Heimatländern an Diskussionsgruppen und Leitungsgremien weiterzugeben.

Pfr. Conrad Plummer berichtete über die Evangelisch-Lutherische Kirche in Guyana, die rund 16.000 Mitglieder in 43 Gemeinden hat. Er erklärte, theologisches Personal sowie Laiinnen und Laien würden an der lutherischen Laien-Akademie ausgebildet, die von Professorinnen und Professoren vom Wartburg Theological Seminary, einem theologischen Institut der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), unterstützt würde.

Die Abwanderung aus Guyana, erzählte er, habe negative Auswirkungen auf das Bevölkerungswachstum in den Gemeinschaften und den Kirchen. Die Lage des Landes zwischen Brasilien, Suriname und Venezuela führe dazu, dass es eine Transitzone für Drogen sei, was für die Bevölkerung natürlich auch ein Problem sei.

Revitalisiert durch Partnerkirchen

Bischöfin Katherine Finefan von der Northern Great Lakes-Synode der ELKA berichtete über die Gemeinschaft von 27.500 Lutheranerinnen und Lutheranern auf der Upper Peninsula (obere Halbinsel) des US-Bundesstaates Michigan und im Nordosten des Bundesstaates Wisconsin, die ihren Angaben nach ebenfalls schrumpfe.

Die Synode ist eine der 65 Synoden der ELKA und ist mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELKT) eine Partnerschaft eingegangen. Die tansanische Kirche erneuere und revitalisiere ihre Gemeinde, wenn sie Besuchergruppen schicke, erzählte Finefan.

In die Zukunft schauen

Bischof Alexis Salgado von der Lutherischen Kirche in Chile (ILC) berichtete, dass seine Kirche rund 10.000 Mitglieder habe und eine von zwei LWB-Mitgliedskirchen in Chile sei – die andere sei die Evangelisch-Lutherische Kirche in Chile.

Die Zeit der Militärdiktatur in seinem Land von 1973 bis 1990 habe die beiden Kirchen getrennt gehalten und die ILC sei im Verlauf mit der „schlechten Seite“ in Verbindung gebracht worden, erklärte er. „Aufgrund der politischen Probleme hat meine Kirche sich isoliert“, so Salgado. „Sie war für die Gesellschaft nicht zugänglich. Aber das hat sich inzwischen geändert. Die neue Generation ist nicht so sehr gefesselt von dem, was in der Vergangenheit war. Sie schauen in die Zukunft“, erzählte er.

Spirituelle Erneuerung fördern

Bischof Asish Kumar Pal ist Oberhaupt der Evangelisch-Lutherischen Kirche Jeypur (ELKJ) in Indien, die 246.784 Mitglieder hat und 1882 von den Missionaren der ehemaligen Breklumer Mission in Deutschland gegründet wurde. Die Kirche umfasst 472 Gemeinden, hat 124 Pfarrerinnen und Pfarrer, 61 Predigerinnen und Prediger und 212 Laiinnen und Laien mit Leitungsfunktion.

„Unsere Kirche fördert eine spirituelle Erneuerung aller getauften Christinnen und Christen“, sagte Pal. Er berichtete über die Bemühungen der ELKJ, Gemeinden in „Ressourcenzentren“ umzuwandeln, und über das Engagement der Kirche für die Rechte der Dalit und Adivasi und andere indigene Bevölkerungsgruppen, die diskriminiert werden.

Cuyattis Fazit vom ersten Teils des Treffens ist: „Für die Kirchenleitenden war es eine sehr gute Erfahrung, von den Kirchen in verschiedenen Kontexten zu hören, und gemeinsam zu beten und zu wissen, dass sie von vielen Seiten unterstützt werden.“ Sie zitierte einen der Bischöfe, der gesagt hat: „‚Wir sind es, die für andere beten müssen, und es ist wichtig, dass wir merken, dass wir nicht allein unterwegs sind und auf ganzheitliche Weise unterstützt werden.‘“