„Gemeinsame Wurzeln – gemeinsame Wege“

Austausch zwischen Ost und West, Nord und Süd: Noria Majaman aus Malaysia und Wilhelmina Mafuru aus Tansania im Dialog während der Partnerschaftskonsultation in Stuttgart, ausgerichtet von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Foto: OKR/Betzelt

Internationale Partnerschaftskonsultation in Stuttgart

STUTTGART, Dentschland/GENF (LWI) „Bei aller Sympathie, Freundschaft, Partnerschaft, Hilfe und Unterstützung, die wir austauschen: der tragende Grund, das Fundament ist Jesus Christus und das Evangelium. Dieses Fundament gibt uns Freiheit einander als Verschiedene zu begegnen und doch eins in Jesus Christus zu sein“, so Landesbischof Dr. h.c. Frank July beim Abschlussgottesdienst der Partnerschaftskonsultation der ersten Partnerschaftskonsultation der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Sie fand vom 22. bis 27. September in Stuttgart, Deutschland, statt. July ist gleichzeitig im Lutherischen Weltbund (LWB) Vizepräsident für die Region Zentral-Westeuropa.

Zur Tagung waren 50 Vertreterinnen und Vertretern aus 25 verschiedenen Kirchen aus aller Welt zu Gast. Je zwei Vertreter aus Südafrika,   Argentinien, Indonesien, Rumänien, Libanon, Jordanien, Frankreich, Nigeria, Ghana und weiteren Ländern trafen sich mit Vertretern aus Württemberg, um gemeinsam aktuelle und drängende Fragen der Kirchen    zu bearbeiten und miteinander ins Gespräch zu kommen. Unter den Gästen war auch der Präsident des LWB, Bischof Dr. Munib A. Younan, Oberhaupt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land.

Zeit und Kraft für Dialog

Seiner Predigt legte July die Geschichte vom Kämmerer aus Äthiopien (Apostelgeschichte 8, 26-39) zugrunde: „Mit unserer Partnerschaftskonsultation sind wir konkret für ein kleines Stück Weg gemeinsam in den Wagen gestiegen.“ Aus der Begegnung zwischen Philippus und dem Kämmerer könne man lernen, dass „Dialog und Evangeliumsverkündigung Zeit brauchen.“ Auch gebe es verschiedene Möglichkeiten, die Schrift auszulegen. „Darüber gibt es zumal auch kontroverse Positionen – in der württembergischen Landeskirche genauso wie im Lutherischen Weltbund oder in anderen Kirchen dieser Welt. Und genau da beginnt der Dialog, der uns manches Mal auch Kraft und Zeit kostet.“

Vertrautes und Veränderungen

Das erste Hauptreferat der Konsultation, die unter dem Thema „Gemeinsame Wurzeln – gemeinsame Wege“ stand, hielt Bischöfin i.R. Maria Jepsen. Sie war 1992 in Hamburg als die weltweit erste lutherische Bischöfin in dieses Amt gewählt worden und von 2003 bis 2010 auch Mitglied im Rat des LWB.

An den Anfang ihres Referates stellte sie das gemeinsame Ziel: „Uns schwebt das Reich Gottes vor mit seinem Frieden. Das himmlische Jerusalem“, um unmittelbar nach dieser biblischen Vision den nüchternen Ist-Zustand zu benennen: „Bis dahin haben wir mit Unterschieden zu leben. Es ist die Frage, wie wir mit ihnen umgehen. Auch mit den Unterschieden unter uns.“ Verschiedenheit habe die Christenheit von Anfang an geprägt, und es „war längst nicht immer versöhnte Verschiedenheit“.

Jepsen verwies darauf, dass Vertrautes immer wieder Veränderungen unterzogen werde. Neue theologische Erkenntnisse, historische Umwälzungen, die Begegnung mit Menschen aus anderen Teilen der Welt oder anderer Religionen: sie hinterfragen, bereichern und fordern heraus. Die Herausforderung für die Christinnen und Christen in Europa fasste Jepsen in ein Zitat von einem Plakat aus den Siebziger-Jahren: „Europas Christen müssen reicher werden – an Hoffnung, Wahrhaftigkeit, Demut, Glaube, Liebe, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Vertrauen, Brüderlichkeit, Erkenntnis durch Christus.“ Als Ergänzung wolle sie hinzufügen „an Kenntnis der Bibel und ihrer Gebete und Geschichten“, so Jepsen. „Wir leiden an Bibelarmut.“

Gemeinsam weitergehen

Pfarrer Dr. Fidon Mwombeki, Leiter der LWB-Abteilung für Mission und Entwicklung, legte seinem Referat ein afrikanisches Sprichwort zugrunde: „Wenn du schnell gehen willst, geh allein; wenn du weit gehen möchtest, geh gemeinsam mit anderen.“ Als gemeinsame Grundlagen führte er das Geschöpf-Sein, die Taufe, das Abendmahl, das Geschenk des Glaubens und die heilige Schrift aus. Allerdings erforderten gemeinsame Wege „Geduld und Mut.“ Unterschiedliche Denkmuster oder Sozialisation aber auch unterschiedliche Auslegungen der Schrift könnten zur Zerreißprobe führen, so Mwombeki. „Keiner von uns sollte so arrogant sein zu behaupten, dass er der Hüter der korrekten Auslegung der Schrift ist.“  Er lud die Teilnehmenden ein einander zuzuhören, beieinander zu bleiben und einander liebevoll zu begegnen, „um es zu schaffen, gemeinsam zu gehen.“

Das Fazit der Tagung ist positiv: In diesen Tagen sei ein Netzwerk entstanden und Beziehungen untereinander vertieft worden. “Wir gehen ein gutes Stück mutiger und gestärkter wieder nach Hause”, so eine Teilnehmerin.