Gemeinsam im Kampf gegen HIV und Stigmatisierung

Der tansanische Pfarrer Amin Sandewa ist Gründungsmitglied des Netzwerks der von HIV und Aids betroffenen kirchlichen Amtsträgerinnen und -träger. Foto: Privat

Pfarrer Amin Sandewa aus Tansania berichtet über seine Erfahrungen

ARUSHA, TANSANIA/GENF, 20. Juli 2016 (LWI) – Zwar ist die Zahl der von Aids und HIV betroffenen Menschen in Tansania seit den ersten gemeldeten Fällen im Jahre 1983 stark gestiegen, aber auch bei der Prävention und der Behandlung hat es bemerkenswerte Fortschritte gegeben.  Maßnahmen gegen Stigmatisierung und Diskriminierung sind nach Aussage von Pfarrer Amin Sandewa jedoch nach wie vor dringend erforderlich.

„Wir müssen das Tempo unserer gemeinsamen Initiativen forcieren“, fordert Sandewa, der sich seit mehr als zwei Jahrzehnten aktiv für die Rechte von Menschen einsetzt, die mit HIV leben.

Im Jahre 2015 gab es in Tansania nach Angaben des HIV/Aids-Programms der Vereinten Nationen, UNAIDS, geschätzte 1,4 Millionen Menschen mit HIV. Das Gesundheitsministerium Tansanias gab bekannt, dass jedes Jahr 150 000 Menschen an Aids-bedingten Krankheiten sterben.

„Da kein Heilmittel in Sicht ist und dieser Kampf sehr lange dauern wird, müssen wir alle unsere Kräfte bündeln“, sagt der ordinierte Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania. Die Kirche hat ihr erstes Aids-Bekämpfungsprogramm im Jahre 1987 durchgeführt.

Netzwerkarbeit und umfassende Erfahrungen

Netzwerkarbeit hat sich als ein effektiver Ansatz für Programme zur Bekämpfung von Aids bewährt, sagt Sandewa. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des Netzwerks der von HIV und Aids betroffenen kirchlichen Amtsträgerinnen und -trägern in Tansania (TANERELA), der Ortsgruppe des internationalen Netzwerks INERELA.

Er berichtet, dass die Gründung des nationalen Netzwerks der mit HIV lebenden Menschen im Jahre 2005 „für mich die richtige Entscheidung war: Ich habe erkannt, dass ich meine umfangreichen persönlichen Erfahrungen als Geistlicher, der mit dieser Krankheit lebt, nutzen kann, um mit religiösen Führungspersonen und anderen Mitgliedern der Gesellschaft ganz konkret über die Realität reden zu können.“

Sandewa spricht über sein intensives Engagement mit religiösen Führungskräften aller Glaubensrichtungen sowie der Gesellschaft insgesamt. „Ich arbeite auf der gemeindlichen Ebene und weise in meinen Beratungen besonders darauf hin, wie wichtig ein offener Umgang mit dem HIV-Status ist. Ich ermutige die Betroffenen, eine positive Lebenseinstellung zu entwickeln, und leite sie an, ihre Stigmatisierung zu überwinden und auch mit Diskriminierungen umzugehen. Ich leiste bei religiösen Führungspersonen Aufklärungsarbeit und bestärke sie darin, sich selbst auf HIV testen zu lassen und damit in der Aids-Thematik mit gutem Beispiel voranzugehen. Es ist für die Menschen wichtig, zur richtigen Einstellung zu finden und genügend Informationen über die Krankheit zu haben. Sie müssen die Botschaft der Hoffnung hören, dass HIV und Aids Erkrankungen sind, denen man nicht hilflos ausgeliefert ist.“

Gesundheits- und Bildungseinrichtungen

Der Lutherische Weltbund unterstützt die von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELKT) geleistete Aids-Arbeit, deren Mittelpunkt die seelsorgerischen und diakonischen Einrichtungen der Kirche sind. Der LWB fördert Prävention, Behandlung und Pflege. Die lutherischen Kirchen in Tansania unterhalten 24 Krankenhäuser und fast 150 Gesundheitszentren und Apotheken, die mehr als 15 Prozent der Bevölkerung des Landes versorgen. Die Kirche verfügt weiterhin über 120 Bildungseinrichtungen, darunter zwei Universitäten und mehrere Hochschulen, Primar- und Sekundarschulen, Sonderschulen, Seminare, Berufsschulen und medizinische Schulungszentren.

In Tansania leben 690 000 Frauen in der Altersgruppe ab 15 mit HIV.  Die Frauenarbeit der lutherischen Kirchen unterstützt Projekte zur Förderung der wirtschaftlichen Selbstbestimmung von Frauen und befasst sich mit Themen wie Gewalt gegen Frauen als einer der Faktoren, die diese Gruppe einem höheren HIV-Infektionsrisiko aussetzt.  Armut zwingt Frauen meistens dazu, ungeschützten Sex zu praktizieren. Es sind oft junge Mädchen aus wirtschaftlich prekären Verhältnissen, die sexuelle Gefälligkeiten gegen finanzielle Zuwendungen bieten.

Ganzheitliches Modell

Das übergeordnete Ziel des Aids-Programms der ELKT ist die Kombination klinischer und allgemeiner Initiativen zur Bekämpfung der Pandemie. Kirchenleitende, Gemeindemitarbeitende, weibliche Führungskräfte sowie die Jugend- und Sonntagsschulen-Lehrkräfte gehören zu den Gruppen, die für diesen speziellen Dienst ausgebildet werden.

Im Jahre 2015 setzte sich Sandewa für HIV-Tests an 300 religiösen Führungspersonen und 1 300 Gemeindemitgliedern ein. Er unterwies ebenfalls 15 religiöse Führungskräfte in Präventions- und Gegenmaßnahmen bei geschlechtsspezifischer Gewalt und sorgte dafür, dass 60 Sexarbeiterinnen über ihr Recht auf Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen aufgeklärt wurden.

„Als Kirche ist es wichtig, die Wahrnehmung der HIV- und Aids-Problematik zu verändern. Diese Krankheit ist ein Gesundheitsproblem, das mehr als nur eine klinische Betrachtungsweise verlangt. Aus diesem Grund haben wir uns für dieses ganzheitliche Modell entschieden“, so Sandewa.

Die ELKT hat mehr als 6,5 Millionen Mitglieder. Ihre Aids-Arbeit wird in allen ihren 24 Diözesen und zahlreichen Gemeinden durchgeführt.