Führungsverantwortung für Frieden und Versöhnung

Die diesjährigen Teilnehmenden an der Klausurtagung für neu gewählte Kirchenleitende im Ökumenischen Zentrum, Genf. Foto: LWB/C. Kästner

Generalsekretärin begrüßt neue Kirchenleitende aus LWB-Mitgliedskirchen

GENF (LWI) – Die Kirche lebt nicht außerhalb der Welt, sondern ist dazu berufen, die frohe Botschaft Jesu Christi zu verkünden und Botschafterin für Frieden und Versöhnung zu sein. Dies betonte die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfarrerin Anne Burghardt, als sie eine Gruppe neu gewählter Kirchenleitenden aus den LWB-Mitgliedskirchen begrüßte, die in dieser Woche in Genf zusammenkamen, um sich über Führungsverantwortung in der Gemeinschaft auszutauschen.

„Führungsverantwortung und das Bischofsamt in der LWB-Gemeinschaft“ lautete das Thema der diesjährigen Klausurtagung der neu gewählten Kirchenleitenden (RoNEL), an der 16 Kirchenleitende aus 13 Ländern teilnahmen.

Bei ihren Erläuterungen sprach Burghardt über die vier Säulen des LWB und darüber, wie diese nach wie vor die Mission und Vision der Gemeinschaft prägen: Hilfe für die Bedürftigen, gemeinsame theologische Bemühungen, gemeinsames Zeugnis für die ökumenische Einheit und gemeinsame Missionsinitiativen.

Sie stellte drei wichtige Ergebnisse einer LWB-Analyse aus der ersten Hälfte des Jahres in Bezug auf die Herausforderungen heraus, mit denen sich die Gemeinschaft und ihre Mitgliedskirchen beschäftigen. Die Covid-19-Pandemie, die Zunahme autoritärer und populistischer Regime, Polarisierung und der Anstieg fundamentalistischer theologischer Tendenzen sowie der Klimawandel stellten sich unabhängig von der geografischen Lage der LWB-Mitgliedskirchen oder der Arbeit der Länderprogramme als zentrale Themen heraus.

Mit Blick auf die Rolle der Kirche in der Gesellschaft bezeichnete sie die Führungsverantwortung für Frieden und Versöhnung als eine der dringendsten Aufgaben des LWB in der heutigen Zeit. „Es ist wichtig, sich nicht von der Politik instrumentalisieren zu lassen, sondern für Menschenwürde und Versöhnung einzustehen“, sagte Burghardt. Gleichzeitig stellte sie fest, dass „wir Christinnen und Christen nicht vergessen sollten, dass es Gott ist, der Versöhnung herbeiführt, während es unsere Aufgabe ist, an diesem Vorgang mitzuwirken.“

Die Kirche selbst, so Burghardt, sei nicht vor autoritären Handlungsmustern geschützt, die einen Top-Down-Führungsstil unterstützen, so dass Kritik, die Bereitschaft, von Rückmeldungen zu lernen, und abweichende Meinungen unterdrückt werden. Die Ausbreitung solcher Führungsmuster in Kirchen berge nicht nur das Risiko, dass die von Gott anvertrauten Gaben der Einzelnen nicht genutzt werden, sondern stehe auch im Widerspruch zu dem lutherischen Grundsatz des Priestertums aller Gläubigen, der die Inklusion und nicht die Exklusion von Menschen unterstütze. „Daher müssen wir uns fragen: Sind unsere Kirchen Orte, an denen alle Menschen dienen können?“ fragte sie.

Die Generalsekretärin lobte die Arbeit vieler LWB-Mitgliedskirchen und Länderprogramme im Bereich Führungsverantwortung als Reaktion auf die „Schattenpandemie“ sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt. Sie zitierte Studien zu den psychologischen Folgen der Abstandsregelungen, einschließlich Vereinsamung und Individualisierung, und zu der rapiden Zunahme der Selbstmordrate bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. „All dies sind beunruhigende Entwicklungen, durch die die Kirchen dazu aufgerufen werden, die Aufmerksamkeit stärker auf die seelsorgerliche Betreuung zu richten und Pfarrerinnen und Pfarrer sowie seelsorgerlich tätige Menschen mit Beratungsfähigkeiten auszustatten.“

Bezüglich der Klimakrise betonte Burghardt die Bemühungen des LWB um soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit und betonte die Notwendigkeit, sich mit den theologischen Implikationen für das Lesen und Verstehen der Bibel auseinanderzusetzen. Eine der Fragen beziehe sich auf die Auslegung des 1. Buch Mose. „Wie viele unsere Pfarrerinnen und Pfarrer zitieren noch das Gebot aus dem 1. Buch Mose, das Land ‚zu besitzen‘ als Erlaubnis, die Umwelt auszubeuten, obwohl die Bibel ein verantwortungsvolles Umgehen meinte? Sollten wir nicht vielmehr die Betonung auf Vers 15 aus dem 1. Mose, 2 legen, wo es heißt, dass wir die Schöpfung bebauen und bewahren sollen?“, fragte sie.

Voneinander lernen

Die Generalsekretärin lud die Kirchenleitenden dazu ein, über das Thema der Dreizehnten Vollversammlung des LWB, „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“ ins Gespräch zu kommen und einen aussagekräftigen Beitrag aus ihrem jeweiligen Kontext heraus zu leisten. „Alle LWB-Mitgliedskirchen können etwas voneinander lernen. Wir müssen Geduld haben, und einander zuhören“, fügte sie hinzu.

Die an der diesjährigen Klausurtagung teilnehmenden Bischöfinnen und Bischöfe sowie Kirchenpräsidenten kommen aus LWB-Mitgliedskirchen in Argentinien, Brasilien, Kamerun, Honduras, Indonesien, Kenia, Malaysia, Russland, Serbien, Singapur, der Slowakischen Republik, den Vereinigten Staaten von Amerika und Simbabwe.

Der erste Teil des Programms umfasst den Austausch über Führungserfahrungen im jeweiligen Kontext, die Diskussion über Leitlinien für eine verantwortungsvolle Führung und die Vermittlung von Informationen über die strategische Arbeit des LWB. Der zweite Teil der Klausurtagung findet vom 9. bis 12. September im LWB-Zentrum in Wittenberg, Deutschland, statt.

Von LWB/P. Mumia. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk, Redaktion: LWB/A. Weyermüller