Frieden und Gerechtigkeit – wesentliche Elemente der Mission der afrikanischen Kirche

Teilnehmende beim Abschlussgottesdienst der Kirchenleitungskonferenz. Foto: LWB/ALCINET

Regionale Kirchenleitungskonferenz spricht Empfehlungen aus

Moshi, Tansania/Genf (LWI) – Lutherische Kirchenleitende aus Afrika haben betont, dass beim ganzheitlichen Zeugnis für Frieden und Gerechtigkeit auf dem Kontinent heute Themen wie etwa die mit der Zwangsmigration einhergehende „Kette der Sklaverei“ im Mittelpunkt stehen müssen, die direkte Relevanz für den Kontext haben. Darüber hinaus müssten Strategien zur Bewältigung des Klimawandels angeboten werden.
Zum Abschluss der Konsultation lutherischer Kirchenleitender in Afrika 2019, die vom 13. bis 17. Mai in Moshi (Tansania) stattfand, führten die Teilnehmenden außerdem die Dimensionen gutes Management und Rechenschaftspflicht, Jugendpartizipation, Gendergerechtigkeit sowie theologische Aus- und Weiterbildung als unerlässliche Bestandteile der Mission der Kirche in der Gegenwart auf.

Neue Konzepte für die ganzheitliche Mission in Afrika

Zu der vom Lutherischen Weltbund (LWB) veranstalteten Konsultation traten zum ersten Mal seit seiner Zwölften Vollversammlung, die 2017 in Windhuk (Namibia) stattgefunden hatte, Delegierte aller 31 afrikanischen LWB-Mitgliedskirchen zusammen. Gastgeberin der Tagung unter dem Leitwort „Neue Konzepte für die ganzheitliche Mission in Afrika heute“ war die Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania (ELKT).
 
Unter Verweis auf den weltweit vernetzten illegalen Menschenhandel betonten die Teilnehmenden, Armut sei eine der Hauptursachen für Zwangsmigration. Sie erklärten, der „Kampf gegen alle Mächte, die Menschen versklaven und entwürdigen“, sei integraler Bestandteil der Mission der afrikanischen Kirche in der Gegenwart, und riefen die Mitgliedskirchen des LWB in der Region und weltweit dringend auf, sich dieses Phänomen bewusst zu machen und Maßnahmen wie das Projekt „Symbole der Hoffnung“ zu ergreifen, das potenziell von Migration Betroffenen Kompetenzen vermittelt und Chancen eröffnet auf ein Leben in Würde in ihrer eigenen Heimat.
 
Unter den 120 Teilnehmenden waren Bischöfe und Präsidenten sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter der Kirchenleitungen, Verantwortliche aus der Frauen- und Jugendarbeit, LWB-Ratsmitglieder, Delegierte von Netzwerken der theologischen Ausbildung, der Bekämpfung von Armut und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit sowie der Kommunikation und geladene ökumenische Gäste.
 
Die afrikanischen Kirchen wurden ermutigt, die Umsetzung des Rahmenplans zur Überwindung von Armut und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit („A Framework for Overcoming Poverty and Economic Injustice in Africa“) voranzutreiben, den die Region 2016 formuliert hat, da dessen integrativer Ansatz die Lebensgrundlagen und Rechte benachteiligter Menschen und Gemeinwesen schütze und wahre.

Besondere Aufmerksamkeit richtete die Regionalkonferenz auch auf den Zusammenhang zwischen theologischer Ausbildung und ganzheitlicher Mission. Die Delegierten äußerten sich enttäuscht über die knappen finanziellen Mittel sowie die deutlich rückläufigen Einschreibungszahlen, wodurch sie die Zukunftsfähigkeit dieser wesentlichen Komponente ganzheitlicher Mission gefährdet sahen. Sie regten die Einrichtung eines regionalen Kommunikationsnetzwerks an, das in der theologischen Ausbildung Tätige, Bildungseinrichtungen, afrikanische Kirchenleitungen und das Büro der LWB-Kirchengemeinschaft einbeziehen soll.

Unterstrichen wurde bei der Konsultation, dass auf allen Ebenen kirchlichen Lebens gutes Management und Rechenschaftspflicht unerlässlich seien und alle Interessengruppen eingebunden werden müssten. Die Delegierten riefen die Kirchenleitenden auf, für „auf Partizipation angelegte Strukturen“ zu sorgen, „die kein Kirchenglied aufgrund des Geschlechts, des Alters, der ethnischen Gruppe, der Hautfarbe und/oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht diskriminieren.“ Weiterhin forderten sie die Kirchen auf, sich mit Möglichkeiten für eine strukturiertere Übergabe von Leitungsämtern und für das Talentmanagement zu befassen, um unnötigen Konflikten bei Wechseln in Leitungspositionen vorzubeugen.

Die Konsultationsteilnehmenden stellten fest, das „Grundsatzpapier: Gendergerechtigkeit im LWB“ habe sich zu einem hilfreichen Instrument für die Stärkung von Frauen und Mädchen sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft entwickelt, und riefen dazu auf, es formell in die Kirchenverfassungen aufzunehmen. Sie forderten, hier auch die Männer aktiv einzubinden, etwa im Blick auf die Veränderung von Männlichkeitsvorstellungen. Die Kirchen müssten direkt gegen sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt in der Kirche vorgehen.

Auch dem Thema Jugendpartizipation in der Kirche widmete das Plenum breiten Raum – diskutiert wurden unter anderem die Empfehlungen der vorbereitenden Jugendtagung. Die Delegierten bekräftigten, die Jugend sei „Gegenwart und Zukunft der Kirche und der Same von Erneuerung und Wandel“. In Mentoratsprozesse und Prozesse zur Vermittlung von Leitungskompetenz sollten junge Menschen eingebunden werden. Die Kirchen wurden dringend aufgerufen, junge Menschen für eine verstärkte Mitwirkung in unterschiedlichen kirchlichen Diensten zuzurüsten, jugendfreundlichere liturgische Ansätze zu fördern und mehr junge Menschen zur Entscheidung für eine theologische Ausbildung zu ermuntern.

Auch das gottesdienstliche Leben hatte in der Kirchenleitungskonsultation einen hohen Stellenwert. Zur Eröffnung fand ein Abendmahlsgottesdienst statt, die Konferenztage wurden strukturiert durch morgendliche Bibelarbeiten, Mittagsgebete und Abendandachten.

In seiner Predigt zum Abschlussgottesdienst nahm Bischof Horst Müller, Evangelisch-Lutherische Kirche im Südlichen Afrika (N-T), im Zusammenhang mit der Präsenz und dem lebendigen Zeugnis der Kirchen in der Welt die Verantwortung der Ordinierten gegenüber den Laiinnen und Laien in den Blick. Auf der Grundlage von 1. Timotheus 3,14f als Predigttext betonte Müller, „ganzheitliche Mission (Verkündigung, Diakonie und Advocacy)“ könne nicht „von oben verwirklicht“ werden, „sie muss an der Basis geschehen, wo die Menschen sind, wo die Christinnen und Christen leben.“ Es sei Aufgabe der Kirchenleitenden, „den Raum zu schaffen, damit dies geschehen kann, indem sie Laiinnen und Laien die Befugnis geben, sich aktiv einzubringen, nicht nur in der Fürsorge, sondern auch in der Weitergabe des Evangeliums.“
 
Müller, der auch das Amt des Präsidenten der Lutherischen Gemeinschaft im südlichen Afrika (LUCSA – Lutheran Communion in Southern Africa) innehat, mahnte alle, die zum ordinierten Amt berufen sind, Laiinnen und Laien nicht „einzuschränken und geringzuschätzen“, sondern sie zuzurüsten und zu ermutigen. Das lebendige Zeugnis der Kirche geschehe nicht „durch glanzvolle Paraden von Amtsträgern und Amtsträgerinnen“, sondern durch das Zeugnis von Millionen Gläubigen, die ihren Glauben leben. Müller rief die Kirchenleitenden auf, „bescheiden, mutig und gehorsam genug zu sein, dass Christus an unserer Autorität und unserem Status vorbei handeln kann“.