Forderungen an Brüsseler Konferenz zur Beendigung des Syrien-Konflikts

Der LWB fordert gemeinsam mit anderen Unterzeichnern der Erklärung die Beendigung des seit zehn Jahre anhaltenden Bürgerkriegs in Syrien sowie die Unterstützung aller durch die dort herrschende Gewalt vertriebenen Menschen. Foto: LWB/Schlott

IV. Brüsseler Konferenz befasst sich mit der Krise in Syrien und seinen Nachbarländern

AMMAN, Jordanien/GENF (LWI) – Der Lutherische Weltbund (LWB) hat eine Erklärung der Act Alliance im Namen seiner Mitglieder in Syrien und seinen Nachbarländern unterzeichnet. Die Erklärung fordert eine „transformative Konferenz“ zur Unterstützung eines gerechten Friedens, zur Beendigung der Gewalt und zur Aufnahme einer sinnvollen Partnerschaft mit der Zivilgesellschaft, begleitet von einer auf mehrere Jahre ausgelegten flexiblen Finanzierung zur Unterstützung der Opfer des Konfliktes in Syrien und den benachbarten Ländern.

Die Act Alliance hat diese Erklärung unmittelbar vor der IV. Brüsseler Konferenz veröffentlicht, deren gemeinsamen Vorsitz die Vereinten Nationen (UN) und die Europäische Union übernehmen, und auf der es um die „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ geht. Die für den 30. Juni geplante Konferenz wird aufgrund der COVID-19-Einschränkungen als Online-Veranstaltung stattfinden.

Die Organisatoren der Konferenz weisen darauf hin, dass die Situation in Syrien und der Region nach wie vor „hochkritisch“ sei und der Konflikt mittlerweile ins zehnte Jahr gehe. Millionen von Syrern und Syrerinnen, die durch die Kämpfe zu Binnenvertriebenen wurden oder die in Nachbarländer geflohen sind, leben unter schlimmen humanitären Bedingungen, die durch die Folgen der COVID-19-Pandemie verschärft werden.

Die Konferenz will alle relevanten Partner an einen Tisch bringen, um die UN-Initiativen für eine politische Lösung des Konflikts zu unterstützen und die erforderlichen finanziellen Hilfen zu mobilisieren und um den Dialog mit den Akteuren der Zivilgesellschaft in der Region zu fördern. Sie wird auf die Bedeutung des solidarischen Verhaltens von Aufnahmeländern wie Libanon, Jordanien, Türkei, Ägypten und Irak hinweisen und die Herausforderungen beschreiben, die diese Länder mittel- und langfristig hinsichtlich der Versorgung der Flüchtlingsbevölkerungen bewältigen müssen.

LWB-Jordanien im Flüchtlingslager Za‘atari

Der LWB arbeitet in Jordanien seit 2012 mit syrischen Flüchtlingen und unterstützt dort mehr als eine viertel Million besonders schutzbedürftiger Menschen. Im Flüchtlingscamp Za‘atari, dem größten Lager für syrische Flüchtlinge in der Region, betreibt der LWB eine Friedensoase und bietet damit einen sicheren Raum für Familien, die sich dort einfinden und sowohl praktische als auch psychologische Hilfe erfahren. 2019 hat der LWB ebenfalls eine Kindertagesstätte für junge Kinder mit der Bezeichnung „Smurf Center“ (Schlumpfzentrum) eröffnet, damit Eltern und besonders Mütter die Gelegenheit haben, innerhalb und außerhalb des Lagers an beruflichen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen oder zur Arbeit zu gehen.

Seit acht Jahren arbeitet die LWB-Gebietsmanagerin Islam Asmet Al-Shdaifat in Za‘atari und begleitet Flüchtlinge bei ihren Versuchen, eine neue Existenz inmitten dieser prekären Bedingungen aufzubauen. Sie ist stolz auf den partizipatorischen Handlungsansatz des LWB bei der Planung und Durchführung von Aktivitäten. Damit werden mehr als 6.000 Flüchtlinge im Rahmen der Peace Oasis sowie weitere 600 Menschen im Smurf Center unterstützt.

„Es ist wichtig festzuhalten, dass die vom LWB durchgeführten Aktivitäten nicht von vornherein feststehen“, sagt Al-Shdaifat. „Wir verändern sie je nach aktueller Bedarfslage. Bevor wir mit einer Aktivität beginnen, setzen wir uns zusammen, reden mit der Gemeinschaft in Fokusgruppen und hören uns an, welche Bedürfnisse und welche Hoffnungen sie haben. Daran sind sogar Kinder beteiligt.“ Die Aktivitäten reichen von der Unterstützung von Home-Office-Geschäftsideen über Innovations-Labore, Aufklärung über Schutz, Pflege und Betreuung bis hin zu Sport und Musik, Nähkursen und Zumba-Tanzkursen.

Al-Shdaifat, die ebenfalls ein LWB-Gemeinschaftszentrum in Zarqa nordöstlich der Hauptstadt Amman leitet, stellt fest, dass die Bedingungen in Za‘atari auch nach zehn Jahren seit Ausbruch des Konflikts in Syrien nach wie vor extrem schwierig sind. „Das Lager ist völlig überfüllt, die Menschen leben auf engstem Raum zusammen. Im Winter ist das hier eine einzige Schlammfläche. Im Sommer haben wir ein Problem mit der Stromversorgung“, sagt sie.

„Es besteht immer noch ein enormer Hilfebedarf, und es müssen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, damit die Menschen ein Einkommen haben“, stellt sie fest. Das gelte für Syrer und Syrerinnen, die innerhalb, aber auch außerhalb des Camps lebten. Die Erklärung des ACT-Bündnisses weist darauf hin, dass sowohl die Flüchtlinge als auch die Aufnahmegesellschaften mit zunehmender Ernährungsunsicherheit zu tun bekommen und es immer mehr Spannungen wegen der abnehmenden Erwerbsmöglichkeiten infolge der COVID-19-Einschränkungen gibt. Eine Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt und Schulschließungen während des Lockdowns sind weitere besorgniserregende Punkte, auf die die Erklärung hinweist.

Abgesehen von der Forderung nach Einstellung der Kampfhandlungen und nach einem ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe verlangt die Erklärung von allen Delegierten der Konferenz, sich mit örtlichen Glaubensgruppen und zivilgesellschaftlichen Organisationen an einen Tisch zu setzen, um Syriens Tradition des religiösen Pluralismus zu bewahren und für einen starken sozialen Zusammenhalt zu sorgen. In Syrien selbst arbeitet der LWB mit dem katholischen Hilfs- und Entwicklungswerk Caritas Syria zusammen, das zum Caritas Internationalis-Netzwerk gehört, um Nahrungsmittel und andere wichtige Versorgungsgüter bereitzustellen.

Das ACT-Bündnis stellt fest, dass die Last der syrischen Flüchtlingskrise auf den Schultern der syrischen Nachbarländer ruht – 87 Prozent der Flüchtlinge und Asylsuchenden befinden sich in der Türkei und in der Region Nahost und Nordafrika. Nur 11,6 Prozent der infolge des Syrien-Konflikts vertriebenen Menschen haben Zuflucht in einem europäischen Land gefunden.